Die Bourne Intrige
ja er wünschte sich, er hätte nie von ihm gewusst – und doch hatte er ihn in all den Jahren, die er ihn nun besaß, nicht ein einziges Mal abgenommen. Es war, als wäre Holly mit dem Ring verschmolzen, als wäre – allen Gesetzen der Biologie, der Physik oder sonst einer Wissenschaft zum Trotz – ihr Wesen auf den Ring übergegangen. Er betrachtete ihn erneut. Dass ein so kleines Ding ihn so in seinem Bann halten konnte.
Er fühlte sich fiebrig, als würde der Virus sich weiter in ihm ausbreiten und seine Krankheit sich dem Endstadium nähern. Er betrachtete das Bardem-Programm, aber ohne die gewohnte Konzentration. Eines solltest du dir merken, Kumpel , hatte Liss zu ihm gesagt. Es kommt verdammt oft vor, dass die Frauen der Untergang der Männer sind .
Musste denn immer alles in die Brüche gehen? Musste man am Ende immer etwas verlieren? Er schob den Laptop beiseite, stand auf und schritt aus dem Zelt in die fremde Atmosphäre des Iran hinaus. Die stähler nen Spinnennetze der Fördertürme umgaben das Gebiet wie Gefängnistürme. Das gleichmäßige Geräusch der Förderpumpen erfüllte die ölgeschwängerte Luft – wie ein Brummen von mechanischen Tieren, die in ihren Käfigen auf und ab liefen. Hin und wieder war das Quietschen und Scheppern von alten Lastwagen zu hören, die schlecht gewartetes Gerät hin und her beförderten. Und über allem lag der durchdringende Geruch des Rohöls.
Doch plötzlich wurden die gewohnten Geräusche vom Dröhnen von Flugzeugtriebwerken übertönt, als die Air-Africa-Maschine wie ein silbernes Rohr vor dem wolkigen blauen Himmel auftauchte. Arkadin und seine Männer würden in wenigen Augenblicken landen. Bald würde die Luft erfüllt sein von Gewehrfeuer, Explosionen und Granatsplittern.
Es war Zeit, sich an die Arbeit zu machen.
»Das ist jetzt ein Witz, oder?«, sagte Peter Marks, als er mit Willard das mexikanische Restaurant betrat und den Mann allein ganz hinten sitzen sah. Außer ihm waren Marks und Willard die einzigen Gäste. Es roch nach fermentiertem Mais und verschüttetem Bier.
»Ich mache keine Witze«, antwortete Willard.
»Das ist doch Wahnsinn, vor allem in dieser Situation.«
»Ich glaube nicht, dass dir etwas Besseres einfällt«, erwiderte Willard mit einiger Schärfe. »Im Moment können wir’s uns nun mal nicht aussuchen.«
Sie befanden sich in einer Gegend von Virginia, die Marks nicht kannte. Er hätte nicht gedacht, dass ein mexikanisches Restaurant zur Frühstückszeit offen haben würde. Der Mann, der allein da saß, trug einen maßgeschneiderten dunkelblauen Anzug, ein blassblaues Hemd und eine marineblaue Krawatte mit weißen Tupfen. Am Revers auf der linken Seite war eine kleine amerikanische Fahne aus Email angesteckt. Er trank etwas aus einem hohen Glas, aus dem oben ein grüner Zweig hervorguckte. Marks hätte getippt, dass es ein Mint-Julep war – nur war jetzt, um halb acht Uhr morgens, eine etwas ungewöhnliche Zeit für etwas Alkoholisches.
Trotz Willards Drängen sträubte sich Marks sichtlich. »Dieser Mann ist der Feind, für uns vom Geheimdienst so was wie der Antichrist. Seine Firma setzt sich über alle Gesetze hinweg und macht alles, was wir nicht tun können – und damit verdienen sie auch noch unanständig viel Geld. Während wir in unseren muffigen Büros schuften, kauft der sich locker einen Gulfstream-Jet nach dem anderen.« Er schüttelte trotzig den Kopf. »Also wirklich, Freddy, ich glaub nicht, dass ich das kann.«
»Hast du nicht selbst gesagt, es ist dir egal, welchen Weg wir einschlagen – wenn am Ende der Drahtzieher erledigt ist?« Willard lächelte einnehmend. »Willst du diesen Krieg gewinnen, oder willst du zusehen, wie der Traum des Alten von der NSA zertrampelt wird? Ich könnte mir vorstellen, dass dir ein wenig frische Luft guttäte, nachdem du, wie du gesagt hast, immer im muffigen Büro schuften musst. Komm schon. Es mag ja ein kleiner Schock sein – aber so schlimm wird’s schon nicht werden.«
»Versprichst du mir das, Daddy?«
Willard lachte leise. »So gefällst du mir.«
Er nahm Marks’ Arm und geleitete ihn über den Linoleumboden. Als sie zu der Sitzbank ganz hinten kamen, sah der Mann sie prüfend an. Mit seinen dunklen gewellten Haaren, der breiten Stirn und dem markanten Gesicht sah er aus wie ein Filmstar; Marks musste unwillkürlich an Robert Forster denken, es gab aber noch ein paar andere, mit denen er eine gewisse Ähnlichkeit aufwies.
»Guten Morgen, Gentlemen. Nehmen
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