Die Bourne Intrige
war. Beim Doppel-Ikat wurde das Muster schon vor dem Weben in das Garn gefärbt; bei diesem Verfahren wurden sowohl Schuss- als auch Kettfäden abgebunden und eingefärbt. Das Doppel-Ikat hatte in jedem Haus in Bali einen Ehrenplatz an der Wand.
»Ja«, hatte Bourne geantwortet. »Es gefällt mir sehr.«
Das war, kurz bevor er sich der ersten Operation unterzog.
»Suparwita hat gemeint, dass ich dir unbedingt ein Doppel-Ikat-Tuch bringen muss.« Sie beugte sich zu ihm hinunter. »Es ist heilig, Jason, erinnerst du dich noch? Brahma, Vishnu und Shiva werden dich gemeinsam vor allem Bösen und vor Krankheiten beschützen. Ich werde dafür sorgen, dass es immer in deiner Nähe ist.«
Kurz bevor Dr. Firth ihn ins Operationszimmer schob, flüsterte sie ihm ins Ohr: »Du wirst wieder gesund, Jason. Du hast den Kencur-Tee getrunken.«
Kencur , dachte Bourne, als Firth sich anschickte, ihn in Narkose zu versetzen. Die Auferstehungslilie .
Er träumte von einem Tempel hoch in den Bergen Balis, während Benjamin Firth ihn aufschnitt, ohne große Hoffnung, dass sein Patient überleben würde. Durch die geschnitzten roten Tore des Tempels sah er den kegelförmigen Gunung Agung blau und majestätisch in den gelben Himmel ragen. Er blickte aus großer Höhe auf das Tor hinunter, und als er sich umsah, erkannte er, dass er auf der obersten Stufe einer steilen Treppe stand, die von sechs riesigen steinernen Schlangen flankiert wurde, die die Treppe zu bewachen schienen.
Als Bournes Blick wieder zum Tor und dem heiligen Vulkan schweifte, sah er eine Gestalt vor dem Berg, und sein Herz begann heftig zu pochen. Die untergehende Sonne schien ihm ins Gesicht, und er schirmte die Augen mit einer Hand ab, um die Gestalt erkennen zu können, die sich ihm nun zuwandte. Schmerz und Freude stiegen gleichzeitig in ihm hoch.
Genau in diesem Augenblick fiel Dr. Firth die ungewöhnliche Form von Bournes Herz auf, und er machte sich eifrig an die Arbeit, in dem Wissen, dass er nun eine reelle Chance hatte, Bourne zu retten.
Mehr als vier Stunden später rollte Firth – erschöpft, aber zufrieden – den Patienten in den Erholungsraum bei der Praxis, der für die nächsten sechs Wochen Bournes Zuhause werden sollte.
Moira wartete auf sie. Ihr Gesicht war bleich, ihre Emotionen hatten sich tief in ihr Inneres zurückgezogen, wie ein Knoten in ihrer Magengrube.
»Wird er’s schaffen?«, brachte sie mühsam hervor. »Bitte, sagen Sie, dass er’s schaffen wird.«
Firth setzte sich müde auf einen Leinen-Klappstuhl und zog die blutigen Handschuhe aus. »Die Kugel ist sauber durch ihn durchgegangen, und das ist gut, weil ich sie nicht rausholen musste. Nach meiner Einschätzung wird er durchkommen, Miss Trevor, mit dem kleinen, aber wichtigen Vorbehalt, dass nichts im Leben sicher ist, schon gar nicht in der Medizin.«
Während Firth den ersten Schluck Arak an diesem Tag zu sich nahm, ging Moira mit einer Mischung aus Freude und Beklommenheit zu Bourne hinüber. Sie hatte in den vergangenen viereinhalb Stunden solche Angst um ihn gehabt, dass ihr das Herz genauso wehgetan hatte, wie es ihm wahrscheinlich wehtat. Sie sah auf sein fast blutleeres, aber friedliches Gesicht hinunter, nahm seine Hand in die ihre und drückte sie fest, um den Körperkontakt zwischen ihnen wiederherzustellen.
»Jason«, sagte sie.
»Er steht immer noch unter Narkose«, hörte sie Firth wie aus weiter Ferne sagen. »Er kann Sie nicht hören.«
Moira ignorierte ihn. Sie versuchte, nicht an das Loch in Bournes Brust unter dem Verband zu denken, doch es gelang ihr nicht. Ihre Augen waren voller Tränen, so wie die meiste Zeit, während er operiert wurde, doch wenigstens hatte sie nicht mehr das Gefühl, an einem Abgrund der Verzweiflung zu stehen. Dennoch atmete sie immer noch schwer, und nur langsam kehrte das Gefühl zurück, festen Boden unter den Füßen zu haben, nachdem sie schon jeden Moment erwartet hatte, die Erde würde sich auftun und sie verschlingen.
»Jason, hör zu. Suparwita hat gewusst, was dir passieren würde, und er hat dich darauf vorbereitet, so gut er konnte. Er gab dir Kencur, und er hat mir aufgetragen, dir das Doppel-Ikat-Tuch zu besorgen. Beides zusammen hat dich beschützt, das weiß ich, auch wenn du es nie glauben wirst.«
Der Morgen brach mit weichen Rosa- und Gelbtönen vor dem blassblauen Himmel an. Brahma, Vishnu und Shiva waren da, als Bourne die Augen öffnete. Das Gewitter der vergangenen Nacht hatte den Dunstschleier
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