Die Bourne Intrige
Betreiber der Tauchbasis überlassen hatte – einer engen, übelriechenden Kammer.
Chalthoums Gesicht drückte Frustration, aber auch Angst aus. »Er ist nur ein kleiner Drogenkurier, sonst nichts.«
Das erschien Soraya gar nicht so wenig, aber sie sah, dass Amun nur an die gesuchten Terroristen denken konnte.
In diesem Moment, wo sich so deutlich zeigte, wie verzweifelt er war, verwarf sie endgültig die Möglichkeit, dass er sie täuschen könnte. Sie war sich sicher, dass er niemals so emotional reagieren würde, wenn er das alles nur inszeniert hätte, um die Beteiligung seines Geheimdienstes zu verbergen. Sie verspürte eine solche Erleichterung, dass sie ganz benommen war und einen Moment lang auf ihren Füßen schwankte. Als sie sich wieder gefasst hatte, wandte sie ihre volle Aufmerksamkeit der Frage zu, woher die Terrorzelle gekommen sein mochte.
»Also gut«, sagte sie, »dann sind sie nicht hier an Land gegangen. Aber es muss noch andere Orte an der Küste geben …«
»Meine Männer haben alle überprüft«, erwiderte Amun düster. »Und das heißt, dass ich Unrecht hatte. Sie haben überhaupt nicht die Route über den Irak genommen.«
»Aber wie sind sie dann nach Ägypten gekommen?«, fragte Soraya.
»Ich weiß es nicht.« Chalthoum dachte eine Weile still nach. »Sie wären sicher nicht so dumm zu versuchen, die Rakete mit dem Flugzeug aus dem Iran herzubringen. Unser Radar oder einer unserer Satelliten hätte sie bestimmt aufgespürt.«
Das war wohl richtig, dachte sie. Aber wie hatten es die iranischen Terroristen dann angestellt, die Rakete nach Ägypten zu bringen? Das Rätsel brachte sie wieder an den Ausgangspunkt ihrer Überlegungen zurück, zu dem Verdacht, dass die Ägypter selbst – wenn auch nicht der Geheimdienst – hinter dem Anschlag steckten. Als sie wieder an Deck waren und das Boot an Land zurückkehrte, teilte sie Chalthoum ihre Vermutung mit.
Sie standen an der Steuerbordreling, der Wind peitschte durch ihr Haar, und das Sonnenlicht verwandelte das Wasser in eine einzige blendende Fläche. Er stützte sich mit den Armen auf die Reling, die Hände ineinandergefaltet, und starrte ins Wasser hinunter.
»Amun«, sagte sie leise, »wäre es möglich, dass jemand in eurer Regierung – einer deiner Feinde, einer unserer Feinde – mit den iranischen Terroristen gemeinsame Sache macht?«
Sie hatte sich Mühe gegeben, es möglichst zurückhaltend zu formulieren, doch sie spürte dennoch, wie er neben ihr einen Moment lang erstarrte. Ein Muskel in seiner Wange zuckte, doch er überraschte sie, als er schließlich antwortete.
»Daran habe ich auch schon gedacht, Azizti, und ich muss gestehen, dass ich heute Nachmittag schon diskrete Nachforschungen angestellt habe, als ich die Tauchbasen überprüfte. Ich habe mir damit nicht gerade Freunde gemacht, aber ich habe es getan, und es ist nichts dabei herausgekommen.« Er sah sie an, und in seinen dunklen Augen war eine solche Hoffnungslosigkeit, wie sie sie noch nie an ihm gesehen hatte. »Weißt du, Azizti, es wäre mein Ende gewesen, wenn du mit deiner Frage Recht gehabt hättest.«
In diesem Moment war ihr alles klar. Er hatte genau gewusst, welchen Verdacht sie hegte, er hatte mit sich selbst gerungen, bis er diese Möglichkeit nicht länger ertragen konnte. Er hatte sich erniedrigt, indem er der Frage nachging, denn allein diese Frage zu stellen kam einem Verrat gleich; es war durchaus wahrscheinlich, dass ihm einige der Leute, mit denen er gesprochen hatte, seine Zweifel nie verzeihen würden. So war es nun einmal hier in Ägypten – er würde für immer mit dieser Schmach leben müssen. Es sei denn …
»Amun«, sagte sie so leise, dass er sich zu ihr beugen musste, um es zu hören, »wenn das hier vorbei ist – warum kommst du dann nicht mit mir mit?«
»Nach Amerika?« Er sagte es so, als spräche sie vom Mars oder von einem noch ferneren und fremderen Ort, aber in seiner Stimme war eine Wärme, wie sie sie noch nie bei ihm gehört hatte. »Ja, Azizti, das würde viele Probleme lösen. Andererseits würde es eine Menge Probleme schaffen. Was würde ich zum Beispiel dort anfangen?«
»Du bist Geheimdienstoffizier, du könntest …«
»Ich bin Ägypter. Noch schlimmer, ich bin der Chef des Geheimdienstes.«
»Denk an das Wissen, das du weitergeben könntest.«
Er lächelte traurig. »Ich denke vor allem an die Anfeindungen, mit denen ich zu rechnen hätte, sowohl hier als auch in Amerika. Für die Amerikaner bin ich
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