Die Bogenschützin: Roman (German Edition)
ausgeschlossen.
» Ich glaube, Hüx wird nichts dagegen einzuwenden haben, bei Irina zu bleiben. Wir werden bei der ersten Gelegenheit Unterstützung hierherschicken. Und im Juni, wenn das Kind wahrscheinlich auf der Welt ist, lassen wir sie zu uns nach Ofen holen. Oder dorthin, wo wir dann sind.«
Seine Gemahlin war nicht zufrieden damit, es stand deutlich in ihrem Gesicht zu lesen. Erneut kränkte es ihn, dass sein Wunsch für sie nicht über allem anderen stand, aber auch, dass sie überhaupt in Erwägung zog, ihn allein ziehen zu lassen.
» Aber… Das gefällt mir nicht«, sagte sie.
Sanft drehte er sie so, dass sie ihm in die Augen sah, und umarmte sie. » Und mir gefiele nicht, ohne dich zu gehen. Ich möchte dich in meiner Nähe haben, und das an einem Ort, der deinem Stand gebührt. Willst du mir diese Freude rauben?«
» Nein, gewiss nicht. Aber…«
Er schüttelte traurig den Kopf. » Aber. Es gibt kein Wort, das ich häufiger von dir höre. Ich kann verstehen, dass du meine Entscheidungen anzweifelst. Ich habe Fehler gemacht. Doch in dieser Sache bin ich völlig sicher. Es ist das einzig Richtige, wenn du mit mir kommst. Wir gehören zusammen, Hedwig. Ich will nicht ohne dich sein.« Liebevoll strich er über ihr anrührend feines, hellblondes Haar und streichelte ihr Gesicht. Sie teilte längst wieder sein Lager, und so widerspenstig sie sich sonst oft zeigte– nachts in seinen Armen war sie anschmiegsam und zärtlich. Sie daran zu erinnern, schien der beste Weg zu ihrer Einsicht zu sein; er spürte, wie sie innerlich nachgab.
» Du hast recht. Hüx und Borbála können auf Irina achtgeben.«
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Das Ver st e ck der Hu ss iten
E s dauerte einen Monat, bis sie Ofen erreichten, und auch dieser Teil ihrer Reise verlief durch das unstete Frühjahrswetter nicht reibungslos, verschonte sie jedoch mit weiteren ernsten Unglücksfällen. Sosehr Wilkin sich danach sehnte, Hedwig endlich die Anstrengungen ersparen zu können, war er doch ein ums andere Mal erleichtert, dass sie so genügsam und belastbar war. Er wusste, dass es Frauen gab, mit denen er nicht einmal die einfachen Teile der Reise gemeistert hätte.
Trotz dieser Einsicht fühlte er sich vor allem ihretwegen unwohl, als sie sich den Toren der königlichen Residenzstadt näherten, die eindrucksvoll auf ihrem Berg über der mächtigen Donau thronte. Er hoffte, dass seine Gemahlin sich rechtzeitig daran erinnern würde, wie eine Edelfrau sich in vornehmer Gesellschaft geziemend benahm. Ihr Kleid hatte sie immerhin bei ihrer letzten Rast gewechselt, und ihr Haar war bedeckt, doch ihren Bogen abzuspannen und auf das Gepäck zu schnüren weigerte sie sich strikt. Wie üblich trug sie ihn und den Pfeilköcher über dem Rücken.
Seine Hoffnung, dass sie sich unauffällig verhalten möge, war schon zunichtegemacht, als sie im Innenhof der Ofener Burg von den Pferden gestiegen waren und sie darauf bestand, ihren Tiuvel selbst in einen der Ställe zu bringen und zu versorgen. Nachdem sie im Winter insgesamt fünf ihrer Pferde hatten schlachten müssen und es ihnen nur mit großer Not gelungen war, ausreichend Futter für die verbliebenen Tiere aufzutreiben, hing sie noch besorgter an ihrem verrückten schwarzen Ross als zuvor.
Manchmal glaubte er, sie liebte das Tier mehr als ihn. Dabei war auch er froh, dass seine Pferde ihm bis auf eines erhalten geblieben waren, schon allein, weil er sie nicht so bald hätte ersetzen können. Nach der gewaltigen Verzögerung, mit der er Sigismund sein Geld brachte, würde dieser kaum geneigt sein, ihm eine Belohnung für seinen Dienst zuzusprechen.
Obwohl es vermutlich auf eine Stunde mehr oder weniger nun nicht mehr angekommen wäre, konnte er seine Ungeduld kaum bezwingen. Sobald er sichergestellt hatte, dass Hedwig höfische Bedienstete zur Verfügung standen, die ihr halfen, sich zurechtzufinden, beeilte er sich, dem König seine Ankunft melden zu lassen.
Er musste nicht lange warten, bis er vorgelassen wurde, wenn auch zunächst nicht zum König, sondern zu Konrad von Weinsberg, dessen Schatzmeister.
» Die Nachrichten, die wir erhielten, brachten uns dazu, Euch und das Geld verloren zu geben, Wilkin von Torgau. Die kurfürstliche Gesandtschaft, die den Weg über die Donau genommen hat, ist schon vor Monaten eingetroffen. Ist Euch bekannt, dass zudem Euer Bruder Ludwig sich hier in Ofen aufhält? Er ist Euch mit seinen Männern auf dem geraden Wege von Krakau nach Ofen gefolgt, um Eure Begleitung zu
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