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Die Blutige Sonne - 14

Die Blutige Sonne - 14

Titel: Die Blutige Sonne - 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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vor sich hin, dachte ein wenig nach, nahm eine Lupe und prüfte ihn wieder; ihre Miene war nachdenklich und ablehnend.
    Lichter blitzten in dem Glas auf, das undurchsichtig und unregelmäßig aussah. Die Frau runzelte die Brauen, und ihr Gesicht erhellte und verdüsterte sich im darauffallenden Licht.
    „Das eine kann ich Ihnen sagen“, erklärte sie endlich ohne aufzusehen, „daß er hier in Thendara nicht registriert ist.“
    „Das Muster ist nicht ganz…“, warf der Mann ein, der sich über die Schulter der Frau beugte. Er bedeckte seine Hand mit einem Stück des Seidenstoffes und nahm den Kristall. „Ich glaube, es ist…“
    Er brach ab, sah vom Kristall zu Kerwin und wieder zum Kristall. „Glaubst du, daß er ahnt, was er hier hat?“ wandte er sich an die Frau.
    „Wahrscheinlich nicht“, antwortete sie. „Er kommt von einer anderen Welt, das fühle ich.“
    Kerwin überlegte sich ein wenig enttäuscht, ob sie eigentlich immer nur an ihm vorbeireden wollten.
    Sie benutzten weder die Sprache des Raumhafens noch den reinen Thendaradialekt. Er war ein wenig erschüttert, als er bemerkte, daß es die Sprache der drei Rotköpfe war, jene Sprache, die er kannte, obwohl er sich keines einzigen Wortes erinnerte.
    Die Frau hob den Kopf. „Was wissen Sie überhaupt?“ fragte sie und sah ihn durchdringend an.
    „Zwei Namen“, sagte Kerwin widerstrebend, wie unter dem Zwang der grauen Augen, und er erinnerte sich dieser Worte aus seinen Träumen: Sag dem Barbaren, daß er nie mehr zu den Ebenen von …
    „Arilinn“, sagte er langsam. „Die Goldene Glocke.“
    Die Frau zuckte zusammen. Ihre würdevolle Haltung zerbrach. Hastig stand sie auf; der Mann reichte Kerwin den Kristall, und ihre Bewegungen schienen synchronisiert zu sein.
    „Es ist nicht gut, sich in die Angelegenheiten der vai leroni zu mischen“, sagte die Frau leise, „wir können Ihnen nichts sagen.“ Kerwin starrte sie an. „Aber Sie wissen doch etwas, Sie können doch nicht…“
    Der Mann schüttelte den Kopf. Seine Miene war ausdruckslos, undeutbar. „Gehen Sie“, bat er. „Es tut mir leid. Wir können Ihnen nicht helfen. Wir wissen nichts.“
    „Was heißt vai leroni? Was…“
    Aber die beiden Gesichter, die in ihrer betonten Distanz und Arroganz so ähnlich waren, blieben verschlossen, teilnahmslos und – voll Entsetzen.
    „Es ist nicht gut für uns“, wiederholte die Frau.
    Kerwin hatte das Gefühl, er müsse vor Enttäuschung zerspringen. Er streckte ihnen die Hand in einer vergeblichen, bittenden Gebärde entgegen. Der Mann trat rasch einen Schritt zurück, um eine Berührung zu vermeiden, die Frau zog sich noch schneller zurück.
    „Mein Gott, Sie können mich doch nicht so weggehen lassen“, bat Kerwin. „Wenn Sie etwas wissen, müssen Sie es mir doch sagen!“
    “Soviel“, antwortete die Frau, und ihre Miene wurde wesentlich freundlicher, „soviel kann ich Ihnen sagen: Ich dachte, er sei zerstört worden.“ Sie deutete auf den Kristall. „Wenn sie es aber für gut hielten, Ihnen den Stein zu überlassen, werden sie es eines Tages auch für richtig halten, Ihnen eine Erklärung zu geben. Aber ich würde nicht darauf warten, wenn ich an Ihrer Stelle wäre.“
    „Genug!“ Der Mann berührte ihren Arm. „Gehen Sie jetzt!“ sagte er. „Sie sind hier nicht willkommen. Nicht in unserem Haus, nicht in unserer Stadt, nicht in unserer Welt. Wir haben keinen Streit mit Ihnen – noch nicht. Aber gehen Sie!“
    Es gab nichts mehr zu sagen. Kerwin ging.
    Das hatte er fast erwartet. Wieder wurde ihm eine Tür vor der Nase zugeschlagen. Aber dabei konnte er es nicht belassen, selbst wenn er gewollt hätte; auch dann nicht, wenn er nun allmählich Angst zu spüren begann.
    Noch eine Adresse hatte er.
    Nun war er aber so vorsichtig, sein Haar zu bedecken, und er nahm sogar die terranischen Dienstabzeichen ab, obwohl er seinen Darkovaner-Mantel nicht trug. Nun konnte man ihn in der Altstadt ebenso für einen Terraner wie für einen Darkovaner halten.
    Unter der Adresse, die er von Ragan hatte, fand er ein kleines Steinhaus in einem enggedrängten Viertel. Es gab keine Glocke, und als er angeklopft hatte, mußte er noch eine ganze Weile warten. Er war schon fast zur Umkehr entschlossen, als er von drinnen Schritte hörte. Die Tür öffnete sich; eine Frau stand unter dem Türrahmen und hielt sich mit zitternden Händen fest.
    Sie war klein und farblos, ein wenig altersgebeugt; ihre Kleidung war schlecht zu beschreiben. Sie

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