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Die Blutmafia

Die Blutmafia

Titel: Die Blutmafia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ja, halbherzig angeleierte Prozesse – aber keiner, den's erwischt, keiner, den sie dorthin gebracht hätten, wo er hingehört. Die einen laufen frei nun, die anderen verrecken. Ist es nicht so?«
    Rio nickte. Es war wohl so. Und er hatte plötzlich wieder einmal das Gefühl, daß Reissner zuhörte … »Hat er nicht recht, Dieter? Was sagst du? …«
    Aber wieder blieb Reissner stumm.
    »Sie haben also Material über Bio-Plasma? Auch über Engel?« Seine Stimme klang ungewohnt rauh.
    »Natürlich … Und nicht nur über ihn.«
    »Und, entschuldigen Sie die Frage, haben Sie es Paul übergeben?«
    »Das Wichtigste.«
    »Und der Rest?«
    Kiefer legte die Hände auf die Knie: »Sehen Sie, ich war Kriminalbeamter. Ich bin es nicht mehr. Paul, hilf mir mal …«
    Er streckte den rechten Arm aus, Paul ergriff ihn, ganz behutsam, und Ludwig Kiefer stand auf. Er legte Novotny die Hand auf die Schulter.
    »Paul war einer meiner Besten, Herr Martin. Das ist er wohl noch heute. Und außerdem … nun, wir mochten uns. Stimmt's, Paul?«
    Novotny lächelte, er lächelte wie ein Schuljunge über ein unerwartetes Lob. Das mochte rührend sein, doch es klärte nicht die Situation.
    Auch Rio erhob sich.
    »Was ich damit sagen wollte …« Nun klang Kiefers Stimme gepreßt, denn der Atem ging rasch und unregelmäßig: »… das ist … das ist … daß man im Alter und vielleicht in einer solchen Situation … ganz gerne ein paar Dinge für sich behält. Nicht, um sich wichtig zu fühlen, das gehört vielleicht auch noch dazu, aber es gibt nun mal Erkenntnisse und Informationen, von denen man weiß, daß es nutzlos ist, sie in die offiziellen Regelkreise einzuschleusen. Und der arme Paul ist nun mal so ein ›offizieller Regelkreis‹ – tut mir leid.«
    »Na schön.« Es war das erste Mal während des ganzen Gespräches, daß Paul Novotny den Mund aufmachte. »Wenn du das so siehst, Ludwig, und es für richtig hältst, auf deinen Ostereiern sitzen zu bleiben, werd glücklich damit.«
    »Ich halte es so für richtig. Gehen wir ein Stück. Ich habe meinen Wagen vorne am Eingang stehen.«
    Er schien tatsächlich über den sechsten Sinn der Kriminalisten zu verfügen, oder es war seine Intuition, doch er hatte den schnellen, erstaunten Blick Rios richtig gedeutet: »Ja, Herr Martin, ich fahre selbst. Und das geht noch ganz gut, das können Sie mir glauben. Und falls es mal nicht mehr klappen sollte – keine Sorge, ich steig' schon rechtzeitig aus. Das habe ich immer getan. Ich bin immer rechtzeitig ausgestiegen.«
    Sie gingen nebeneinander her. Besucher kamen ihnen entgegen. Kiefer hatte recht: Es waren sehr wenige, die sich in der grüngoldenen Stille des Tierparks aufhielten. Ihre Schritte knirschten auf den sandbestreuten Wegen. Rio sah Zebras, dunkle und helle Augen, die ihnen mit dem sonderbar unbeteiligten Ernst der Zootiere folgten. Hyänen, Füchse, ein unruhiger Wolf … Und in der Luft hing der stechende Geruch des Raubtiergeheges.
    »Wann besuchen Sie mich denn mal?« Kiefers Schritte wurden immer kürzer. Jetzt blieb er wieder stehen. Vielleicht war die Frage nichts als ein Vorwand, um Luft zu schöpfen. »Hätten Sie Lust dazu? Ich verlange jetzt nicht, daß Sie höflich zu mir sind, aber vielleicht wäre es auch für Sie ganz interessant.«
    »Ich komme gerne.«
    »Sehen Sie, meine Schwester ist eine ganz gute Köchin. Ihre Tragödie besteht darin, daß sie niemanden mehr hat, der das so richtig schätzen kann. Früher kam Paul manchmal. Aber der hat ja auch keine Zeit mehr – nicht wahr, Paul?«
    »Leider.«
    »Also, was meinen Sie, essen Sie mit uns zusammen? Ich verspreche Ihnen, zum Aperitif gibt's ein paar Informationen, die ganz interessant für Sie sein dürften.«
    Rio nickte.
    »Bringen Sie Appetit mit. Menschen, die Appetit haben, sind mir ausgesprochen sympathisch. Wissen Sie, die essen gewissermaßen stellvertretend für mich …«
    Sie standen am Parkplatz. Ludwig Kiefer fuhr über seine Baskenmütze, als müsse er sie zurechtrücken. Der feine Zwirn der Handschuhe machte ein schabendes Geräusch. Unter den dichten Brauen wirkten die Augen nun distanziert, fast kalt. Und da war wieder das Lächeln, das Rio zuvor schon erschreckt hatte: Es war ein Lächeln, das sich ein Totenschädel abrang …
    »Ich wohne in Steinebach, wie gesagt. Sehen Sie, das ist meine Adresse und meine Telefonnummer. Die der Klinik schreibe ich Ihnen auch gleich dazu. Denn die haben mich nächste Woche wieder am Wickel. Man soll sich

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