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"Die Bombe is' eh im Koffer"

"Die Bombe is' eh im Koffer"

Titel: "Die Bombe is' eh im Koffer" Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Lucchesi
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können, die auf der Flucht sind. Brot, also: mehrere Schichten somalisches Fladenbrot, und mehrere Liter Wasser. Die Flaschen waren ausgelaufen, das Brot hatte sich vollgesogen, und obwohl inzwischen Wasser und Brot völlig unbrauchbar waren, hatten die zwei es nicht über sich gebracht, den Matsch zu entsorgen.
    Ich schob die Masse zur Seite, um die Untersuchung abzuschließen. Weshalb ich nochmal fündig wurde. Ich entdeckte ein Messer mit Holzgriff. Nichts Dramatisches, nicht gefährlicher als das Modell, das auch Großväter ihren Enkeln schenken, sagen wir: vor der ersten Wanderung. Aber die verrostete Klinge war über zwölf Zentimeter lang, und so mussten wir es ihnen abnehmen.
    Und die beiden standen einfach nur da und haben geweint.
    Ich stand hinter meinem Nachschautisch, mit dem Messer in der Hand, es schnürte mir den Hals zu. Ich sagte mir immer wieder, dass sie dort, wo sie jetzt hinflogen, in Sicherheit sein würden.
    Und mir war plötzlich genauso klar, dass dort, wo sie herkamen, vermutlich noch eine Menge Leute versuchten, sich irgendwohin in Sicherheit zu bringen. Die hastig etwas Fladenbrot einpackten und Wasser, und die wohl von Glück sagen konnten, wenn ihnen wenigstens die Flaschen nicht ausliefen.

Shopping
    Der Flughafen ist ein Einkaufsparadies. 24 Stunden am Tag geöffnet, sieben Tage die Woche, 365 Tage im Jahr. Es gibt nichts, was man am Frankfurter Flughafen nicht kaufen kann. Dicke Zigarren, sündteuren Schmuck, jahrhundertealte Weine, und wenn einige sich denken: » Was soll’s, ich bleib doch damit sowieso an der Handgepäckkontrolle hängen!«, dann gibt’s jetzt gute Neuigkeiten: Im Angebot ist natürlich auch der eine oder andere Kontrolleur.
    Bitte?
    Wieso ich das hier so einfach verrate?
    Komisch.
    Ich hätte wetten können, Sie wollen wissen, wie man das macht. Wie man einen Kontrolleur kauft. Na ja, vielleicht später.
    Also gut: Warum kann ich das hier einfach verraten?
    Weil es für die Personalchefs am Flughafen überhaupt keinen Sinn machen würde, mich zu fragen, wer nun von meinen Kollegen Geld genommen hat und wer nicht. Wer Zigaretten eingesteckt hat oder nicht. Klar, sie könnten die Leute ausfindig machen und bestrafen, sie anzeigen– aber die Leute, die in den Tagen darauf eingestellt würden, würden genauso handeln. Jeder Kopf hat seinen Preis, und dieser Preis ist ganz schön gesunken. Die Personalchefs und Flughafenbarone müssen das am besten wissen, denn die haben den Preis schließlich so schön gedrückt.
    Es gab mal eine Zeit, da wurde man bei den Sicherheitsdiensten der Fraport-Töchter ganz gut bezahlt. Wer lange genug dabei war, die Angestellten der ersten Stunde sozusagen, der erhielt inzwischen Stundenlöhne von fünfzehn, zwanzig Euro. Das ist lange her. Ich habe noch ein paar von diesen Leuten gekannt, bevor man sie mit Abfindungen aus ihren unbefristeten Verträgen herausgekauft hat. Der letzte war ein Mann, Mitte, Ende vierzig, der mir mehrfach berichtete, was er jetzt wieder für ein verlockendes Angebot bekommen hätte, damit er endlich einwilligte. Die Leute, die danach kamen, Leute wie ich, verdienten pro Stunde zwischen acht und zehn Euro, inzwischen sind es knapp über zehn Euro. Das sind im Monat höchstens, allerhöchstens 2000 Euro brutto.
    Das ist ein Gehalt, mit dem man als Familienvater nur schwer über die Runden kommt, das gilt nicht nur für Sicherheitsleute wie Luftassis. Die Polizisten, die ich kenne, einfache Dienstgrade, wie sie für die alltägliche Sicherheit zuständig sind, verdienen auch nicht viel mehr. Und teilweise dürfen sie davon auch noch ihre eigene Ausrüstung bezahlen. Das ist wirklich wahr: schusssichere Westen zum Beispiel. Vom Staat gibt es nur die Uraltmodelle, tonnenschwer und steif wie Hemdkragen. Ich hab mir mal aus Neugier so eine Weste dreißig Minuten lang umgehängt, da kriegt man weiche Knie. Wenn ein Polizist eine schusssichere Weste möchte, mit der er sich ducken kann oder am Ende gar jemanden verfolgen, dann muss er sie selbst kaufen, rund 1000 Euro sind da schnell weg. Es ist kein Wunder, dass die meisten Polizisten genauso Nebenjobs haben wie die Luftassis. Sie arbeiten bei Sicherheitsdiensten, jobben als Taxifahrer oder fahren Mietwagen für Hertz oder Avis wieder zu den Ursprungsstationen. Ist ja klar, wenn irgendwer bei Limburg einen Wagen mietet und damit zum Flughafen fährt, muss der Wagen auch irgendwann wieder zurück. Das macht dann mitunter schon mal der Herr Wachtmeister nach

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