Die Bräute des Satans
der hohen Stirn und den farblosen Lippen trugen das Ihre zu diesem Eindruck bei. »Der Umstand, dass sich die Wertschätzung für Bruder Severus offenbar stark in Grenzen hielt.«
»Und Ihr, Bruder? Was denkt eigentlich Ihr über ihn?«
Bruder Hilpert zuckte die Achseln. »Um Euch diesbezüglich Auskunft erteilen zu können, hätte ich in der Tat des Öfteren das Gespräch mit ihm suchen …«
»Bruder Hilpert, Bruder Hilpert!« In seiner Rolle als Unglücksbote war Bruder Thaddäus einfach nicht zu übertreffen. Bereits von Weitem konnte man sehen, dass irgendetwas nicht stimmte, und so seufzte der Bibliothekarius laut auf, schickte ein Stoßgebet zum Himmel und wandte sich mit schicksalsergebener Miene dem Pförtner zu.
»’s isch dringend wia d’Sau!« [25]
»So, was denn?«
»De Bruder Venantius, der alde Schôfseggl – vergelt’s Gott! – die ald Schlôfhaub … Herrgott nomôl, wia hoissd des uff Hochdeitsch?«
»Hat wieder einmal seine Befugnisse überschritten, wolltet Ihr sagen?«
Das Gesicht des Pförtners, kugelrund wie sein Körper, leuchtete vor Bewunderung auf. »Genau, Bruder!«, keuchte er, immer noch ein wenig außer Atem. »Herrgottsdonnerweddr abbr au, dass der Pfengschdox …«
»Ich muss doch sehr bitten, Bruder.«
Bruder Thaddäus senkte den Kopf. »Bardo, Bruder! [26] – I henn’s fai net so …«
»Und was genau ist passiert?« Der harsche Ton, den Bruder Hilpert anschlug, verfehlte seine Wirkung nicht.
»Er hat sämtliche Brüder dazu gebracht, mit ihm zusammen nach dem Mädchen zu suchen.«
»Er hat was?« Insgeheim hatte Bruder Hilpert etwas Derartiges befürchtet, konnte es jedoch trotzdem nicht glauben.
»Nach dem Mädle … äh … nach dem Mädchen zu suchen, Ihr habt richtig gehört«, versetzte der Pförtner und erbleichte, als er den erzürnten Bibliothekarius ansah.
»Und wer hat ihn dazu autorisiert?«
»Auto … wer ihm das erlaubt hat, meint Ihr?«
Mit der Geduld am Ende, nickte Bruder Hilpert knapp.
»Der Prior«, rückte Bruder Thaddäus nach längerem Zögern heraus. »Ich war selbst dabei.«
»Bruder Adalbrand, soso.« Bruder Hilpert konnte sich das alles nicht erklären, und der Blick, mit dem er den Pförtner bedachte, sprach Bände. »Nun gut, ich denke, er wird seine Gründe dafür haben«, murmelte er und beschloss, dem Prior einen Besuch abzustatten. »Einstweilen Dank für Eure Mühe, Bruder Thaddäus, und auch für die Eure, Elemo …«
Als er sich umdrehte, um das Wort an Bruder Oswin zu richten, war der Almosensammler allerdings verschwunden.
Wohin, würde sein Geheimnis bleiben.
Vorerst jedenfalls.
Nach der Komplet
[Wirtschaftshof, 16:55 h]
Worin sich Alanus auf die Suche nach dem verschwundenen Bauernmädchen macht.
Drei Fehler waren es , welche Bruder Cyprianus an jenem Abend machte, einer verhängnisvoller als der andere. Als ihm klar wurde, was er angerichtet hatte, war es allerdings zu spät.
Es begann damit, dass er Alanus in die Obhut des Granarius gegeben hatte. Und das aus gutem Grund. Er hatte ihn von Billung fernhalten wollen, um des lieben Friedens willen, wie er gegenüber Bruder Achatius betonte. An sich eine gute Idee, gleichwohl eine mit Folgen. Als die Suche nach dem Mädchen begann, nahm der Granarius seinen Schützling einfach mit, obwohl Alanus wenig Neigung zeigte, sich auf die Jagd nach einer vermeintlichen Hexe zu begeben. Dies allein wäre freilich ohne Folgen geblieben, hätte sich Bruder Cyprianus nicht breitschlagen lassen, die Novizen mit auf die Suche zu schicken. Kaum hatte Billung seinen Erzfeind erspäht, loderte auch schon der Rachedurst in seinem Inneren empor, war ihm doch klar, dass eine Gelegenheit wie diese so schnell nicht wiederkommen würde. Für die Tracht Prügel, die er von Bruder Cyprianus bezogen hatte, würde Alanus büßen, wie, würde man im Verlauf des Abends sehen.
Der dritte Fehler, den Bruder Cyprianus beging, war bei Weitem der schwerwiegendste. In der Annahme, Bruder Achatius werde ein Auge auf Alanus haben, nahm er nicht an der Suche teil. Für derlei zweifelhafte Unterfangen hatte er nämlich nicht das Geringste übrig. Zu Hause, bei seinen Büchern, fühlte er sich allemal wohler. Sollten sich doch die anderen um diese Mechthild kümmern. Wahrscheinlich war sie ohnehin längst über alle Berge.
Nichts ahnend, wie er war, blieb Bruder Cyprianus somit am Brunnen stehen, sah dem mit Piken, Dreschflegeln und Mistgabeln bewaffneten Suchtrupp hinterher und
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