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Die Blutmafia

Die Blutmafia

Titel: Die Blutmafia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Der Weg umrundete den Hügel. Nun kam eine steile Schleife. Die Räder drehten durch. Es ging wieder hoch, so steil, daß sie bald das Dach von Engels Anwesen und das blaugläserne Rechteck des Pools ausmachen konnten.
    Der Vectra zog nun eine große, hohe, weiße Staubwolke hinter sich her. Sie verhüllte den Blick zurück. Wieder waren sie auf der anderen Hügelseite, und nun erschien dort vorne vor einem hitzegrauen Himmel die Ruine, ein aus schweren Quadern gefügtes Geviert. Büsche wuchsen hier. Ginster, dachte Kiefer. Das ist doch Ginster?
    Dort, wo einmal das Dach gewesen war, ragten von der Zeit und der Sonne schwarzverbrannte Balken in die Höhe, wie die Rippen eines verendeten Tieres.
    Kiefer fuhr vorbei, wendete auf einem Stück hartem, gelbverbranntem Feld und parkte den Vectra mit dem Kühler in der Richtung, aus der sie gekommen waren.
    »Bleib sitzen!« befahl er dem Mädchen mit einer kurzen Bewegung der Pistole. Sie schwieg, sah ihn nur aus ihren hellen Augen an. Trotz der Kühle, die im Wagen herrschte, klebte ihr das Haar an der Stirn. Sie tat ihm leid.
    Er steckte die Pistole in den Hosenbund und stieg aus.
    Die Hitze empfing ihn wie mit Fausthieben. Er holte tief Luft und spürte, wie ihm der Schweiß fast schlagartig ausbrach. Auch daran wirst du dich gewöhnen … Der Mensch gewöhnt sich an alles, nicht wahr? Lange wird es ohnehin nicht mehr dauern. Ja, auch an den Gedanken, daß man bald, sehr bald, tot sein wird, kann man sich gewöhnen …
    Er fühlte seine Drüsen ab. Sie taten nicht besonderes weh. Na also …
    Er sah sich um und versuchte sich zu orientieren. Von hier, von der Stelle, an der er stand, konnte er die Senke sehen, die sie gerade durchfahren hatten. Und weiter unten, dort, wo der Hang flacher ins Land ausschwang, waren die schwarzen Spitzen von den Zypressen zu erkennen, die auf Engels Besitz standen.
    Er betrat die Ruine. Am Boden lag verwittertes Stroh, und die Mauern hielten noch die Erinnerung an den Geruch der Schafe oder Ziegen, die hier wohl einmal Zuflucht gefunden hatten. Aber in der Ecke gab es einen Kamin. Es hatten also auch Menschen hier gewohnt …
    Ein schwirrendes, flatterndes Geräusch … Kiefer fuhr zusammen. Ein Vogel flog davon, hoch in den graublauen Himmel. Dort am First hatte er sein Nest.
    Ludwig Kiefer lächelte: Lieber Gott, er kannte doch solche Hütten, kannte sie aus Zeiten, als es hier noch Bauern gegeben hatte, die ihre Herde über die Hügel trieben, als noch keine verrückt gewordenen Millionäre das Land aufkauften, um es von ihrer Umwelt abzusperren – kannte es aus dem einzigen glücklichen Jahr, als er mit Anna in dieser Gegend so viele schöne Wanderungen unternommen hatte …
    Anna … meine Anna! – Warum konnte sie jetzt nicht bei ihm sein? Er brauchte sie doch so notwendig … Warum hatte sie bei diesem verdammten Unfall ihr Leben verlieren müssen, warum mußte alles so kommen, wie es gekommen war? Warum – ja, warum wartete er nun auf seinen Mörder, um bei ihm selbst zum Mörder zu werden?
    Er sah durch die Fensterhöhle hinüber zum Wagen.
    Das Mädchen saß genauso, wie er es verlassen hatte, die Schultern hochgezogen, den Kopf geradeaus. Dabei konnte sie genausogut davonlaufen. Er wäre doch nie in der Lage, gegen sie Gewalt anzuwenden.
    Aber das wußte sie ja nicht …
    Ludwig Kiefer strich über die Waffe.
    Es war etwas wie Zärtlichkeit dabei – aber auch viel Resignation …
    »Rio! – Rio Mar-tiin !«
    Die Stimme war hoch und sehr hell. Dazu besaß der hohe Trainingsraum ein Echo. Nein, zuordnen konnte er die Stimme niemandem, aber sie erweckte eines in Rio: eine prompte, panische Fluchtreaktion. Das hat dir noch gefehlt! Bloß keine Bekannten! Nur keine Leute, die sich jetzt um dich ›kümmern‹ wollen, weil sie es gut meinen – wäre wirklich das letzte, was du noch brauchst!
    Er stellte sich hinter eine der überlebensgroßen Figurinen-Kulissen, die von irgendeiner Aufführung stammten und in dem großen, lichterfüllten Ballettübungssaal als Dekoration herumstanden.
    Es war Pause. Die Mädchen des Balletts hatten sich auf den Fußboden gesetzt, bunte Tupfer mit ihren Wollstrümpfen und Trikots. Die Tänzer standen in einer Gruppe vor den Spiegeln an der Übungsstange und lauschten der Taranowska, die ihnen mit weit aufgerissenen, anklagenden Augen ihre Fehler aufzählte. Er wollte die Ballettmeisterin später interviewen. Nun aber wußte er, das Interview würde ins Wasser fallen – denn wer da um die

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