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Die Blutgraefin

Die Blutgraefin

Titel: Die Blutgraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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duckte, um nicht aus
Versehen selbst geköpft zu werden. Abu Duns riesiger Krummsäbel,
der seine ohnehin gewaltige Reichweite noch einmal um gut fünf
Fuß verlängerte, attackierte den Fremden wie eine silberne Schlange
und verfehlte ihn nur um Haaresbreite, da dieser hastig den Kopf
zwischen die Schultern zog und zugleich einen blitzschnellen Schritt
zurück machte. Dennoch meinte Andrej, eine silberweiße Haarsträhne fliegen zu sehen. Gleichzeitig zog der Fremde sein Schwert.
Andrej hatte noch niemals einen Menschen gesehen, der im Stande
war, sich so schnell zu bewegen. Er sah weder, wie sich sein Arm
senkte, noch, wie der Mann zum Schlag ausholte. Das Schwert
schien einfach aus seinem Gürtel zu verschwinden und im selben
Augenblick in seiner Hand wieder aufzutauchen, um sich tief in Abu
Duns linken Oberarm zu bohren. Der Nubier stolperte mit einem eher
wütend als schmerzerfüllt klingenden Laut an ihm vorbei, versuchte
sich herumzuwerfen und verlor durch die unbändige Wucht seiner
eigenen Bewegung beinahe den Halt auf dem rutschigen Schnee. Nur
durch einen hastigen Ausfallschritt fand er sein Gleichgewicht wieder und wechselte gleichzeitig das Schwert von der linken in die
rechte Hand. Doch bevor er sich umdrehen konnte, hatte der Fremde
sich mit einer einzigen geschmeidigen Bewegung hinter ihn gestellt.
Sein Schwert bewegte sich blitzschnell - und diesmal brüllte Abu
Dun vor Schmerzen auf, als die Klinge die Sehnen in seinen Fersen
durchtrennte. Der Nubier kippte wie ein gefällter Baum nach vorn,
hatte aber noch die Geistesgegenwart, sich auf den Rücken zu drehen
und seinen Säbel hochzureißen. Nur einen halben Atemzug später
prallten die beiden Klingen funkensprühend aufeinander.
Abu Duns Säbel flog in hohem Bogen davon und verschwand zwischen den schneebedeckten Büschen. Das Schwert des Fremden
verwandelte sich in einen silberfarbenen Blitz, der genau auf Abu
Duns Kehle zielte, um ihn zu enthaupten.
Im allerletzten Moment riss Andrej sein eigenes Schwert aus dem
Gürtel und lenkte die Waffe des Angreifers ab.
Der Schlag war zu hastig, schlecht gezielt und hatte nicht genug
Kraft, um dem anderen das Schwert aus der Hand zu schlagen, was
Andrej eigentlich beabsichtigt hatte. Stattdessen stolperte er rückwärts und hatte alle Mühe, nicht selbst das Schwert fallen zu lassen.
Sein Arm summte, seine rechte Hand war nahezu taub. Der Fremde
hatte mit einer Vehemenz zugeschlagen, die der Abu Duns in nichts
nachstand.
Immerhin war der Kopf des Nubiers noch dort, wo er hingehörte.
Statt ihn zu enthaupten, hatte das Schwert nur eine - wenn auch tiefe
und heftig blutende - Furche in seine Schulter gegraben.
Andrej wechselte rasch das Schwert von der Rechten in die Linke.
Genau wie Abu Dun konnte er mit beiden Händen gleich gut kämpfen; ein Umstand, der schon für manchen seiner Gegner zur letzten
Überraschung seines Lebens geworden war. Aber er verzichtete darauf, sofort wieder anzugreifen, sondern trat nur mit einem raschen
Schritt zwischen den Namenlosen und Abu Dun und schüttelte den
Kopf.
»Das genügt«, sagte er. »Du hast ihn besiegt. Mein Respekt! Das ist
vor dir noch keinem in so kurzer Zeit gelungen. Lass es dabei bewenden. Es ist nicht notwendig, dass jemand zu Schaden kommt.«
Er war verwirrt. Es war noch nie vorgekommen, dass jemand Abu
Dun so spielend und vor allem schnell besiegt hatte. Und Andrejs
rechte Hand schmerzte noch immer von der Wucht, mit der er zugeschlagen hatte.
»Ich habe eine Menge über euch gehört«, sagte der Fremde, »aber
dass ihr unfair kämpft, gehört nicht dazu. Glaubst du, dass ihr es zu
zweit mit mir aufnehmen müsst?« Er lachte leise. »Nicht dass es mir
etwas ausmacht.«
»Ich will nicht mit dir kämpfen«, beharrte Andrej. »Du hast Abu
Dun besiegt. Lass es dabei. Du musst ihn nicht töten.«
»Und warum nicht?«, fragte der Fremde.
»Weil wir Freunde sind«, antwortete Andrej. »Wenn ich zulassen
würde, dass du ihn tötest, dann müsste ich danach dich töten. Willst
du das?«
Die Augen des anderen wurden schmal. Zwei, drei endlose Herzschläge lang starrte er Andrej einfach nur durchdringend an, dann
aber senkte er das Schwert. »Es gibt auch einiges, was man mir
nachsagen könnte«, sagte er, während er sich umdrehte und in die
Richtung ging, in der Abu Duns Waffe davongeflogen war. »Aber
dass ich feige bin, gehört nicht dazu. Ich töte keinen Mann, der hilflos am Boden liegt.«
Er bückte sich, grub den

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