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"Die Bombe is' eh im Koffer"

"Die Bombe is' eh im Koffer"

Titel: "Die Bombe is' eh im Koffer" Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Lucchesi
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Schals, die steifen Hüte, eigentlich auch die Bärte sollte man sich schon genauer ansehen. Bei Nichtjuden tun wir das doch auch.
    Und nicht zu knapp.
    Ich hab mal zugesehen, wie mein Lieblingskollege Jerry Weber begann, einen italienischen Monsignore zu sonden. Ein Monsignore kann ein Päpstlicher Ehrenkaplan sein, ein Päpstlicher Ehrenprälat, ein Apostolischer Protonotar, aber wahrscheinlich kann man den Titel besser einschätzen, wenn ich sage: Der popeligste Monsignore, der einem begegnen kann, ist schon mal mindestens ein Bischof. Man braucht aber keine Sorge zu haben, dass man ihn vielleicht nicht erkennen könnte. Es steht zwar nicht » Monsignore« dran, doch im Allgemeinen hüpft jemand um den Herrn herum, rennt vorneweg oder hinterdrein und flötet » Monsignore« hier und » Monsignore« dort, da weiß man dann schon, dass man besser nicht sagt: » So, jetzt mal hierher, Don Camillo!«
    Jerry winkte also den Monsignore formvollendet durch die Torsonde, und Seine Auch-schon-ziemlich-Heiligkeit schwebte hindurch. Und dann begann Jerry ihn mit der Handsonde ganz vorschriftsmäßig abzusuchen, und immer schön– Hand folgt Sonde– mit der flachen Hand hinterher. Monsignore ließ das mit einer gewissen Engelsgeduld über sich ergehen, aber für den jugendlichen Beifahrer des Bischofs war Jerry eindeutig zu handgreiflich.
    Ich habe Mütter gesehen, die um ihre Kinder zitterten, ich habe Männer ihren Laptop verteidigen sehen, als wäre es das Vaterland, aber ich habe noch nie jemanden gesehen, der so besorgt um etwas war wie der tadellos deutschsprachige Jungpriester. Er benahm sich, als wäre der Bischof ungefähr achttausend Jahre alt und bestünde aus hauchdünnem Glas.
    » Vorsichtig, um Gottes willen, seien Sie doch vorsichtig! Monsignore, va bene?«
    Und dabei sprang er um Jerry und den Bischof herum wie ein verstörtes Huhn.
    » Etwas mehr Ehrfurcht, bitte, es wundert mich sowieso, dass Monsignore so geduldig ist. Sie machen das hervorragend, Monsignore, ganz hervorragend. Himmel, so passen Sie doch auf!«
    Letzteres schien wiederum Jerry zu gelten, ich sah es nicht, ich guckte ja gerade in das bischöfliche Handgepäck, das so weit unproblematisch war. Nur einige Zutaten für die Pflege der menschlichen, allzu menschlichen Seite des Bischofs, das große Kreuz trug sowieso der Herr für ihn. Und uns alle, natürlich. Ich wurde nur wieder hellhörig, als Jerry Luft holte. Ich nahm an, er bereitete sich gerade seelisch darauf vor, dem Monsignore am Innenschenkel entlang bis zum Klingelbeutel zu fahren– und wollte wenigstens in diesem heiklen Moment seine Ruhe haben. Jedenfalls drehte er in seiner Stimme die Bässe hoch und sagte langsam und sehr ernst:
    » Bruder in Christi, wenn du dich nicht sofort mindestens fünf Meter entfernst, trete ich dir mit Schwung in deinen kleinen gesegneten Gluteus Maximus, auf dass dich die Erkenntnis treffen möge: Eine Sicherheitskontrolle ist kein Gottesdienst!«
    Das heilige Huhn hielt abrupt inne. Dann ging es mit kleinen Schritten rückwärts zum Nachschautisch. Ich drückte ihm sein Gepäck in die Hand, während Jerry sicherstellte, dass die bischöfliche Soutane sauber war. Der zerbrechliche Monsignore lächelte halb gnädig, halb unsicher, blieb jedoch wider Erwarten heil und schwebte schließlich von dannen.
    Und so Recht Jerry hatte: Mit einem Rabbiner hätte er das wohl nicht gemacht.
    Aber mit anderen Religionen kennen wir uns ja auch nicht so aus. Katholiken und Evangelen, das wissen wir, sind gleichermaßen berührungsunempfindlich. Wenn man mich fragt: Bart ist nun mal Bart, und einem Turban sieht man nicht an, aus welchen Gründen er gewickelt wurde. Nur weil einer einen Kaftan dazu trägt, heißt das noch lange nicht, dass der Bart furchtbar religiös ist. Und außerdem ist es auch inkonsequent.
    Wenn sich ein Passagier mit den Worten beschwert: » Sehe ich etwa aus wie ein Terrorist?!?«, dann sind wir alle ganz furchtbar unerbittlich und ganz schnell mit feinsinnigen Argumentationen bei der Hand: » Meine Dame, wer weiß schon, wie ein Terrorist aussieht?« Aber sobald der Herr Sikh mit seinem umwickelten Bierfass auf dem Kopf uns böse anschaut, dann wissen wir ganz plötzlich, wie ein Terrorist nicht aussieht. » Nur hereinspaziert, der Herr, wer so einen Turban auf dem Kopf hat, der birgt darin sicher nichts als die reinsten und empfindlichsten Gefühle für Gott.«
    Das hat vielleicht auch damit zu tun, dass ich generell etwas skeptisch

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