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Die Blutmafia

Die Blutmafia

Titel: Die Blutmafia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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vorbei. Vera ist heute morgen nach Hamburg zu 'ner alten Freundin abgeflogen, das ist alles. Wir bleiben das Paar des Jahrzehnts.«
    Er trank den Cappuccino, der sanft nach Cognac schmeckte, seine Erfindung und ihm zu Ehren sogar auf der Getränkekarte als ›Cappuccino Rio‹ ausgewiesen, und sah sich um: Jugendstilplakate; viele, reichlich untalentierte Bilder; der Geruch der siebziger Jahre …
    Er fühlte sich besser, so, wie er sich auch in den alten Tagen jedesmal besser gefühlt hatte, wenn er hierhergekommen war: Der letzte Artikel war abgesegnet, das Blatt endlich zu, und sie kippten, zerschlagen und ausgepumpt, ein Pils nach dem anderen, diskutierten wie die Idioten, bekamen die Arbeit nicht aus den Köpfen. – Vorbei. Das hatte er hinter sich. Seit im Impressum des ›N EWS K URIER ‹ hinter seinem Namen das Wort ›Chefreporter‹ stand, blieben ihm wenigstens diese Auswirkungen der Knochenmühle erspart. Wann immer es ging, schrieb er seine Artikel zu Hause, nahm das Diktiergerät und legte sich in einen Liegestuhl im Garten. In der Redaktion schwitzten die anderen, über ihm sangen die Vögel. Wie sich das gehört. Tageskram beschäftigte ihn nicht mehr. Er war Spezialist für die großen Artikel auf Seite drei – na also!
    Doch nun, als er die Tasse abstellte, um Uschi nachzusehen, die mit hüpfendem Popo und dem ewig gleichen Lächeln im Gesicht zwischen den Tischen herumhuschte, wurde ihm klar, daß ihm auch manches fehlte.
    Sie stand jetzt am Telefon, hob ab, drehte den Kopf und winkte ihm zu: »Rio, komm mal!«
    Komm mal? »Wieso?«
    »Die Redaktion.«
    Es war nicht nur ›die Redaktion‹, es war Stockmann, der Chef vom Dienst.
    »Da hab' ich dich ja, Alter!«
    »Ja, da hast du mich«, knurrte Rio Martin erbittert. »Und ich frage mich, wie du auf die Idee gekommen bist, daß ich hier …«
    »Ich doch nicht! Hast du doch selbst gesagt!«
    »Ich?«
    »Na logo! Jedenfalls dein Anrufbeantworter. Soll ich's dir vorspielen? – Jetzt könnt ihr mir alle in die Tasche steigen. Jetzt geh' ich ins ›Le Café …‹«
    »Da muß ich ganz schön bemackt gewesen sein. Das hab' ich wirklich gesagt?«
    »Vielleicht dein Geist? Aber das ist mir im Moment auch wurscht. Rio, hör zu: Olsen hat angerufen. Und auch noch Mahler. Und alle wegen derselben Kiste: Harlaching … Schon im Radio gehört? Reinhards ist gerade losgefahren.«
    »Ich hör' doch nicht Radio!«
    »Okay, okay. Es handelt sich um ein ziemlich dickes Ding. Da hat einer seine Familie umgebracht.«
    »Und? Was geht das mich an?« Er dachte: Olsen und Mahler? Olsen war Chefredakteur, Mahler einer der Herausgeber, Reinhards wiederum Polizeireporter.
    »Der Mann ist leitender Manager der ACS. Und Harlaching ist auch nicht gerade Sozialmilieu … Das Ding kann abgehen wie eine Rakete. So was sagt mir meine Nase.«
    »Und die Olsen-Nase und die Mahler-Nase sagen wohl das gleiche, Egon? Aber es bleibt eben immer noch ein Fall fürs Lokale.«
    »Genau das glaube ich nicht. Mahler kennt den Chef von diesem Mann, der da Frau und Kind erschossen hat.«
    »Wie heißt der?«
    »Der Chef?«
    »Der Mann.«
    »Reissner. Dieter Reissner. – Er war vorgestern in Sachsen, um die ACS-Stahlwerke dort zu schließen. Und da gab's ziemlichen Rabatz.«
    »Und der Chef ist wohl Linder, oder?«
    »Stimmt.«
    »Den kenn' ich … Und wer bearbeitet bei der Polizei den Fall?«
    »Novotny.«
    »Aha! Deshalb seid ihr auf mich gekommen!« Mit Paul Novotny im Kreuz hatte Rio seine größten Erfolge im ›N EWS K URIER ‹ durchgezogen: Die Spielbank-Affäre, die Rotlicht-Serie, bei der es um die Hintermänner des Prostituierten-Imports aus den Oststaaten ging; auch bei den großen Korruptionsfällen hatte Novotny mitgespielt, damals war er noch nicht bei der Mordkommission gewesen …
    Rio fischte sich aus der Brusttasche seines Hemdes einen Zahnstocher und schob ihn zwischen die Zähne. Hatte er sich nicht in seinem neuen Vertrag ausdrücklich eine Klausel aufnehmen lassen, die ihm ein Einspruchsrecht gegen Themen sicherte? War das hier sein Thema? Kaum …
    Der verdammte Zahnstocher half nicht. Nervös war er und wußte nicht einmal so recht, warum. Was sagte Stockmann da gerade? »Das Ding ist heute morgen bereits über den Fernseher gelaufen. Der Mitteldeutsche Rundfunk brachte es in den Nachrichten. Nach diesem ganzen Aufstand wegen der Betriebsschließung in Stollberg kannst du dir ja denken, daß sie in den neuen Bundesländern ziemlich scharf auf das Thema sind. Ich

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