Die Blutige Sonne - 14
ganzen Geschichte nicht getraut, wenn der gerissene Darkovaner ihm seine Hilfe unentgeltlich angeboten hätte.
„Wenn ich das nur selbst wüßte! Sie müssen aber schließlich etwas von mir wollen, sonst wären Sie nicht so lange um mich herumgeschlichen, bis ich Ihnen schließlich doch Fragen stellte. Geld? Sie wissen doch selbst, was ein Nachrichtenmann vom Imperium verdient. Genug, um zu leben, aber auf die Seite legen kann man nicht viel. Ich nehme an“ – er kniff den Mund zusammen – , „daß Sie etwas daran verdienen wollen, ganz gleich, was geschieht. Und Sie haben auch guten Grund dazu. Fangen Sie damit an.“ Er nahm den Matrixkristall und hob ihn an der Kette hoch. „Wie kann ich etwas darüber erfahren?“
„Sogar in der Terra-Zone gibt es ein paar lizenzierte Matrixspezialisten“, antwortete Ragan gleichgültig.
„Wirklich?“ Kerwin war verblüfft. „Ich dachte, das wäre ganz geheim.“
„Die kleinen nicht. Sogar die Terraner können damit umgehen.“
Kerwin runzelte die Stirn und blickte auf den Kristall in seiner Hand. „Ich verstehe nicht recht. Was genau ist eigentlich ein Matrix? Was würde ein Spezialist damit tun?“
Ragan lachte bitter. „Wenn Sie oder ich die Antwort darauf wüßten, könnten wir unsere eigenen Fahrkarten ausschreiben, Kerwin. Natürlich kann ich Ihnen ein paar ganz bescheidene Dinge darüber sagen. Sagen wir mal, Sie haben in der Enklave einige wichtige Dokumente, die für Sie so wertvoll sind, daß Sie nicht einmal den Safes in den Gewölben Ihrer Bank trauen. Oder Sie haben wertvolle Juwelen. Dann gehen Sie zu einem Matrixspezialisten – wenn es Ihnen nicht zu teuer ist – und bitten ihn, sie auf telepathischem Weg einzuschließen, und zwar nach einer von Ihnen ausgedachten Konstruktion; nach den Strömen Ihres Gehirns etwa, wenn Sie wollen. Dann kann nichts im ganzen Universum – absolut nichts – außer Ihrem eigenen Wunsch und Willen den Behälter öffnen. Und wenn sie ihn öffnen wollen, dann benutzen Sie wieder diese von Ihnen ausgedachte Konstruktion, stellen sich diese im Kristall vor, und der Behälter ist offen. Kein Schlüssel ist nötig, Sie brauchen sich keine Kombination zu merken – die Kraftlinien oder Ströme koppeln sich sozusagen nur aus, und damit hat sich’s.“
Kerwin p fiff durch die Zähne. „Ist das ein Spielzeug! Wenn ich es mir richtig überlege, dann kann man ja mit solchem Zeug ziemlich gefährliche Dinge anstellen.“
„Richtig“, bestätigte Ragan trocken. „Zum Beispiel können Sie, wenn Sie sich auf den Kristall konzentrieren, kleine Energieströme damit bündeln, die beispielsweise die Wärme in einem Thermostaten so ansteigen lassen, daß sie eine wichtige Maschine außer Funktion setzt. Sind Sie zum Beispiel ein skrupelloser Geschäftsmann, der die Konkurrenz außer Gefecht setzen will, dann beauftragen Sie einen Matrixspezialisten, damit er den Konkurrenten sabotiert, seine elektrischen Leitungen unterbricht, und Sie können beweisen, daß Sie niemals in die Nähe seiner Geschäftsräume gekommen sind. Deshalb sind die Matrixspezialisten auch lizenziert; sie werden überwacht und ständig von den Behörden überprüft, die Terraner genauso wie die Darkovaner.“
Kerwin dachte eine Weile darüber nach. „Wenn also jemand in der Terrazone alle meine Bemühungen zu blockieren sucht, damit ich nicht herauskomme …“
„Ich dachte mir, daß Sie diese Möglichkeit verstehen. Mir scheint, was Sie brauchen, mein Freund, ist eine Wahrsagerin.“
Kerwin lachte. „Vielleicht ist es auch genau das, was ich selbst möchte. Soviel ich weiß, gibt es auf Darkover Telepathen und Psychologen.“
„Es gibt hier eine Frau, die arbeitet schwarz“, sagte Ragan. „Sie war einmal Matrixspezialistin; das ist schon lange her. Vielleicht ist sie bereit, Ihnen zu helfen.“ Er wühlte in seiner Tasche nach einem Zettel, kritzelte dann ein paar Worte darauf. „Ich habe einige Verbindungen in der Darkovanerstadt“, fuhr er fort, „davon lebe ich. Es wird Sie etwas kosten.“ „Und Sie?“
„Ha!“ lachte Ragan. „Für einen Namen und eine Adresse? Sie haben mein Getränk hier bezahlt, und vielleicht habe ich eine Rechnung mit einem anderen Rotkopf zu begleichen. Viel Glück, Tallo. “ Er reichte Jeff die Hand und ging. Kerwin blieb sitzen und brütete über seinem zweiten, unberührten Glas. Er konnte nicht recht an Ragans Uneigennützigkeit glauben, und er war sich auch nicht darüber im klaren, ob er nur die
Weitere Kostenlose Bücher