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Die Botschaft des Feuers

Die Botschaft des Feuers

Titel: Die Botschaft des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Neville Charlotte Breuer Norbert Moellemann
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der Nimzowitsch-Indischen Verteidigung gespielt wurde. Lily, die Weiß zog, hatte sich irgendwie in eine aussichtslose Position manövriert. Dein Vater hätte sich aus einer ähnlichen Lage befreien können, aber sie wusste offenbar nicht mehr vor und zurück.
    Sie hatte gerade im Scherz zu mir gesagt, wenn ich ihr einen frischen Limettensaft kredenzte, würde sie das sicherlich auf neue Ideen bringen, als du plötzlich dein Patschhändchen ausgestreckt und ihr Pferd vom Brett genommen hast. Und zu meiner völligen Verblüffung hast du es dann wieder so abgesetzt, dass es dem König deines Vaters Schach bot!
    Uns allen verschlug es die Sprache, als wir begriffen, was soeben vorgefallen war. Während uns nach und nach dämmerte, welche langfristigen Auswirkungen ein solches Ereignis haben könnte, stieg die Anspannung um das Schachbrett herum wie in einem Dampfdrucktopf.
    »Kat wird stinksauer sein«, flüsterte Sascha schließlich.
    »Aber es ist unfassbar«, stieß Lily zwischen den Zähnen hervor. »Was ist, wenn es kein Zufall war? Was ist, wenn sie tatsächlich ein Wunderkind ist?«
    »Bin kein Murmeltier, bin Alexandra«, verkündetest du mit Nachdruck.
    Alle mussten lachen. Dein Vater hob dich hoch und nahm dich auf den Schoß.
    Als Sascha und Lily Stunden später wie nach jeder Trainingseinheit das Spiel noch einmal rekonstruierten, wurde ihnen klar, dass der Zug der dreijährigen Alexandra der einzige Zug war, mit dem Lily noch ein Remis erreichen konnte.

    Die Büchse der Pandora war geöffnet worden. Und es gab keine Möglichkeit mehr, sie wieder zu schließen.

    Nim holte tief Luft und schaute mich im ersten Licht der Dämmerung an. Mittlerweile hatten wir den Stadtteil Rosslyn am anderen Ende der Brücke erreicht und befanden uns in Virginia. Die menschenleeren Bürotürme ragten dunkel in den grauen Himmel. Ich musste unbedingt nach Hause und ins Bett, egal, wie aufgekratzt ich war. Aber mein Onkel war noch nicht fertig.
    »Kat kam aus dem Wasser«, sagte er. »Sie rieb sich den Sand von den Füßen und trocknete sich die Haare an ihrem Frotteemantel ab. Dann bemerkte sie, dass wir alle auf dem Rasen um das Schachbrett herumsaßen und dass du - ihre unschuldige Tochter auf dem Schoß ihres Vaters - eine Schachfigur in der Hand hieltst.
    Keiner brauchte etwas zu sagen - Kat wusste sofort Bescheid. Sie machte auf dem Absatz kehrt und ging wortlos davon. Sie hat uns nie verziehen, dass wir dich in das Spiel hineingezogen haben.«
    Schließlich schwieg Nim. Ich hatte das Gefühl, dass es an der Zeit war, seinen Bericht zu unterbrechen oder zumindest zurückzukehren, damit wir nicht die ganze Nacht hier draußen verbrachten.
    »Was ich von dir und Tante Lily über das Spiel erfahren habe«, sagte ich, »erklärt zwar, warum meine Mutter keinem von euch mehr vertraute und warum sie solche Angst um mich hatte. Aber es erklärt noch nicht die Party und auch nicht ihr Verschwinden.«
    »Das war nicht alles«, erwiderte Nim.
    Was war nicht alles?

    »Das war nicht alles, was sich in dem Päckchen befand, das ich Kat geschickt habe«, fuhr er fort. Er hatte erneut meine Gedanken gelesen. »Dieses Kärtchen, das du gefunden hast - mit dem Bild eines Phönix auf der einen und eines Feuervogels auf der anderen Seite und einigen Worten auf Russisch. Fast wie eine Visitenkarte, von der irgendjemand dachte, ich würde sie erkennen. Aber obwohl das über meinen Horizont ging, gibt es da noch etwas anderes, das ich dir zeigen muss …« Er beäugte mich misstrauisch. »Was zum Teufel ist denn jetzt los?«
    Wahrscheinlich sah ich aus, als würde ich jeden Moment in Ohnmacht fallen, was allerdings nicht am Mangel an Essen oder Schlaf lag. Was ich da hörte, war einfach nicht zu fassen. Ich zog die Karte aus meiner Hosentasche und reichte sie meinem Onkel.
    »›Gefahr - Hüte dich vor dem Feuer‹«, sagte ich zu ihm. »Vielleicht hat es ja für dich keine Bedeutung, aber ich kann dir sagen, was es für mich bedeutet. Diese Karte wurde mir zugesteckt, und zwar unmittelbar bevor mein Vater starb. Wo hast du sie her?«
    Er senkte den Kopf, um die Karte lange und eingehend zu betrachten. Dann sah er mich mit einem merkwürdigen Gesichtsausdruck an und gab sie mir zurück.
    »Ich muss dir etwas zeigen.«
    Er langte in seine Manteltasche und nahm ein kleines Lederetui von der Größe einer Brieftasche heraus, ganz vorsichtig, als handelte es sich um eine Reliquie. Dann öffnete er meine Hände, legte das Etui hinein und umschloss

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