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Die Bogenschützin: Roman (German Edition)

Die Bogenschützin: Roman (German Edition)

Titel: Die Bogenschützin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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einzutreffen. Schon zweimal war er zu Reichstagen nicht erschienen, und auch das Scheitern des letzten Feldzuges bewies seine schlechte Angewohnheit aufs Deutlichste. Während die Reichsfürsten ihre Heere nach Böhmen geführt hatten, bereit, das Land von den ketzerischen Hussiten zu befreien, hatte Sigismund in Pressburg Zeit vertan. Angeblich hatte er auf den Zuzug von ungarischen Truppen gewartet, doch geholfen hatte es ihm nicht. Die Reichsfürsten hatten mit ihren Heeren Böhmen bereits wieder verlassen, als er viel zu spät dort ankam. Seine Streitkräfte und nicht zuletzt seine Geschicklichkeit als Feldherr erwiesen sich daraufhin wieder einmal als zu schwach, um den Hussiten etwas entgegensetzen zu können.
    Wie auch Köne und der alte Johann von Quitzow war Wilkin auf Befehl des Kurfürsten mit einer Truppe von Brandenburgern im Januar dabei gewesen, als der Hussitenführer Jan Ži ž ka das königliche Heer bei Deutschbrod in die Flucht geschlagen hatte. Zu Hunderten waren die fliehenden Ritter und Knechte des Königs in der eisigen Sazawa ertrunken, zu Tausenden erschlagen oder gefangen worden.
    Die Brandenburger waren auf der Hut gewesen, hatten sich rechtzeitig in die Wälder geschlagen und waren dann auf der Elbe zurück bis ins Meißner Land gelangt, wo der Kurfürst sie erleichtert wieder in Empfang genommen hatte. Es war nicht zuletzt dem alten, mit allen Wassern gewaschenen Johann von Quitzow zu verdanken, dass ihnen die Flucht ohne Verluste gelungen war. Trotz der beleidigenden, eisigen Nichtbeachtung, mit der der alte Haudegen ihn strafte, bewunderte Wilkin dessen Gerissenheit. Es hatte wirklich einen Mann wie Friedrich gebraucht, um das nicht ohne Grund mächtige, aber räuberische Rittergeschlecht derer von Quitzow in seine Schranken zu weisen.
    König Sigismund war im Gegensatz zu ihnen über Mähren nach Ungarn geflohen. Seither versuchte er seine Beziehungen zum polnisch-litauischen Hof in Krakau zu verbessern, um an Stärke zu gewinnen, verwickelte sich dabei jedoch immer mehr in ein Gewirr von Verpflichtungen, denen er unmöglich allen nachkommen konnte.
    Kurfürst Friedrich hatte Wilkin gereizt vorausgesagt, dass der König am Ende wieder einmal ihm die Rolle des Schlichters übertragen würde. Für Friedrich war dies ein besonderes Ärgernis, weil er selbst sich eigentlich das uneingeschränkte Vertrauen des polnischen Großfürsten hatte erwerben wollen, um eine Ehe zwischen dessen Tochter und seinem eigenen Sohn zu vereinbaren.
    Statt seine eigenen Interessen verfolgen zu können, sah er sich nun vor die Aufgabe gestellt, an unzähligen Fronten zu vermitteln. Dazu musste er sich zuvor öffentlich mit dem König versöhnen, da allgemein bekannt war, wie uneinig sie über die vergangenen Jahre geworden waren. Anschließend würde ein neuer Feldzug gegen die Hussiten gefordert werden, der vorbereitet werden musste. Es konnte zumindest nicht geduldet werden, dass die Hussiten weiterhin die Prager Burg Karlstein belagerten– sie musste unbedingt entsetzt werden. Gleichzeitig würde Friedrich in Polen verhandeln müssen.
    Zu Wilkins Freude empfing der Markgraf von Meißen ihn mit einem Glückwunsch. » Friedrich ruft Euch zu sich nach Nürnberg, Wilkin. Er sagt, er bräuchte einen zuverlässigen Mann mit jungen Beinen und ein wenig Verstand in seiner Nähe. Ihr sollt außerdem Köne von Quitzow mitbringen, damit er nicht auf den Gedanken kommt, Männer zu sammeln und sich seinem Onkel anzuschließen, der unterwegs ist, um den Zwist mit den Hamburgern und Lübeckern für ihn auszutragen.«
    Wilkin ging persönlich, um Köne von der neuen Anordnung des Kurfürsten in Kenntnis zu setzen, fand ihn jedoch nicht in seinem Zelt vor. Seine Genossen schickten ihn weiter bis zur Unterkunft einiger Stellmacher- und Hufschmiedfamilien. Auch dort traf er nicht Köne an, sondern dessen Schwester in Begleitung der Spielleute. Die Jungfer trug noch ihr lohfarbenes Kleid und hatte um ihre rechte Hand einen Verband geschlungen, bei dessen Anblick er sich ein wenig schämte. Es hätte möglich sein müssen, sie zu maßregeln, ohne sie zu verletzen.
    Sie errötete, als sie ihn erblickte, woraus er schloss, dass auch ihr die Art ihrer ersten Begegnung peinlich war.
    Mit größtmöglicher Höflichkeit verneigte er sich vor ihr. » Verzeiht meine Aufdringlichkeit, edle Jungfer. Ich habe eine Nachricht für Euren Bruder und hoffte, ihn hier anzutreffen.«

    Als grauen Hund in einem räudigen schwarzen Wolfsrudel

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