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Die Botschaft des Feuers

Die Botschaft des Feuers

Titel: Die Botschaft des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Neville Charlotte Breuer Norbert Moellemann
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dass wir zuallererst ein paar Dinge entschlüsseln«, fauchte ich und versuchte, mich aus meiner Lethargie zu reißen. »Was sollen denn deine lange unterdrückten Gefühle für meine Mutter mit ihrem Verschwinden zu tun haben, geschweige denn mit dem Schachbrett oder mit dem Spiel?«
    »Nach meinem unaufgeforderten Geständnis hast du das Recht, mich alles zu fragen. Und ich hoffe sogar, du wirst es tun«, erwiderte mein Onkel. »Als mein Päckchen mit der Zeichnung des Schachbretts bei Kat eingetroffen ist - das letzte Stück des Rätsels fehlte -, muss sie auf der Stelle begriffen haben, dass das Spiel erneut begonnen hat. Anstatt sich jedoch mit einem erfahrenen Kryptologen wie mir zu beraten, wie ich gehofft und erwartet hatte, kündigt sie diese wahnsinnige Party an und verschwindet!«
    Das erklärte vielleicht, warum mein Onkel mir seine Gefühle gestanden hatte - warum er meiner Mutter das Päckchen ohne viel Aufhebens geschickt hatte. Offenbar hoffte er immer noch, selbst zehn Jahre nach dem Tod meines Vaters, ihr Berater und Vertrauter werden zu können - und vielleicht sogar mehr.

    Oder sollte es etwa einen Grund geben, warum sie sich nicht an ihn gewandt hatte?
    »Nach Saschas Tod«, sagte Nim, der meine Gedanken erriet, »hat Kat mir nie wieder vertraut - keinem von uns. Sie hatte das Gefühl, wir alle hätten sie, deinen Vater und vor allem dich verraten. Deshalb ist sie mit dir fortgegangen.«
    »Auf welche Weise habt ihr mich denn verraten?«, fragte ich.
    Doch plötzlich kannte ich die Antwort. Es hatte mit Schach zu tun.
    »Ich erinnere mich noch an den Tag, als es geschah, den Tag, als sie angefangen hat, sich von uns zurückzuziehen. Es war der Tag, an dem wir begriffen, was für ein bemerkenswertes kleines Geschöpf wir in unserer Mitte hatten«, sagte Nim lächelnd. »Aber lass uns ein bisschen gehen, während ich dir weitererzähle, dann wird uns warm.«
    Er stand auf, nahm meine Hand, zog mich auf die Füße und verstaute meine Suppentasse samt Löffel in der Tasche seines Trenchcoats.
    »Du warst erst drei Jahre alt«, sagte er. »Wir waren bei mir zu Hause in Montauk Point auf Long Island - alle zusammen, wie so oft an Sommerwochenenden. Es war der Tag, als wir entdeckten, mein liebes Mädchen, wer und was du wirklich bist. Es war der Tag, an dem unsere Entfremdung von deiner Mutter begann.«
    Wir überquerten die Brücke nach Virginia, als die neblige Nacht allmählich in rosafarbene Morgendämmerung überging. Und Ladislaus Nim begann mit seiner Geschichte …

DIE GESCHICHTE DES KRYPTOLOGEN
    Der Himmel war blau und das Gras grün. Die Fontäne des Springbrunnens klatschte in den Teich am Rand des Rasens, und jenseits des halbmondförmigen Strands tanzten kleine Schaumkronen auf den Wellen des Atlantischen Ozeans. Deine Mutter schwamm ihre Bahnen und glitt geschmeidig wie ein Delfin durchs Wasser.
    Auf dem Rasen saßen Lily Rad und dein Vater in weißen Korbsesseln, neben sich einen Krug Limettensaft mit Eiswürfeln und dazu zwei eisgekühlte Gläser. Sie spielten Schach.
    Sascha, dein Vater - der wunderbare Großmeister Alexander Solarin -, hatte die Teilnahme an Schachturnieren aufgegeben, kurz nachdem er nach Amerika gekommen war. Aber er brauchte einen Job. Ich wusste von einer besonderen gesetzlichen Regelung, die Leuten mit guten Physikkenntnissen, wie sie zum Beispiel dein Vater besaß, eine schnelle Einbürgerung ermöglichte.
    Sobald es sich machen ließ, nahmen deine Eltern gut bezahlte, aber unauffällige Jobs bei der US-Regierung an. Dann wurdest du geboren. Kat hielt Schachturniere für zu gefährlich, vor allem, wo sie jetzt ein Kind hatten. Sascha teilte ihre Meinung, blieb jedoch weiterhin Lilys Trainer und arbeitete mit ihr an den Wochenenden, so wie auch an jenem Tag.
    Du warst schon immer fasziniert vom Schachbrett, diesen kleinen schwarzen und weißen Figuren auf den schwarzen und weißen Feldern. Manchmal hast du dir sogar eine Figur in den Mund gesteckt und bist damit herumstolziert.
    An jenem Tag tobtest du gerade auf dem Rasen herum, als die beiden mit ihrem Spiel begannen. Ich hatte meinen Stuhl herangezogen, um sowohl bei der Schachpartie als auch deiner Mutter beim Schwimmen zusehen zu können. Alexander und
Lily waren so ins Spiel vertieft, dass dir niemand große Beachtung geschenkt hat, als du an den Tisch gekommen bist und mit deinen großen grünen Augen das Spiel verfolgt hast.
    Ich kann mich noch schwach erinnern, dass in diesem Augenblick gerade Zug 32

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