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"Die Bombe is' eh im Koffer"

"Die Bombe is' eh im Koffer"

Titel: "Die Bombe is' eh im Koffer" Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Lucchesi
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Schichtende. Und wenn jemand mal grob einschätzen will, wie dringend Leute wie Luftsicherheitsassistenten oder Polizisten Geld brauchen, dann muss er sich nur den Stundenlohn ansehen, für den sie diese Karren zurückfahren: fünf Euro. So was macht natürlich keiner auf Steuerkarte, weil er sonst am Ende noch draufzahlt.
    Bitte?
    Also, ich hätte wetten können, dass Sie jetzt wissen wollen, wie man einen Kollegen besticht.
    Aber Sie haben ja Recht: Haben wir denn gar keine Berufsehre?
    Berufsehre? Wo soll die denn herkommen? Wir haben ein Gehalt, mit dem man in der Bevölkerung so viel Ansehen genießt wie ein Hartz- IV -Empfänger. Und das ist auch ein Gehalt, bei dem die Kündigung ihren Schrecken verliert, denn einen neuer Job mit diesem Stundenlohn ist nicht weiter schwer zu finden. Wo soll hier Stolz auf den Job wachsen? Oder Berufsehre?
    Die soll es ja tatsächlich mal gegeben haben. Eine Zeit, in der Unbestechlichkeit ein Wert an sich war, vor allem bei Beamten und anderen Offiziellen und Halboffiziellen. Wenn auch nicht vor dreißig Jahren, dann wenigstens vor fünfzig oder vor zweihundertfünfzig Jahren, im alten Preußen. Das ist ein Irrtum. Auch zu der Zeit hatte jeder Kopf seinen Preis, aber damals hat der Staat diesen Preis bezahlt. Der Preis war Geld und Ehre.
    Wer damals in Preußen Beamter war, hatte eine gesicherte Stellung, er wurde regelmäßig bezahlt, und schon diese Regelmäßigkeit war mehr, als viele Bauern und Handwerker und Tagelöhner vorweisen konnten. Er wurde außerdem auch gut bezahlt. Und er genoss hohes Ansehen. Beamter zu sein war so gut wie Arzt zu sein, und die Familie war stolz auf ihren Vater, Sohn, Bruder. Das waren so viele Vorteile, dass kein halbwegs geistig gesunder Mensch sie wegen eines kleinen Vorteils nebenher riskiert hätte– das ist die simple, schlichte Wahrheit hinter dem Beamtenethos und der Unbestechlichkeit. Und die Frage ist: Was passiert, wenn man jemandem all diese Vorteile wegnimmt? Dann passieren Geschichten wie die Geschichte von Herbert.
    Herbert war ein Polizist aus Erfurt. Am Frankfurter Flughafen sind viele Polizisten aus Erfurt und generell aus dem Osten Deutschlands. Nicht aus Begeisterung, sie müssen da arbeiten, weil sie erst ab einer gewissen Mindesteinsatzzeit das Recht haben, heimatnah eingesetzt zu werden. Mir hat mal ein Polizist gesagt, dass er erst fünf Jahre am Frankfurter Flughafen abzuleisten hat, bevor er mit einem Job bei sich zu Hause in Thüringen rechnen kann. Fünf Jahre am Flughafen– so was verstärkt natürlich die Dankbarkeit gegenüber dem Arbeitgeber ungemein.
    Herbert war ein gemütlicher Dicker und unser Chef. Alle Polizisten sind unsere Chefs, denn wir arbeiten ja im Auftrag der Bundespolizei. Und Herbert erzählte uns, was er so in den nächsten Tagen vorhatte, da hatte er nämlich frei. Seine freien Tage verbrachte Herbert nicht bei seiner Familie, sondern auf einer Baustelle, Schlitze schlagen. Für Nichtfachleute: Herbert jobbte schwarz und schlug bei Neubauten lange Kanäle in die Wand, in die man dann die Stromkabel verlegen konnte. Einer von vielen Jobs, die man so nebenher machen kann, nicht schlimmer als andere.
    Dann kam ein englischer Passagier zu uns. Er war Bauarbeiter auf Montage und wollte nach Hause. In seinem Gepäck hatte er eine Hilti-Schlagbohrmaschine. Das ist der Porsche der Schlagbohrmaschinen, da kriegen Hand- und Heimwerker feuchte Augen, kostet 750 Euro, locker das Zehnfache irgendeiner 08/15-Maschine. Und wir mussten sie ihm abnehmen. Werkzeug mitzunehmen ist verboten, auch wenn der Zugang zu 230-Volt-Steckdosen im Flugzeug deutlich beschränkt ist. Die Hilti blieb also vorerst bei uns, nach Ende der Schicht hatten wir sie dem Einsatzleiter zu übergeben. Es sei denn, unser Chef sagte was anderes. Was er in diesem Fall auch tat. Der Freizeit-Schlitzeschläger Herbert sagte lässig: » Ich bring die schon mal weg«, nahm das Köfferchen und verschwand. Die Hilti ist natürlich nie wieder aufgetaucht. Ärger gab’s deswegen nicht. Wer hätte den auch machen sollen?
    Denn jeder Kopf hat seinen Preis, und bei uns gibt es niemanden, der nicht schon mal schwach geworden wäre. Ich bin da natürlich keine Ausnahme. Allerdings nicht bei einer Hilti und auch nicht bei Spirituosen. Das finden andere vielleicht reizvoll. Ich hingegen bin eher anfällig für Zigaretten.
    Ich war allein an einer Transitkontrollstelle, wir waren mit der Kontrolle fertig, ich habe nur nochmal zum Abschluss nachgesehen, ob

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