Die Blutgabe - Roman
Eindruck, dass seine Augen dabei ein wenig dunkler wurden.
»Du musst besser auf dich aufpassen, Red«, sagte er und hob die Schultern – schwerfällig, als würde eine Last darauf liegen. »Es ist nicht gut, Kris zu genau zuzuhören.«
Verblüfft sah Red ihn an. Was waren das denn nun für neue Töne?
»Wie … wie meinst du das?«
Will hob die Brauen. »Er ist ein Vampir«, erwiderte er, als würde das alles erklären. »Vertraust du ihm etwa?«
Red spürte, wie zwischen seinen Brauen eine steile Falte entstand. Ja, dachte er, eigentlich war das der Schluss, zu dem er gestern erst gekommen war. Aber das schien in diesem Fall nicht die richtige Antwort zu sein.
»Du nicht?«, fragte er stattdessen zurück.
Will antwortete nicht sofort. Für einige Sekunden starrteer nur mit leerem Blick in seinen Kaffee. Dann aber schüttelte er den Kopf – und als er den Blick hob, konnte Red Zorn darin sehen. »Wie sollte ich.« Wills Stimme klang plötzlich bitter – so bitter, dass es Red ein wenig erschreckte.
»Er lässt mich mit Blut für meine Sicherheit bezahlen und verlangt dann von mir, dass ich mich Woche für Woche in Lebensgefahr begebe – und das für eine vollkommen sinnlose Aufgabe! Was für ein Beweis seiner Vertrauenswürdigkeit soll das sein?«
Red runzelte die Stirn. So hatte er das noch nie betrachtet. Aber vielleicht, dachte er, übertrieb Will auch einfach. Er selbst zumindest hatte es als selbstverständlich angesehen, dass die Vampire für ihre Hilfe etwas von ihm verlangten. Und ob das in seinen Augen Sinn ergab oder nicht – das war doch eigentlich unwichtig.
Will atmete tief durch. Ein Teil der Anspannung schien dabei von ihm abzufallen. Ein schmales Lächeln erschien auf seinem Gesicht, aber es wirkte kein bisschen fröhlich.
»Glaub mir, Red … ich weiß, was du meinst, wenn du sagst, du vertraust ihm. Ich
will
ihm nicht mal vertrauen. Aber er ist ein
Vampir
! Wenn er vor mir steht und mit mir spricht, dann muss ich ihm zuhören. Dann muss ich ihm alles glauben, was er sagt. Verstehst du, was ich meine, Red? Das ist es, was mir Angst macht. Dass dieser Vampir so viel Macht über mich hat, dass ich nicht mal über meine Gedanken selbst bestimmen kann.« Er hatte seine Stimme gedämpft und sah sich nervös um, als fürchte er, von unsichtbaren Ohren gehört zu werden. »Fürchtest du dich denn nicht davor?
Durch den Pakt des Blutes an ihn gebunden und ihm zu Diensten.
Das ist es doch, was Céleste gesagt hat, oder nicht? Bei dir ist es doch noch nicht so lange her.«
Red spürte, wie sich die Härchen in seinem Nacken mit einem Mal kribbelnd aufrichteten. Will sprach von der Prüfung! In den vergangenen Wochen hatte Red immer wieder versucht, sich an den Rest dieser Nacht zu erinnern – an Célestes Worte, als sie Kris’ Hand in seine legte. Aber es war ihm nie gelungen. Und nun sprach Will davon! Konnte es das gewesen sein, was sie gesagt hatte?
»Ehrlich gesagt: Ich weiß es nicht mehr«, murmelte er.
Will neigte sich ein Stück nach vorn und starrte Red eindringlich an. »Aber ich weiß es«, flüsterte er. »
Durch den Pakt des Blutes an ihn gebunden und ihm zu Diensten. Als Quelle des Uralten sein williges Eigentum.
Keine Freiheit, Red. Céleste hat dich belogen. Aus diesem Vertrag kommen wir nur tot wieder heraus.«
Red schluckte trocken. Er fühlte sich plötzlich krank. War das wirklich wahr? Er sollte Kris’ Eigentum sein? Nachdem Céleste ihn dazu beglückwünscht hatte, endlich frei zu sein? Das ergab doch keinen Sinn!
Er starrte Will entgeistert an, unfähig, etwas zu sagen.
Doch Will hatte sich bereits zurückgezogen, sein Gesicht verschlossen, als fürchte er, zu viel gesagt zu haben. Er wirkte plötzlich wieder sehr müde. Wortlos stand er auf und ging zur Tür. Erst auf der Schwelle drehte er sich noch einmal um.
»Pass auf dich auf, Red«, wiederholte er leise.
Dann war er verschwunden, genau so schnell, wie er aufgetaucht war.
Red sah ihm schweigend nach. Es dauerte eine ganze Weile, bis seine vom Schock wie gelähmten Gedanken wieder in Gang kamen.
Er wollte es einfach nicht glauben.
Red stützte den Kopf schwer in die Hände. Warum nurschien hier keine Information zur anderen zu passen, egal, wie viele er auch bekam? Hatte Will die Wahrheit gesagt? Hatten die Vampire ihn belogen? Oder waren Wills Gedanken nur vergiftet von der Verbitterung, die über Jahre in ihm gewachsen sein musste, und hatte er deshalb etwas falsch verstanden? War es möglicherweise
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