Die Bourne Intrige
Sie gern nach Ihrer Meinung fragen: Steht die westliche Welt wirklich kurz vor einem Krieg gegen den Iran?«
»Ich habe nicht genug Informationen, um mir da ein Urteil zu erlauben«, antwortete Tracy, »aber meiner Ansicht nach provoziert uns der Iran schon zu lang mit seinem Atomprogramm.«
Don Herrera nickte weise. »Ich denke, die Vereinigten Staaten sehen das richtig. Diesmal hat es der Iran zu weit getrieben. Aber wenn ich denke, dass ein Weltkrieg droht … nun, kurz gesagt, Krieg ist schlecht fürs Geschäft, zumindest für die meisten, aber einige wenige können dabei natürlich viel gewinnen.« Er wandte sich Bourne zu. »Und Sie, Professor, was ist Ihre gelehrte Meinung?«
»Wenn es um Politik geht«, antwortete Bourne, »vertrete ich eine strikt neutrale Haltung.«
»Aber mein Herr, in einer so wichtigen Frage, die uns alle betrifft, müssen Sie sich doch auch für die eine oder die andere Seite entscheiden.«
»Ich versichere Ihnen, Don Herrera, ich interessiere mich weitaus mehr für diesen Goya als für den Iran.«
Der Kolumbianer sah ihn enttäuscht an, kam dann aber gleich zum Geschäft. »Señorita Atherton, ich habe Ihnen Zugang zu dem Schatz gewährt, den ich entdeckt habe, und nun haben Sie den größten Goya-Experten des Prado – nein, von ganz Spanien – mitgebracht. Also.« Er breitete die Hände aus. »Wie lautet das Urteil?«
Tracy lächelte unverbindlich und wandte sich an Bourne. »Professor Zuñiga, geben Sie doch bitte die Antwort.«
»Don Herrera«, sagte Bourne, »das Bild, das Sie in Ihrem Besitz haben und das von Francisco José de Goya y §Lucientes stammen soll, wurde in Wahrheit nicht von ihm gemalt.«
Herrera runzelte die Stirn und schürzte einen Moment lang die Lippen. »Wollen Sie mir damit sagen, Professor Zuñiga, dass es sich um eine Fälschung handelt?«
»Das kommt darauf an, was Sie unter Fälschung verstehen«, antwortete Bourne.
»Bei allem Respekt, Professor, aber entweder ist es eine Fälschung oder nicht.«
»Sie können es so betrachten, aber man kann es auch anders sehen. Lassen Sie es mich so erklären – dieses Bild rechtfertigt zwar in keiner Weise den Preis, den Sie dafür festgesetzt haben, doch es ist darum noch keineswegs wertlos. Sehen Sie, meine Nachforschungen haben ergeben, dass es in Goyas Atelier gemalt wurde. Es könnte sogar sein, dass der Meister selbst die Skizze dazu angefertigt hat, bevor er starb. Der Entwurf trägt jedenfalls eindeutig seine Handschrift. Dem Bild selbst fehlt jedoch die aggressive, wild entschlossene Strichführung des Meisters, wenngleich dieses Charakteristikum auch für das geschulte Auge recht überzeugend nachgeahmt wurde.«
Don Herrera trank seinen Sherry aus, dann lehnte er sich zurück und faltete die Hände über dem Bauch. »Also«, sagte er schließlich, »Sie wollen mir damit sagen, dass mein Bild zwar durchaus etwas wert ist, aber nicht das, was ich Señorita Atherton als Preis genannt habe.«
»Das ist richtig«, bekräftigte Bourne.
Herrera gab einen kehligen Laut von sich. »Also, das kommt doch ein wenig überraschend.« Er wandte sich Tracy zu. »Señorita, in Anbetracht der Umstände verstehe ich natürlich, wenn Sie von unserer Vereinbarung zurücktreten wollen.«
»Ganz im Gegenteil«, erwiderte Tracy. »Ich bin immer noch an dem Bild interessiert. Natürlich müsste der Preis entsprechend nach unten korrigiert werden.«
»Ich verstehe«, sagte Herrera. »Nun, natürlich.« Sein Blick wandte sich für eine Weile nach innen, ehe er schließlich sagte: »Bevor wir weiter fortfahren, würde ich gern einen Anruf machen.«
»Aber sicher«, sagte Tracy.
Don Herrera nickte, stand auf und trat an einen Schreibtisch mit geschweiften Beinen. Er tippte eine Nummer in sein Handy ein, wartete einen Moment und sagte dann: »Hier ist Don Fernando Herrera. Er erwartet meinen Anruf.«
Er lächelte ihnen zu, während er wartete. Dann sagte er ins Telefon: »Por favor, momentito.«
Ganz unerwartet reichte er Bourne das Telefon. Bourne sah ihn fragend an, aber Don Herreras Gesicht verriet nicht im Geringsten, worum es ging.
»Hallo«, sagte Bourne, weiterhin in perfektem Spanisch.
»Ja«, meldete sich die Stimme am anderen Ende der Leitung, »Professor Alonzo Pecunia Zuñiga hier, mit wem spreche ich?«
Achtzehn
»Nichts«, sagte Amun Chalthoum frustriert.
Er starrte auf den jungen Mann hinunter, den Soraya aus dem Roten Meer gefischt hatte. Sie befanden sich in einer Bootskabine, die ihnen der
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