Die Blutgabe - Roman
Kraft packte Kris die Konserve und warf sie an die Wand, dass das Plastik riss und das Blut die hell gemusterte Tapete hinab lief.
Konserven.
Konserven!
Sie widerten ihn an.
Schwer atmend ließ Kris sich in die Sofakissen zurücksinken. Er musste Will rufen.
Er
musste
Will rufen, weil er dringend trinken musste.
Aber er wollte nicht.
Er konnte nicht.
Er wollte Wahres Blut. Und das hatte Will nicht.
Kris atmete tief durch und schloss die Augen. Zwang sich energisch zur Ruhe.
Und rief nach Will.
Kapitel Acht
Insomniac Mansion, Kenneth, Missouri
»Ein bisschen Angst habe ich schon. Du nicht?«
Am Abend saßen Red und Sarah auf dem Sofa in einem Raum, den sie als »Gemeinschaftsraum« bezeichnet hatte, und tranken Kräutertee, der vor allem nach Wasser schmeckte. Auch Chase war dort, aber er saß ein wenig abseits in einem Sessel, las ein Buch und schien auch jetzt nicht interessierter an einer Unterhaltung als am Morgen.
Obwohl er sich am Nachmittag tatsächlich für eine gute Stunde in die Badewanne gelegt und danach eine ganze Weile geschlafen hatte, war Red elendig müde. Gleichzeitig tat ihm jeder einzelne Knochen so weh, dass er kaum still sitzen konnte. Und zu allem Überfluss waren, als sein Kopf erst angefangen hatte, die vielen neuen Eindrücke zu verarbeiten, eine Menge Fragen aufgetaucht. Darum war er froh, auf seiner Suche nach einem Abendessen ausgerechnet Sarah beim Küchendienst angetroffen zu haben. Bei ihr hatte Red das Gefühl, dass sie zumindest nichts dagegen hatte, mit ihm zu reden. Ärgerlich nur, dass auch Chase bei ihnen war. Denn obwohl er ihm ohne jeden Kommentar schon wieder einen Satz Kleidungsstücke zur Verfügung gestellt hatte, war er doch der Letzte, den Red etwas gefragt hätte.
Und so schwieg er eine ganze Weile und trank nur seinen Tee, bis er schließlich entschied, dass er die Antworten trotz allem wissen wollte. Was kümmerte es ihn denn, wasChase von ihm dachte? Es war ja nicht seine Schuld, dass er keine Ahnung von der Welt hier draußen hatte.
»Sag mal, Sarah … kann ich dich was fragen?«
Sarah hob überrascht den Blick. Dann lächelte sie. Sie hatte ein hübsches Lächeln. Überhaupt war sie die Einzige, die hier wirklich lächelte, dachte Red. Zumindest, was die Menschen betraf.
»Na klar kannst du fragen«, sagte Sarah. »So viel du willst.«
Red lächelte dankbar zurück. »Danke. Also …« Er hielt inne und überlegte, wie er seine dringlichste Frage am geschicktesten formulieren sollte.
»Du hast ja gesagt … also, beim Frühstück hattest du ja diese Außeneinsätze erwähnt, die jeden Freitag stattfinden. Habe ich das richtig verstanden, dass wir dann in die Stadt gehen und Vampire erschießen?«
Sarah hob die Brauen. »Nicht irgendwelche Vampire.« Ihre Stimme klang halb belustigt, halb streng. »Bluter. Keine echten Vampire. Das ist ganz wichtig.«
Red schluckte und nickte schnell. »Ja, das meinte ich, entschuldige bitte. Aber ich habe eben gedacht – sie
sind
doch Vampire, oder? Macht es denn dann einen Sinn, auf sie zu schießen? Kris und Hannah haben …«
Red verstummte, als er plötzlich Chase’ Blick im Nacken spürte.
Auch Sarahs Gesicht wirkte von einer Sekunde zur nächsten seltsam angespannt.
Nervös leckte sich Red über die Lippen. Hatte er etwas Falsches gesagt?
Endlose Augenblicke sprach niemand ein Wort.
»Bluter … sind anders als echte Vampire«, antwortete Sarah schließlich. Ihre Stimme klang freundlich wie immer.Doch als sie lächelte, wirkte es angestrengt. »Sie können sich nicht heilen. Nicht die jungen.« Sie wechselte einen Blick mit Chase, der noch immer unverwandt zu ihnen herüberstarrte. Dann sah sie wieder zu Red.
»Du musst dir unbedingt merken, woran du einen Bluter erkennst. Und wie du merkst, dass er zu stark für dich ist. Ein bisschen hast du ja heute schon gehört.« Erneut warf sie einen Blick zu Chase. Aber der hatte seine Augen wieder hinter dem Buch verborgen, obwohl Red hätte schwören können, dass er sie trotzdem beobachtete.
Was mochte da vorgefallen sein? Der Zwischenfall auf dem Schießplatz fiel Red wieder ein. Was war denn mit Chase?
Er hätte es zu gern gewusst. Aber das war eine Frage, die er nun wirklich nicht zu stellen wagte.
»Natürlich, wenn ein Bluter sabbernd auf dich zuspringt und dich beißen will, dann überlegst du nicht mehr lange«, fuhr Sarah schließlich fort. »Aber wenn du dir nicht sicher bist – dann frag ihn auf jeden Fall nach seinem Namen.«
Red
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