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Die Blutmafia

Die Blutmafia

Titel: Die Blutmafia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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selbst hab' mir die Sendung nicht angesehen, aber Linda erzählte mir in der Morgenkonferenz, daß dieser Reissner, als er in der Betriebsversammlung reden wollte, einen Schwächeanfall erlitten hat. Was ich damit sagen will, und was dir sowieso längst klar ist, Rio: Der Fall ist ein dicker Hammer! Das ist kein lokales Thema. Also? Was meinst du?«
    Was sollte er meinen? Er sah ein sehr langes, sehr graues Wochenende vor sich. Ein Wochenende ohne Vera. Er würde golfen, dann versuchen zu arbeiten – und das würde nicht klappen. Er würde ein paar Fertiggerichte kaufen, sie aufwärmen, davon kosten und den Dreck dann in den Müll kippen und zum nächsten Türken, Griechen oder Italiener rennen …
    »Na schön«, seufzte er. »Wenn ihr meint. Wir können's ja versuchen …«
    Halb zwölf. Halb zwölf und Fehlanzeige!
    Rio Martin quälte den Porsche über den Mittleren Ring zurück zur Stadt. Er kam aus Harlaching. Sie hatten tatsächlich einen Übertragungswagen des Bayerischen Fernsehens aufgefahren, die Reporter der Tageszeitungen und Agenturen lehnten an ihren Autos, Reinhards, der ›N EWS K URIER ‹-Mann, hatte sich irgendwohin verpißt, das Haus war abgesperrt, und von den Beamten, die dort arbeiteten, war nichts zu erfahren. Kein einziges bekanntes Gesicht. Keine Chance. Das einzige, was er herausbrachte, war: »Herr Novotny ist bereits wieder weg …« Auch der Anruf bei Novotnys Sekretärin im Präsidium half nicht weiter: »Tut mir leid, er ist nicht da.«
    Rio spuckte die Reste seines Zahnstochers aus. Vier hatte er inzwischen durchgebissen. Wieder griff er zum Autotelefon. Diesmal tippte er Bruno Arends Nummer ein.
    »Kinderbewahranstalt Germering«, kam es aus dem Hörer.
    »Wie witzig! Bruno, die haben mir da ein ziemlich dickes Ding reingewürgt. Und wie ich es sehe, werde ich dich heute oder morgen noch brauchen.«
    »Worum geht's?«
    Rio erklärte.
    »Seit wann beschäftigst du dich denn mit so was?«
    »Der Verlag will's so. Und es könnte ja auch wirklich was draus werden.«
    »Dann nimm doch einen der Redaktionsfotografen. Die hängen ja doch bloß rum.«
    »Ich will aber dich, Bruno.«
    »Und ich will raus auf meine Datscha.«
    Arend besaß ein kleines Wochenendhaus am Wörthsee, dort pflegte er seinen Zwillingssöhnen das Fischen beizubringen, in den Abendhimmel zu starren, Unmengen von Bier zu vertilgen und von den guten alten Zeiten zu erzählen, in denen es noch ›wirkliche Reporter‹ gab. Er war einer jener alten Illustriertenhasen, die in den letzten dreißig Jahren das Saufen und das Schwadronieren auf den Kriegsschauplätzen rund um den Erdball gelernt hatten. Aber er war auch Profi. Und er war's nicht nur gewesen – er war es noch heute.
    »Weißt du, was du mich kannst, Rio?«
    »Ja«, sagte Rio Martin. »Aber bleib zu Hause, hörst du, bis ich dich wieder anrufe. Okay?«
    Damit hängte er auf.
    Er nahm die Abfahrt zur Prinzregentenstraße. Als er über die Brücke fuhr, sah er, daß die Dunstdecke aufriß, der Regen aufhörte. Ein blauer Himmel begann sich über die Stadt zu wölben. Auch das noch! Statt jetzt schön gemütlich über den Golfplatz zu marschieren, hatte er diesen Scheiß am Hals!
    Er parkte den Porsche vor ›Feinkost Käfer‹ in der zweiten Reihe und stieg aus. Unter all seinen wechselnden Eigenschaften besaß Paul Novotny eine, auf die Verlaß war: pünktlich um ein Uhr machte er in seinem Büro Pause. In der Polizeikantine allerdings war er nie anzutreffen. Er verschlang an belegten Broten, was ihm die Sekretärin besorgte, um dann seine Dartscheibe mit Pfeilen zu bespicken.
    Rio ließ sich eine Auswahl von Salaten zusammenstellen und noch zwei Dutzend Austern verpacken, kaufte dazu eine Flasche Chablis und trug das Paket zum Wagen.
    Als er das Präsidium betrat, sah er Novotnys Wagen durch die Parkplatzsperre fahren. Zum ersten Mal an diesem Tag fühlte er sich besser. Er wartete nicht, stieg zu Novotnys Büro hoch und setzte sein Käfer-Paket auf einen der Schreibtische im Vorzimmer.
    »Oh, Herr Martin? – Tut mir leid, aber er ist noch nicht da.«
    »Er kommt«, sagte Rio und blickte auf die sich öffnende Tür …
    »Also ich weiß nicht, Rio, früher hast du gequalmt wie ein Schlot, aber deine Zigaretten waren mir lieber als dieses dämliche Hölzermümmeln .«
    Die Sekretärin räumte das Geschirr mit den Resten der Mahlzeit auf ein Tablett. Die Flasche Chablis war unangetastet geblieben.
    »Die Austern, das war eine klasse Idee! Aber Chablis … Heute?

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