Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
"Die Bombe is' eh im Koffer"

"Die Bombe is' eh im Koffer"

Titel: "Die Bombe is' eh im Koffer" Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Lucchesi
Vom Netzwerk:
gegenüber Religionen bin. Meiner Meinung nach ist das doch wie mit den Telefonfirmen: Da gibt es so viele, und jede behauptet von sich, sie wäre die einzig wahre– dabei weiß doch jeder, dass man im Prinzip mit allen diesen Firmen telefonieren kann, dass es sogar ganz ohne Extrafirma übers Internet funktioniert, und dass das Telefon nicht kaputtgeht, nur weil man mal die Firma wechselt. Die Wahrheit erfahren wir sowieso erst ganz am Schluss, und völlig egal, ob da überhaupt einer richtig liegt oder wer das sein mag– in jedem Fall werden die meisten danebenliegen. Und da kann man wiederum den meisten nur wünschen, dass der Gott, den sie dann letztlich vorfinden, nicht so kleinlich ist wie der, an den sie glauben.
    Was die Sicherheit angeht, gebe ich natürlich zu: Von all den Bärten und Kaftanen und Rabbinern, die ich bisher mehr schlecht als recht kontrollieren musste, hat noch keiner ein Flugzeug entführt oder gesprengt. Aber wenn was passiert wäre, hätten wir einen Großteil der Schuld bei uns suchen dürfen, keine Frage. Und das gilt nicht nur für Frankfurt: Das Gesetz, das wir anwenden, ist in ganz Deutschland das gleiche. Ist natürlich möglich, dass es in München etwas strenger gehandhabt wird, weil da der Staat die Kontrolle übernimmt und nicht der Sicherheitsdienstleister. Vielleicht hätten die Kollegen in München auf meine Nachfragen auch etwas konstruktiver reagiert, in Frankfurt jedenfalls ist, solange ich dort arbeitete, an der Praxis nichts geändert worden. Und wie die Kollegen mir versichern: bis heute nicht.
    Aber vielleicht sehe ich das auch völlig falsch. Vielleicht haben ja Kundenbefragungen ergeben, dass Passagiere, die von einer Bombe in 25 000 Fuß Höhe aus ihrer Maschine gesprengt werden, dafür absolutes Verständnis haben, solange die Bombe in einem orthodoxen Bart an Bord gelangte.

Deutsche Kernseifenkompetenz
    Deutschland ist eine Exportnation. Und das macht vielen Experten Angst. Es ist nämlich nicht gut, wenn ein Land dauernd exportiert. Dann exportiert es und exportiert und exportiert, und irgendetwas muss daran schlimm sein, aber was genau, weiß ich leider nicht. Ich bin kein Wirtschaftswissenschaftler. Vermutlich ist dann irgendwann das Land ganz leer und es gibt nur noch die Sachen, die überhaupt keiner haben will, Brot vom Vortag oder so. Ich hab nur mal wo gelesen, dass das, was man exportiert, sich noch halbwegs mit dem die Waage halten muss, was man wieder importiert. Und das mit diesem Gleichgewicht ist offenbar derzeit nicht so, weil wir zu viele Autos exportieren, zu viele Maschinen, Spielwaren und Fußballprofis. Habe ich gelesen. Aber wenn das stimmt, ist die Wahrheit noch viel schlimmer, weil ich von unseren eigentlichen Hauptexportgütern in der Zeitung noch überhaupt nichts gelesen habe, und das sind:
    Putzmittel.
    Der Grund dafür, dass das niemand so recht mitbekommt, könnte sein, dass wir diese Putzmittel nicht selbst exportieren. Die exportieren unsere türkischen Mitbürger, und zwar in die Türkei.
    Mopps.
    Besen.
    Kehrsets.
    Eimer.
    Bodenreiniger.
    Stahlwollschwämmchen.
    Putztücher.
    Schrubber.
    Möbelpolitur.
    Und alles in riesigen Mengen.
    Üblicherweise befinden sich diese riesigen Mengen in riesigen Sporttaschen. Türkische Passagiere sind die weltgrößten Fans der weltgrößten Sporttaschen. Aus denen wir dann die ganzen zerlegten Besen wieder rausholen. Diese modernen Besen sind ja alle zum Zusammenschrauben, Zusammenschieben, Zusammenschnappen, ein bisschen so was wie Putz-Lego.
    Und so was gilt im Luftsicherheitsdeutsch leider als mögliche Stoß- und Hiebwaffe. Das Drei-Liter-Fass Bodenreiniger muss natürlich auch hierbleiben, der gefährliche Mopp auch, das Kehrset darf mit, die Stahlschwämmchen auch. Die grobe Berechnung des Luftsicherheitsassistenten lautet in solchen Fällen: etwa hälftig entfernen. Und das ist häufig auch für die Passagiere besser. Denn nicht alle Türken sind große Fans der Sporttasche.
    Ein mindestens ebenso großer Teil der türkischen Passagiere, gerade der ältere Teil, hängt noch der alten Methode der Verdunkelungspappe an. Sprich: Man nimmt wachsbeschichtetes, sehr festes Papier, mit dem man früher seine Fenster verdunkeln konnte, und dann wickelt man alles ein. Anschließend schlingt man kunstvoll Faden drum herum, und das Ganze sieht dann aus, wie man es vielleicht noch aus einigen schwarz-weißen Nachkriegsfilmen kennt. Zu Hause lässt sich so was ja auch noch ganz ordentlich machen.

Weitere Kostenlose Bücher