"Die Bombe is' eh im Koffer"
safe.«
Dann hoben die beiden ihre Koffer auf und wankten davon, teilweise aneinandergelehnt, teilweise auf die Koffer gestützt, teilweise präzise geführt von den Frankfurter Flughafenwänden.
» Russian security!«
» Hey!«
» Ho!«
Wen interessiert da noch, ob sie ihren Anschlussflug noch bekommen haben oder in diesem Zustand überhaupt noch mitfliegen durften.
Beten und transportieren
Wer etwas schmuggeln will, soll es richtig machen. Der sollte nicht zu kompliziert denken. Es gibt also Leute, die ihrem Kind 15 000 Dollar in die Windel stopfen, da frage ich mich: Wozu? Warum, glauben die, sollten wir nicht in eine Kinderwindel sehen? Wir haben das Geld dann ja auch prompt gefunden, und dafür sollten sie uns noch dankbar sein: Wer weiß, ob das Geld hinterher sonst noch so sauber gewesen wäre?
Wer etwas schmuggeln will, soll Geld und Schmuck auch nicht zwischen den Brüsten seiner Frau deponieren. Warum sollten wir da nicht nachsehen? Wir haben immer mindestens eine weibliche Kollegin dabei, die fährt mit ihrer Handkante einer Dame genauso sachlich-neutral zwischen den Brüsten entlang wie wir den Herren am oberen Ende der Beine im Schritt. Nein, wer die deutsche Luftsicherheit überlisten will, muss es ganz einfach machen: religiös.
Die deutsche Luftsicherheit verletzt keine religiösen Gefühle, und ich weiß nicht genau, warum. Vielleicht liegt es an unserer speziellen Vergangenheit, in der wir eine bestimmte Religion gleich mal zur Rasse erklärt haben. Da kann man schon mal die Lehre draus ziehen, dass man künftig vielleicht etwas freundlicher zu den Menschen sein könnte. Oder dass die Zugehörigkeit zu einer anderen Religion kein Grund ist, jemanden umzubringen. Andererseits ist sie aber auch noch lange kein Grund, in Sicherheitsfragen überhaupt nichts mehr zu machen.
Turbane werden bei uns praktisch nicht untersucht. Im Handbuch steht eigens drin: » Fluggäste, die aus religiösen Gründen ihren Turban im Rahmen der Personenkontrolle nicht abnehmen möchten, müssen diesen nur dann absetzen, wenn beim Durchschreiten der Torsonde ein Alarm ertönt.« Was in der Praxis bedeutet: Wenn jemand einen Turban auf dem Kopf hat, wird so gut wie nie reingesehen. Vom Aspekt der Höflichkeit her finde ich das prima: Bis man so einen Turban auf - und wieder zugewickelt hat, das dauert ewig. Von der Sicherheitsfrage her muss ich sagen: Katastrophe. In so einen Turban geht eine Menge rein. Wenn man den geschickt wickelt und eine gute Halsmuskulatur hat, bringt man da problemlos ein kleines Fässchen Bier unter. Ein Fässchen Sprengstoff geht natürlich auch, da pfeift die Torsonde noch nicht mal, weil Sprengstoff kein Metall ist. Und manche Religionen brauchen nicht mal einen Turban dazu, die schneiden einfach ihre Haare nicht, wickeln sie zu einem kunstvollen Knoten, der genauso undurchschaubar ist. Die Handsonde kommt da an ihre Grenzen, ebenso wie die Torsonde. Am Anfang hatte ich mal so einen Kunden, der sich weigerte, den Turban abzunehmen.
» This is my religion!«, hat er gesagt und mich mit einem so tödlichen Blick angesehen, dass für einen kurzen Moment meine eigenen Gefühle ein bisschen verletzt waren.
» And security is my religion«, hab ich gesagt und wollte schon drauf pfeifen, aber da hat mich gleich der Einsatzleiter zurückgepfiffen. An diesem Tag habe ich begonnen, an manchen Aspekten meines Berufs zu zweifeln.
Ich erinnere mich deutlich an eine bodenlang verschleierte Frau im Mantel, deren Mann völlig durchdrehte, weil meine Kolleginnen sie baten, den Mantel abzunehmen. Es sei seine Religion, zeterte er, seine Frau dürfe den Mantel keinesfalls ausziehen. Ich nehme mal an, Gott hätte sie dann sofort mit einem Blitz erschlagen– oder ihn, was mich in dem Moment gar nicht so sehr gestört hätte. Die Kollegin bat die Mantelträgerin dann in unser Untersuchungskabäuschen hinter den Vorhang, aber wie ich später erfahren habe, war auch unter Ausschluss der Öffentlichkeit nur ein Öffnen des Mantels möglich, ein Ablegen jedoch nicht.
Wir behandeln auch die orthodoxen Juden sehr vorsichtig. Ihre Schals, Gebetsriemen und die kleinen Kästchen an den Gebietsriemen, die für die Stirn vorgesehen sind– da schauen wir nicht rein. Bei der Kippa, dem kleinen Mützchen, mit dem sich die gläubigen Juden vor der Macht Gottes schützen, da sehe ich das noch halbwegs ein, die Kippa ist so klein und flach, meinetwegen soll die durch, da kann ich ja mit der Handsonde drüber. Aber die
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