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Die Bogenschützin: Roman (German Edition)

Die Bogenschützin: Roman (German Edition)

Titel: Die Bogenschützin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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Schmerz und Hoffnung, dass ihr die Tränen kamen und sie nur nicken konnte.
    » Woher, in drei Teufels Namen, bist du gekommen? Wer hatte dich…? Warum bist du nicht…? Wie lange…?«
    Hedwig hätte ihm gern alle Fragen beantwortet, doch gerade jetzt beschlossen beide Hengste endgültig, dass sie etwas miteinander auszutragen hatten, und fingen an zu scharren.
    » Verflucht«, brüllte ihr Onkel und lachte laut. » Sie ist meine Nichte! Wenn du eine von Quitzow bist, dann zeig mir, wie schnell du in der alten Burg sein kannst!«
    Er ließ die Zügel schießen und gab seinem Braunen die Sporen. Hedwig musste nichts tun, Tiuvel nahm die Herausforderung ohne ihre Zustimmung an. Sie konnte sich nur nach vorn unter den Wind ducken, der ihr ins Gesicht blies, und ihn rennen lassen, wie so oft. Schemenhaft sah sie, wie der Stallmeister und Hüx mit ihren Stuten auswichen, als sie auf dem Weg auf sie zuschossen.
    Einen Augenblick lang bangte Hedwig um ihr Leben, als die Hengste Seite an Seite über die Brücke und durch das Tor auf den Burghof rasten. Mit schlitternden Hufen kamen sie zum Stehen, nur um sich sogleich einander mit angelegten Ohren zuzuwenden. Rasch saß Johann ab, ließ den Braunen los und scheuchte ihn von Tiuvel fort. » Halt einer die Pferde«, brüllte er dabei über den Hof. Mit einem strahlenden Lächeln trat er auf Hedwig zu, streckte ihr die Arme entgegen und hob sie vom Pferd, als sei sie ein kleines Kind. Er war ein ebenso großer und starker Mann wie ihr Bruder Köne, und das Alter schien ihn noch nicht geschwächt zu haben.
    » Meine Nichte«, sagte er, drückte sie an sich und drehte sich mit ihr im Kreis. » Und ich wollte mich nur noch besaufen. Da war der Allmächtige wieder mal davor. Du musst mir alles erzählen. Alles! Herrgott, bist du eine schöne Maid! Und einen Mut hat sie wie ihre Mutter. Reitet ein Streitross! Komm, Kind, wir lassen uns ein Festmahl auffahren, wie es die Welt noch nicht gesehen hat. Kommt endlich einer und hält die Pferde!«
    Gerade rechtzeitig, bevor die Hengste sich auf ihre gegenseitige Abneigung besannen, trafen der Stallmeister und Hüx ein und sorgten für Ordnung. Ängstlich dienerte der Stallmeister vor Johann von Quitzow, nachdem er den Braunen eingefangen hatte, doch dieser winkte ihn nur gut gelaunt zum Stall. Hüx, der Hedwig Tiuvel abnahm, bekam von Johann einen Schlag auf die Schulter. » Na, Hüx, immer noch ungeküsst?«, sagte er und lachte herzhaft.
    Zu Hedwigs Erstaunen lachte der Junge mit. » Wird schon noch werden, Herr.«
    » Will ich meinen«, erwiderte Johann, hakte Hedwig unter und zog sie in Richtung der Halle. » Wo ist deine Tante? Fleißig am Beten? Na, lassen wir sie. Du bist doch wohl hoffentlich nicht so, was? Nichts gegen Frömmigkeit, und Lob sei dem Allmächtigen allezeit, aber was zu viel ist, ist… Hat sie wenigstens schlachten lassen? Meinen Hirsch muss ich mir ja immer selber jagen. Gleich morgen. Gehst du auch jagen? Deine Mutter war immer dafür zu haben, nun ja, als sie jung war zumal. Gleich morgen gehen wir beide auf die Jagd, Hedwig. Die Wildschweine grinsen ja schon frech zwischen den Bäumen hindurch. Das wird eine Freude. Und ich wollte mich nur noch besaufen! Was für eine Gnade. Du musst mir alles erzählen.«
    Benommen schritt Hedwig neben ihrem aufgeregten Onkel in die Halle. Es schien ihr schon, als wolle er sie nie wieder loslassen und mit in sein Gemach nehmen, da erinnerte er sich an die guten Sitten und verabschiedete sich von ihr, bis er sich umgezogen hätte. Nicht ohne ihr zuvor noch einen Kuss zu geben und sie ein weiteres Mal an sich zu drücken.
    Sprachlos blieb sie in der Halle zurück, betrachtete die mit Heiligenbildnissen bestickten Wandteppiche und konnte ihr Glück nicht fassen. Sollte es tatsächlich doch einen Menschen geben, der sie vermisst hatte und sich über ihre Rückkehr freute? Und sollte es womöglich jemand sein, den sie selbst in ihr Herz schließen konnte? Sie wagte es noch nicht zu glauben, dennoch schien die Welt auf einmal heller geworden zu sein.
    Bis tief in die Nacht unterhielt sich ihr Onkel mit ihr und sprach dabei weit mehr als sie, entlockte ihr aber neugierig die ganze Geschichte ihrer Kindheit und der darauf folgenden Reise. Gebannt lauschte er den Schilderungen ihrer gefahrvollen Erlebnisse, lachte, entrüstete sich und bewunderte ihren Mut. Sogar Irina ließ er zu Wort kommen und drückte ihr sein Beileid zum Verlust ihres Gatten aus. Als sie schließlich, lange nach

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