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Die Botschaft Der Novizin

Die Botschaft Der Novizin

Titel: Die Botschaft Der Novizin Kostenlos Bücher Online Lesen
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Krümmung, wie ein in sich gewundenes Kreuz, erschien ihr bemerkenswertund in jeder Hinsicht ungewöhnlich. Mit den Fingerspitzen fuhr sie den Schaft entlang. Für einen Türschlüssel war er eigentlich zu klein. Das Schloss wäre demnach winzig und könnte leicht von Hand aufgebrochen werden. Sie strich die Riefen entlang, die sich am Schaft befanden, und stutzte. Natürlich. Hatte sie sich nicht vorgenommen, diese Zeichen zu studieren? Sie nahm eine Kerze vom Pult, entzündete sie am Ewigen Licht und hielt die Flamme nahe an den Schlüssel. Die Stelle, die sie erfühlt hatte, war leicht erhöht und mit Fett und Ruß überdeckt, die mit den Jahren eine Deckschicht gebildet hatten. Vorsichtig kratzte sie mit dem Fingernagel darüber – und tatsächlich ließ sich diese Schicht abschaben. Darunter zum Vorschein kam eine Einlegearbeit, die in Gold ausgeführt war. Die dunkle Patina war entweder künstlich darübergelegt worden oder hatte sich in der Ascheschütte des Brotbackofens im Laufe der Jahre gebildet. Je länger und heftiger sie mit dem Nagel ihres Daumen schabte, desto deutlicher erschienen vier Buchstaben. Sie drehte und wendete den Schaft, bis die Buchstaben so lagen, dass sie von oben nach unten eine Zeichenfolge bildeten:
I
    N
R
I
     
    Natürlich kannte sie die Zeichen. Sie fanden sich auf dem Schild über dem Kreuz Jesu: I esus N azarenus R ex I udaeorum . Jesus von Nazareth, König der Juden.
    Doch was um alles in der Welt hatte diese Inschrift auf einem Schlüssel zu suchen? Einem Schlüssel wofür? Welche Bedeutung kam diesen Zeichen zu?
    Sie drehte den Schlüssel hin und her – und steckte ihn weg. Sie wollte keine Zeit mehr verlieren. Sie sah auf – und erschrak beinahe zu Tode. Unter der Türschwelle stand Padre Antonio.
    »Was macht Ihr hier? Ihr dürft nicht allein durchs Kloster gehen!«, fuhr sie den Geistlichen an. »Es ist schließlich ein Frauenkonvent.«
    »Ich wollte mit Euch reden«, entgegnete der Pater ungerührt und bewegte sich nicht von der Stelle. »Ungestört.« Misstrauisch musterte Isabella den Mann. »Wie habt Ihr meine Zelle gefunden?«
    »Das war nicht allzu schwer. Sagtet Ihr nicht, Ihr hättet die Klause direkt neben der Suor Marias erhalten?« Der Pater grinste. »Was habt Ihr eben eingesteckt? Sah das nicht aus wie ein Schlüssel?«
    Isabella stockte das Herz. Wie lange hatte der Pater bereits auf der Türschwelle gestanden? Was hatte er beobachten können? »Der Schlüssel zum Wohnhaus meines Vaters «, sagte sie und klopfte leichthin gegen ihre Innentasche. Nächstens würde sie diese Notlüge beichten müssen.
    Der Pater trat einen Schritt in den Raum hinein und ließ die Tür hinter sich zufallen.
    »Wagt es nicht«, zischte Isabella. »Es ist verboten, Männerbesuche in den Zellen zu empfangen!«
    »Ihr habt Andeutungen gemacht, den Tod Eurer Tante betreffend«, begann Padre Antonio. »Sie sei keines natürlichen Todes gestorben. Gesehen habe ich sie bislang nicht. Wo hält man sie verborgen?«
    Isabella setzte sich kerzengerade auf ihre Pritsche und winkte den Pater näher heran. Sollten die Nonnen denken, was sie wollten. »Nicht so laut. Diese Wände haben Ohren. Alles wird hier davongetragen, als gäbe es einen eigenen Wind in diesen Mauern, der um die Ecken zieht und sammelt.« Der Pater hob die Augenbrauen. »So hat es mir meine Tante erzählt. Im Eingangsbereich besitzt der Gang Deckenöffnungen, durch die man in den dahinterliegenden Zimmern alles belauschen kann. Vermutlich ist es hier ebenso.« Sie senkte ihre Stimme, holte kurz Luft und flüsterte: »Sie liegt in der hinteren Kapelle.«
    Padre Antonio blieb stehen. Weit genug von Isabella entfernt, damit ein zufälliger Beobachter oder Besucher keine verfänglichen Gedanken entwickeln konnte.
    »Die Äbtissin bat mich, Suor Maria den letzten Segen zu geben. Ich dachte, bei dieser Gelegenheit spreche ich sie auf Suor Francesca an.«
    »Tut es nicht. Bitte! Ihr bringt mich in Gefahr; denn wer sollte sonst davon wissen? Ich war mit Suor Maria dort. Aber wenn Ihr nach meiner Tante sucht und sie seht, achtet auf die Striemen am Hals. Es sind Würgemale. Ich hätte gern«, Isabella wurde zusehends leiser, »dass Ihr mir die Beobachtung bestätigt oder sie als Hirngespinst eines überreizten Geistes entlarvt.«
    Sie sprach eine Vermutung aus, die sie seit langem umtrieb. Womöglich hatte sie einfach gesehen, was sie hatte sehen wollen.
    »Was geht hier vor?«, flüsterte der Pater. »Was geschieht hier in diesen

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