Die Blutlinie
niemals wieder gesehen.
Es war eine aufregende Zeit. Ich fühlte mich frei. Das Leben entwickelte sich so, wie ich es mir vorstellte. Ich hatte einen attraktiven Mann, der mich heiraten wollte, und ich war der Sackgasse entkommen, in die ich hineingeboren worden war. Ich war jung, die Zukunft lag vor mir.« Ihre Stimme sinkt zu einem monotonen Flüstern. »Wir brauchten fünf Tage bis nach Kalifornien. Zwei Tage später heirateten wir. Und in der Hochzeitsnacht fand ich heraus, dass die Zukunft, in die ich aufgebrochen war, ein Ort in der Hölle war.«
Ihr Gesicht ist ausdruckslos geworden. »Es war wie das Gegenteil von Halloween. Statt eines Menschen mit der Maske eines Monsters war Keith ein Monster mit der Maske eines Menschen.« Sie erschauert. »Ich war Jungfrau, als wir heirateten. Er blieb reizend und bezaubernd bis zu jenem Moment, in dem er mich über die Schwelle unseres billigen Hotelzimmers trug. Nachdem sich die Tür hinter uns geschlossen hatte, fiel die Maske von ihm ab.
Ich werde dieses Lächeln nie vergessen. Diktatoren mögen so lächeln, wenn sie an die Opfer denken, die sie auf dem Gewissen haben. Keith lächelte – und dann versetzte er mir eine Ohrteige quer über das Gesicht. Hart. Ich wurde herumgewirbelt, Blut schoss mir aus der Nase. Ich landete mit dem Gesicht nach unten auf dem Bett. Ich sah Sterne und versuchte mir einzureden, dass ich träumte.« Sie schürzt grimmig die Lippen. »Es war kein Traum – es war ein Alptraum. Ein Wirklichkeit gewordener. ›Um es von Anfang an klarzustellen‹, sagte er zu mir, während er mir die Kleider vom Leib riss. ›Du gehörst mir. Du bist mein Eigentum. Eine Gebärmaschine, weiter nichts.‹ Ich glaube, es war mehr seine Stimme, die mir Angst machte, als das, was er tat. Sie war ruhig und gelassen und … normal. Sie passte nicht zu dem, was er mit mir tat, überhaupt nicht.
Er zwang mich auf die Knie und … man kann nicht sagen, dass wir miteinander geschlafen hätten. Nein. Es bedeutet mir nichts, dass wir Mann und Frau waren. Er vergewaltigte mich. Knebelte mich, damit ich nicht schreien konnte, während er es tat.
Die ganze Zeit über redete er mit dieser ruhigen, gelassenen Stimme weiter. ›Wir werden ein paar Tage hier drinnen verbringen, bis dir klar geworden ist, welchen Platz du einnimmst, du Gebärmaschine. Du wirst lernen zu tun, was ich sage, ohne Fragen zu stellen und ohne zu zögern. Die Strafe selbst für den geringfügigsten Ungehorsam wird Schmerz sein. Mehr Schmerz, als du ertragen kannst.‹«
Sie verstummt. Schweigt für eine lange Zeit. Wir warten ab, respektieren ihr Schweigen. Ich habe es nicht eilig. Es besteht kein Zweifel daran, dass sie uns zu dem führt, was wir wissen wollen.
Als sie wieder spricht, ist ihre Stimme kaum mehr als ein Flüstern.
»Er brauchte drei Tage, um mich zu brechen. Er fügte mir Schnittverletzungen zu. Verbrannte mich mit Zigaretten. Schlug mich. Als er fertig war, hätte ich alles getan, was er sagte, ganz gleich wie abscheulich oder erniedrigend es war.« Ihr Mund verzieht sich vor Selbstekel. »Dann offenbarte er mir die Abschlusslüge. Er brachte mich aus diesem Hotel in sein Haus.« Sie nickt. »So war es – er hatte dieses Haus schon die ganze Zeit. Er hat nie in Texas gelebt. Er war nur zur Jagd nach Texas gegangen. Zur Jagd auf jemanden, der ihm ein Kind gebären würde.«
»Peter«, sage ich. Es ist eine Feststellung.
»Ja«, sagt sie. »Mein süßer kleiner Junge.« Sie betont das »süß« so, dass es sarkastisch klingt. »Keith fesselte mich nachts, damit ich nicht weglaufen konnte. Schlug mich, missbrauchte mich. Zwang mich, Dinge zu tun. Dann wurde ich schwanger. Es war die einzige friedliche Zeit, die ich hatte. Während ich schwanger war, rührte er mich nicht an. Ich war wichtig geworden für ihn – ich trug sein Kind aus.« Sie legt sich die Hand an die Stirn. »Ich habe Gott gedankt, dass es keine Tochter war. Er hätte sie bei der Geburt getötet. Heute weiß ich, dass es genauso schlimm war, einen Sohn zu gebären, wenn auch auf eine andere Weise.«
Sie nimmt sich Zeit, um ihre Fassung zurückzugewinnen, bevor sie weitererzählt. »Er zwang mich, das Baby zu Hause zu bekommen, was sonst. Er hat es geholt. Gab mir einen Lappen, mit dem ich mich sauber machen konnte, während er den kleinen Peter auf dem Arm hielt und bewunderte und begurrte. Nachdem ich sauber war und ein wenig geschlafen hatte, gab er mir Peter. Und stellte mir ein Ultimatum.« Sie knetet sich
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