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Die Blutmafia

Die Blutmafia

Titel: Die Blutmafia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Steinbalustrade umfaßte Terrasse führte bis zu einer Gruppe hoher Tannen.
    Diesmal hatte Ludwig Kiefer den langen, zerbrechlichen Körper in einen dunkelbraunen Trainingsanzug gesteckt. Die Baskenmütze trug er, wie bei ihrer ersten Zusammenkunft, auf dem Kopf. Über seinen Knien lag eine karierte Decke. Er saß zurückgelehnt in einem Liegestuhl, und zwar so, daß er den Weg um die Hausecke im Auge hatte. Vor ihm stand ein Gartentisch mit zwei Reihen von Tontöpfen, aus denen Pflanzen wuchsen. Und neben seinem Stuhl hatte er einen großen Henkelkorb auf die Terrasse gestellt.
    »Hallo, Herr Martin!«
    Sein Gesicht verzog sich zu einem Lächeln – oder zu dem, was auf einem anderen Gesicht ein Lächeln geworden sein könnte. »Schön, daß Sie zu mir hergefunden haben.«
    »Das war nicht schwierig.«
    Kiefer trug heute keine Handschuhe. Seine Hand war kühl, feucht und schlaff. Es machte Rio nichts mehr aus, sie zu berühren.
    »Setzen Sie sich doch. Wissen Sie, was das sind?«
    »Die Pflanzen hier?«
    »Die Pflanzen. Sie kennen doch diese Filme, wo sich alte, todkranke Herren von ihren Hobbys verabschieden. Ich versuch' das noch ein bißchen hinauszuzögern. Ich bin verrückt nach diesen Gewächsen. Schauen Sie sich die Formen an! Diese hier ist eine Portulaca. Sehen Sie die Blüte?«
    Rio nickte. Es waren fleischige, grüne Gebilde von wirklich bizarrem Aussehen. Manche ähnelten gepunkteten Schlangen, andere irgendwelchem grünen Seegetier. Es gab geometrische Formen, alle erdenkbaren Gelb- und Rot-Varianten. Und dieser Mensch hier, dieser Ludwig Kiefer, der todkranke Ludwig Kiefer, Kriminalrat, im Endstadium einer Krankheit, die ihm nun wirklich keiner zutrauen konnte, schien damit beschäftigt, Pflanzenableger in neue Töpfe zu versenken. Wozu sollten sonst die Schere und der kleine Kübel mit Gartenerde gut sein?
    »Sukkulenten«, sagte er. »Ich habe eine ganze Sammlung davon in meinem Gewächshaus. Die meisten kommen aus Afrika oder Südamerika. Zu Beginn des vorigen Jahrhunderts wurden sie dann im Mittelmeerraum eingeführt. Heute gelten sie als Mittelmeerpflanzen. Dort brauchen die Dinger kaum Regen. Die speichern ihren Wintervorrat, halten monatelang in der sengenden Sonne durch. Sie sind wahre Kämpfer …«
    Rio nickte. Was sollte dieser Vortrag über Sukkulenten? Was sollte sein Besuch hier überhaupt?
    »Haben Sie meine Schwester schon gesehen?«
    »Ja, wir haben uns begrüßt.«
    Eine Pause entstand. Irgendwo sangen Vögel. Die Pause dehnte sich lange. Kiefer schob seine Skeletthand an den Schädel, um die Baskenmütze zurechtzurücken. »Sie können ruhig rauchen, falls Ihnen danach ist, Herr Martin. Mir schadet's wohl nicht mehr … Obwohl, ich hab' heute mal wieder meinen hustenfreien Tag.«
    Rio ließ die Zigaretten stecken.
    »Ich bin ganz froh, wenn ich wieder in meine Klinik komme. Das Antibiotikum möchte ich mal wissen, das sie mir dort noch nicht verpaßt haben. Flächendeckend. Die verdammten Sekundärinfektionen … Immerhin, ich kann wieder besser atmen.«
    Ein kurzer, schneller Habichtsblick. Jetzt wußte Rio, an was Kiefer ihn erinnerte: an einen alten, verhungerten Vogel.
    »Wissen Sie, auf so einer Station ist das schon sonderbar … Lauter junge Burschen. Und du, der Rentner, der Opa. Obwohl …« Ein Kichern, leise und trocken wie das Rascheln des Laubes. »Obwohl, es gibt eine Phase, da gleichen wir uns alle an. Die Jungen wie die Alten. Nur an den Augen sehen Sie vielleicht noch, was Jugend ist. Am Protest, der in den Augen ist. Das ist schon erschütternd. Die Jungen wollen nicht aufgeben. Aber wer will das schon?«
    Und wieder nickte Rio. Kiefer hielt den Kopf jetzt schief und musterte ihn, als taxiere ein Fotograf sein Modell.
    »Sie wiederum, Sie sehen blendend aus, Herr Martin … Haben Sie was dagegen, wenn wir darüber sprechen?«
    Darüber? Über die Krankheit? Über den Tod … Und anschließend das Essen aus der erstklassigen Küche der Schwester …
    »Natürlich nicht.«
    »Ich werde Sie jetzt duzen, Rio. Schließlich gehören wir zum selben Verein. In der Klinik gibt es niemand, der auf die Idee käme, ›Sie‹ zu sagen. Auch nicht gegenüber einem so alten Krauter, wie ich einer bin … Dort wird das ›du‹ selbstverständlich. Und das ist es wohl auch, wenn du verstehst, was ich damit sagen will … Na gut, Rio – ich finde, wir sollten über uns selber sprechen, ehe wir zum Thema kommen.«
    »Und das Thema? Wie lautet das?«
    »Was zu unternehmen ist. Aber

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