Die Botin des Koenigs reiter2
Augenblick inne und eilte dann an Lils Seite. Er fiel neben dem Bett auf die Knie, nahm Lils Hand und hielt sie an seine Wange.
»Sagt mir die Wahrheit«, forderte er dann. »Haltet nichts zurück.«
Der Heiler und der Reiter wechselten einen Blick, und schließlich sagte der Heiler: »Wir konnten das Kind nicht retten. Die Frauen … bereiten ihn für die Rituale vor.«
Der König schloss die Augen und drückte Lils Hand. »Rituale«, murmelte er. »Geburts- und Sterberituale für meinen kleinen Jungen.« Dann warf er dem Heiler einen scharfen Blick zu. »Was noch?«
»Wir – wir haben all unsere begabten Heiler und alle Fähigkeiten genutzt, um ihr zu helfen. Sie ist sehr schwach, Mylord, dem Tod sehr nahe. Die Fehlgeburt und die Pfeilwunde … Sie hat viel Blut verloren, und ich fürchte, die Wunde hat sich entzündet. Ich habe …« Der Heiler befeuchtete sich die Lippen und musste sich beträchtlich anstrengen, die nächsten Worte hervorzubringen. »Ich habe einen Trank vorbereitet, um ihr die Reise in Aerycs Arme zu erleichtern, wenn Ihr das befehlt. Es würde sie von ihren Schmerzen erlösen.«
Der König schauderte.
Nein!, schrie Karigan.
Lil murmelte etwas und drehte den Kopf. Sie öffnete die Augen.
Karigan konnte diese kränkliche, fiebernde Frau nicht mit der Lil Ambrioth in Einklang bringen, die sie kennengelernt hatte. Dieses Geschöpf hier im Bett war nur ein blasser Abglanz des Ersten Reiters, der Heldin des Langen Krieges, der mächtigen Anführerin.
Lil sah Jonaeus an, der weinend neben ihr stand.
»Liebster …«, murmelte sie. Erschöpft vom Sprechen schloss sie die Augen. Als sie sie wieder öffnete, fiel ihr Blick auf Karigan. »Bist du hier, um mich zu den Göttern zu bringen? «
Die anderen wechselten Blicke, murmelten etwas über Delirium.
Rauschende Flügelschläge ertönten, ein Geräusch, das kein lebender Sterblicher jemals vernehmen sollte – die Flügelschläge von Westrion, dem Vogelmann, dem Gott der Toten. Nur Karigan und Lil konnten sie hören.
NEIN!
Lil blinzelte sie an.
Nein, sagte Karigan. Ich dachte … Sie hätte sich nie vorstellen können, den Ersten Reiter so sterben zu sehen; vielleicht ruhmreich in einer Schlacht, aber nicht in einem Krankenzimmer, nicht im Kindbett …
Breckett brachte einen Mondpriester ins Zimmer, der begann, am Fußende des Bettes Worte der Schrift zu murmeln.
»Kein Kind«, keuchte Lil. »Kein Erbe …«
Der König bedeutete ihr zu schweigen, um ihre Kraft zu sparen.
»Delirium«, erklärte der Heiler.
Karigan wusste, dass Lil nicht delirierte. Sie trauerte. Sie berührte ihre Brosche und spürte eine schwache Resonanz darin. Du hast etwas Großartiges hinterlassen, sagte sie zu Lil. Ich bin dein Erbe, ebenso wie alle anderen Grünen Reiter in jeder Generation, bis tausend Jahre in die Zukunft.
Karigan erzählte ihr, dass die Reiter während des Langen Krieges für den Sieg der Liga unerlässlich gewesen waren. Sie erzählte davon, wie Lil noch tausend Jahres später als Heldin gefeiert wurde und sowohl Reiter als auch Nichtreiter inspirierte. Sie erzählte von anderen mutigen Reitern, die auf ihren Spuren gewandelt waren und geholfen hatten, die Tyrannei zu bekämpfen.
Als Westrions Flügelschläge drohten, ihre Stimme zu übertönen, schrie sie, um sich verständlich zu machen.
Wir existieren seit tausend Jahren, und das ist dein Verdienst!
Lils Miene wurde bei diesen Worten friedlich. »Dann ist es gut …«
Ihr Geist begann sich vom Körper zu trennen und schwebte nach oben. Karigan wurde unruhig, plötzlich besessen von dem Gedanken, dass alles, was sie beschrieben hatte, nicht geschehen würde, wenn Lil nun davonglitt.
Der Schatten von Westrions Flügeln senkte sich über sie. Nein!, rief Karigan. Bitte! Die Reiter brauchen dich immer noch – ohne dich ist alles verloren!
Lils Geist verharrte wie unentschlossen. Der Priester rezitierte die Worte des Sterberituals. Der König sprach leise mit Lil, aber Karigan konnte über die Flügelschläge hinweg seine Worte nicht hören. Der Heiler goss einen Trank in einen Kelch.
Karigan konnte nicht zulassen, dass sie sie vergifteten. Sie warf sich nach vorn und versuchte, dem Heiler den Kelch aus der Hand zu stoßen, aber ihre Hände gingen durch seine Handgelenke hindurch.
Das darf nicht sein!
Sie erinnerte sich, wie es gewesen war, als sie beim letzten Mal in die Vergangenheit gereist war, erinnerte sich, dass sie erfolgreich ein Schwert aus dieser Zeit geschwungen
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