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Die Blutgabe - Roman

Die Blutgabe - Roman

Titel: Die Blutgabe - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franka Rubus
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in weniger als zehn Minuten, auch wenn er hinterher immer das Gefühl hatte, auf der Stelle tot umfallen zu müssen. Im Nahkampftraining hatte er selbst gegen Chase bereits den einen oder anderen Treffer landen können, und er steckte auch nicht mehr ganz so viel ein wie zu Beginn seiner Ausbildung.
    Auch mit dem Schießen war er anfangs gut voran gekommen. Nach drei Wochen unter Kris’ Anleitung hatte er die Puppen aus jeder Entfernung getroffen und in den meisten Fällen theoretisch tödliche Treffer gelandet – so dass Kris entschied, dass er nun soweit sei, sich auch mit einem Moving Target auseinanderzusetzen.
    Und an diesem Punkt hatten Reds Probleme angefangen.
    Zu Beginn war er noch ganz euphorisch gewesen, weil er gleich im ersten Durchgang zweimal getroffen hatte. Zwar nur in den Bauch und den Oberschenkel, aber nachdem er der festen Überzeugung gewesen war, dass er das nie schaffen könnte, war das für Red ein riesiges Erfolgserlebnis.
    Nur leider war es dabei geblieben.
    Er traf Kris meistens irgendwo – mal öfter, mal seltener – aber niemals tödlich. Und das seit zwei Wochen, ohne auch nur irgendein erkennbares Anzeichen von Fortschritt.
    Langsam begann Red zu verzweifeln.
    »Du siehst unzufrieden aus«, stellte Kris fest und betrachtete ihn nachdenklich.
    Red presste die Lippen zusammen und schwieg. Natürlich war er unzufrieden. Aber er wollte nicht jammern.
    Kris seufzte. »Machen wir Schluss für heute. Es dämmert schon.«
    Das stimmte. Aber um genau zu sein, war es schon den ganzen Tag nicht hell geworden. Und obwohl er erschöpft war, konnte Red den Gedanken nicht ertragen, schon wieder erfolglos ins Bett gehen zu müssen.
    Er biss die Zähne zusammen. »Eine Runde schaffen wir noch.«
    Kris schüttelte den Kopf. »Genug für heute. Du wirst auch in der nächsten Runde nicht besser sein als jetzt.«
    Die Worte waren für Red wie ein Schlag ins Gesicht. Nein, dachte er und starrte zerknirscht zu Boden, Kris hatte recht. Er würde niemals besser werden.
    Eine Hand legte sich auf seine Schulter.
    »Gehen wir ein Stück zusammen«, sagte Kris. »Ich habe noch ein paar Minuten, bevor ich los muss.«
    Red hob den Kopf. »Wirst du heute nicht von mir trinken?«
    Eine Enttäuschung, die an Panik grenzte, schloss ihre kalte Hand mit festem Griff um seinen Hals. In den vergangenen Wochen hatte er sich nicht nur daran gewöhnt, jeden Abend von Kris als Quelle gebraucht zu werden. Er hatte dieschwere Ruhe, die einem Biss folgte, sehr zu schätzen gelernt. Er konnte danach tief und traumlos bis zum Morgen schlafen, ohne sich mit dem Kopf voll quälender Ungewissheit stundenlang von einer Seite auf die andere zu wälzen. Eine Ungewissheit, die ihn inzwischen auch tagsüber nicht mehr losließ.
    Kris hob die Schultern und lächelte nachsichtig. »Geduld. Dazu kommen wir noch. Erst möchte ich gern mit dir reden.«
    Er nahm Red beim Arm und zog ihn mit sanfter Gewalt mit sich. Red folgte ihm ein wenig widerwillig, auch wenn er mit einiger Erleichterung spürte, wie die Panik sich wieder legte. Trotzdem wäre es ihm lieber gewesen, er hätte einfach schlafen können. Worüber wollte Kris denn reden? Und was würde Reden ihm helfen? Er war nun schon so lange hier, und er war noch keinen Schritt weiter. Er hatte nicht einmal angefangen zu suchen, geschweige denn, dass er Insomniac Mansion jemals verlassen hätte. Red gestand es sich nicht gern ein. Aber der Gedanke an Blue hatte begonnen, ihn aufzufressen.
    »Ich möchte heute gegen eine Regel verstoßen«, sagte Kris schließlich, als sie schon eine Weile schweigend unter den hohen Bäumen hindurch gelaufen waren.
    Red, der in seine Gedanken versunken auf den Boden gestarrt hatte, sah ihn überrascht an.
    »Eine Regel?«
    Kris zog einen Mundwinkel in die Höhe, als versuche er zu lächeln, ohne es wirklich zu wollen. »Eine ungeschriebene Regel«, bestätigte er ruhig. »Ich denke, es ist nötig. Ich möchte dir etwas über Chase erzählen.«
    »Chase?« Red runzelte die Stirn. Was hatte Kris denn mitChase zu tun? Chase war Célestes Quelle, so viel war Red inzwischen klar. Ein Umstand, um den er ihn noch immer ein wenig beneidete. Ohnehin war Chase ihm in so vielem überlegen, dass Red gerade in diesem Moment wirklich nicht über ihn reden wollte. Er hatte das in den letzten Wochen immer wieder aus erster Hand feststellen dürfen, und er nahm es mit einer wachsenden Bitterkeit zur Kenntnis, gegen die er nichts tun konnte. Chase war immer der Schnellste,

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