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Die Blutlinie

Die Blutlinie

Titel: Die Blutlinie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cody Mcfadyn
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es nur für einen kurzen Moment währen kann. Ich weiß, dass ihre Trauer, wenn sie zurückkehrt, mit der Wucht einer Flutwelle über ihr zusammenschlägt. Trotzdem ist es schön, sie lächeln zu sehen.
    »Hör zu, es geht um eines der Dinge, die ich dir erzählt habe – um meine Entscheidung, ob ich wieder arbeiten gehe oder nicht. Es gibt heute Abend noch etwas, das ich erledigen muss. Möchtest du mit mir kommen?«
    Sie nickt. O ja. Ich lächle sie aufmunternd an, tippe ihr aufs Kinn. »Also schön, dann lass uns gehen.«
     
    Ich fahre zu einem Schießstand im San Fernando Valley. Ich mustere den Bau, bevor ich aus dem Wagen steige, und versuche meinen Mut zusammenzuraffen. Das Gebäude ist rein funktional; die Außenfarbe blättert ab, und die Fenster sind wahrscheinlich noch nie geputzt worden.
    Wie eine Pistole, denke ich. Eine Pistole mag zerkratzt und verschrammt sein, mag sämtlichen Glanz verloren haben – das, was zählt, ist die Wahrheit dahinter. Kann sie immer noch schießen? Mit diesem heruntergekommenen Gebäude ist es das Gleiche. Hierher kommen nur sehr ernsthafte Schützen. Mit ernsthaft meine ich nicht Waffennarren. Ich meine Männer (und Frauen), die ihr ganzes Leben damit verbracht haben, mit Waffen Menschen zu töten oder den Frieden aufrechtzuerhalten. Leute wie ich.
    Ich sehe Bonnie an und schenke ihr ein schiefes Lächeln. »Bist du bereit?«, frage ich.
    Sie nickt.
    »Dann wollen wir mal reingehen.«
     
    Ich kenne den Besitzer. Er ist ein ehemaliger Scharfschütze von den Marines. Seine Augen sind vordergründig warm und innerlich kalt. Er sieht mich, und seine Stimme dröhnt:
    »Smoky! Ich hab dich schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen!«
    Ich erwidere sein Lächeln und deute auf meine Narben. »Hatte ein wenig Pech, Jazz.«
    Er bemerkt Bonnie und lächelt sie an. Bonnie lächelt nicht zurück. »Und wen haben wir hier?«
    »Das ist Bonnie«, sage ich.
    Jazz war schon immer ein guter Menschenkenner. Er spürt, dass es Bonnie nicht gut geht, und unternimmt erst gar nicht den Versuch, sie mit »Hallo Süße, wie geht es dir?« aufzumuntern. Er nickt ihr einfach schweigend zu, und sie sieht mich an, die Hände flach auf dem Tresen.
    »Was brauchst du diesmal?«, fragt Jazz.
    »Die Glock dort.« Ich deute auf die Pistole. »Und ein einziges Magazin. Außerdem Ohrenschützer für uns beide.«
    »Kannst du haben, sollst du haben.« Er nimmt die Pistole aus der Vitrine und legt sie zusammen mit einem vollen Magazin vor mich hin. Dann wendet er sich ein weiteres Mal um und nimmt zwei Ohrenschützer von einem Haken an der Wand.
    Meine Hände schwitzen. »Du, äh, du musst mir einen Gefallen tun, Jazz. Du musst die Waffe für mich rüber zum Schießstand tragen und das Magazin einschieben.«
    Er hebt verblüfft die Augenbrauen und sieht mich an. Ich spüre, wie ich vor Verlegenheit erröte. Meine Stimme, als ich sie schließlich wiedergefunden habe, klingt leise. »Bitte, Jazz. Das ist ein Test. Wenn ich hierher komme und die Waffe nicht in die Hand nehmen kann, dann werde ich wahrscheinlich nie wieder schießen. Ich will sie nicht schon vorher anfassen.«
    Ich spüre, wie mich diese eigenartigen Augen, warm und kalt zugleich, von oben bis unten mustern. Diesmal gewinnt Warm. »Kein Problem, Smoky, absolut keins. Nur eine Sekunde, ja?«
    »Danke, Jazz. Ich bin dir echt dankbar.« Ich nehme die Ohrenschützer und knie mich vor Bonnie hin. »Wir müssen die hier auf der Schießbahn tragen, Schatz. Es ist unglaublich laut, wenn man eine Pistole abfeuert, und es verletzt deine Ohren, wenn du keinen Schutz trägst.«
    Sie nickt und streckt die Hand aus. Ich gebe ihr ein Paar Ohrenschützer. Sie setzt sie auf, und ich tue das Gleiche.
    »Kommt mit«, winkt Jazz.
    Wir gehen durch die Tür zum Stand. Augenblicklich bemerke ich jenen charakteristischen Geruch. Den Geruch nach Rauch und Metall. Es gibt nichts Vergleichbares. Ich stelle mit Erleichterung fest, dass niemand außer uns auf dem Stand ist.
    Ich bedeute Bonnie mit Zeichen, dass sie sich hinter mir an der Wand halten soll. Jazz sieht mich fragend an, dann schiebt er das Magazin in die Glock und legt die Waffe auf den schmalen Holztresen, der die Schießbahn nach hinten abgrenzt. Er lächelt mich an, mit kalten Augen diesmal, wendet sich ab und kehrt nach vorn an den Empfangstresen zurück. Er spürt, dass ich allein sein will.
    Ich sehe Bonnie an, schenke ihr ein Lächeln. Sie erwidert es nicht. Stattdessen mustert sie mich intensiv. Sie

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