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Die Blutmafia

Die Blutmafia

Titel: Die Blutmafia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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mehr so richtig mitspielen. Früher, ja, das waren Zeiten! Da konnte man aus jedem mexikanischen Gefängnis, jedem US-Puff-Viertel die Rohware importieren, Leute, die Blut und Leute, die Kohle brauchen, gibt's schließlich überall … Man konnte panschen, das Zeug mit Etiketten versehen, die wieder überkleben, man konnte es hinschicken, wohin man wollte … Aber plötzlich starben die Hämophilen weg, dann die ersten Frischoperierten, sogar Schadenersatzforderungen gab's, Prozesse.«
    Er konnte den nächsten Hustenanfall unterdrücken. War gar nicht so schwierig. Er konnte sogar lächeln. Es war kein gutes Lächeln.
    »Der Hämophilenbund wurde munter. Und die im BGA, nicht wahr, die Herren Professoren und Beamten des Bundesgesundheitsamtes verlangten jetzt plötzlich die Inaktivierung von Aids- und Hepatitis-Viren. Aber sterilisieren? Das wurde teuer, sehr teuer … Und Lizenzen mußte man auch noch kaufen, oder selber Verfahren entwickeln.
    Immense Kosten entstanden, jawohl, euer ganzes feines Hersteller-Kartell fing an zu jaulen, eine Klage nach der anderen habt ihr gegen den BGA-Beschluß losgelassen – Sie natürlich immer ganz vorn –, so daß die in Berlin dann auch gleich wieder den Schwanz einzogen und bis 1986 warteten. Und das, obwohl schon drei Jahre zuvor einwandfrei nachgewiesen worden war, daß virenverseuchtes Plasma den Empfängern den Tod brachte. Aber schließlich: Versorgungsengpässe mußten vermieden werden. Und wie sagt das DRK so schön: Wir müssen uns den Gesetzen des Wettbewerbs stellen …«
    »Sie haben doch keine Ahnung … Keine Ahnung haben Sie!«
    »Sie hören jetzt zu!« Diesmal schnellte der Pistolenlauf hoch wie eine zornige Schlange. Engel schloß entsetzt die Augen. Kiefers Stimme war jetzt heiser. Er versuchte den Husten zu unterdrücken, er sprach weiter, konnte es noch immer, aber was er sagte, kam wie in kurzen, konvulsiven Attacken: »… also habt ihr schließlich alle sterilisiert. Hitze oder Kälte, Methode Horrowitz, ist ja egal, jeder nach seinem Patent und seinem Gusto … Aber sonderbar: Ob Bluter oder Frischoperierte, die Leute starben immer noch. Gott sei Dank starben sie meist so schnell, daß sie ihre Schadenersatzprozesse noch nicht mal unter Dach und Fach bekommen konnten. Es krepierten also noch immer Menschen, trotz der ganzen feinen HIV-Inaktivierungstechniken. Und warum? Was meinen Sie?«
    Engel schwieg. Er starrte nur. Graue Flecken schoben sich über seine gebräunte Gesichtshaut.
    »Keine Antwort, Engel? – Na schön, dann geb' ich sie Ihnen: Weil es Sie gab, Engel! Und ein paar andere noch dazu. Euch wurden selbst die Billigmethoden noch zu teuer. Aber außerdem sagten Sie sich: Was braucht man eigentlich jedes Präparat zu testen? So was treibt doch nur die Kosten in die Höhe … Stichproben tun's ja auch. Oder man macht sich's ganz einfach und schüttet das Zeug im großen Bottich zusammen und nimmt da mal 'ne Probe. Und falls einem – sagen wir mal Firmeninternen – das nicht paßt, gibt's ja auch Methoden, ihm das Maul zu stopfen. Wie im Fall Cenitza. Oder bei der kleinen Laborantin …«
    »Das ist nicht wahr! Sie spinnen doch …«
    Kiefer nickte. Er gönnte sich eine Pause. Es war eine sehr lange Pause. Er behielt Engel genau unter Kontrolle – einen Engel, der immer wieder die Augen aufriß, dessen rechte Hand sich in wilden, hektischen Bewegungen ins Haar grub, der nun leise zu stöhnen begann.
    »Die Bilanzen, nicht wahr, Engel, die Bilanzen. Da nahm man alles in Kauf … Was ist denn eigentlich aus Lars Boder geworden? Das war auch so ein Deklarierungskünstler. Und was ist mit den Oberärzten, die Ihnen Ihre versaute Ware trotzdem abkauften? Und Institute gab's schließlich auch immer. Und wenn's mal nicht klappte, dann erfolgte eine kleine Einladung hierher nach Mallorca. So was half. Oder ein Kuvert mit ein paar zehntausend Mark unter eine Zeitung gelegt. Und auch im BGA hatte man ja so viele schützende Hände, so viele verständnisvolle Seelen! Denn man verkaufte ja nur virus-inaktiviertes Frischplasma; und wenn so ein Virus mal verrückt spielte und sich nicht entdecken lassen wollte …«
    Er konnte den Reiz nicht zurückhalten, nicht dieses Gefühl, als kreisten Eisenspäne in seinen Bronchien; er mußte husten, und er hustete so stark, daß es seinen Körper wie in einem Anfall zurückwarf. Und während er noch darum kämpfte, Herr über Reflexe und Muskeln zu werden, geschah, was er befürchtet hatte …
    Engel!
    Engel, der

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