Die Bräute des Satans
Schuldbekenntnis werten würde, lag ja wohl auf der Hand. »Dessen bin ich mir durchaus bewusst«, antwortete Bruder Hilpert verzagt. »In Unkenntnis der Gründe, welche sie dazu bewogen haben …«
»Wollt Ihr mich nicht verstehen, Bruder, oder könnt Ihr nicht?«, fiel ihm der Prior unwirsch ins Wort, die Lider nur mehr halb offen. An einen Tonfall wie diesen konnte sich der Bibliothekarius nicht erinnern, und ihm missfiel die Art, wie ihn der Prior abgekanzelt hatte. »Bei dieser Mechthild handelt es sich um eine Person, welche des Schadenzaubers und der Hexerei bezichtigt wird. Und das von mehreren Seiten. Als Prior kann ich den Kasus unmöglich ignorieren, allein schon aus Rücksicht auf meine Mitbrüder nicht. Was, denkt Ihr, würden die wohl sagen, wenn ich einfach tatenlos zugeschaut hätte? Dass es hier nicht mit rechten Dingen zugeht, ist wohl kaum von der Hand zu weisen.«
»Gerüchte, Verdächtigungen, Mutmaßungen – nichts weiter.«
»So, meint Ihr.« Der Prior verschränkte die Hände auf dem Rücken und begann auf und ab zu gehen. Trotz des Kaminfeuers, an dem er sich gewärmt hatte, schlug der Stellvertreter des Abts die Arme übereinander und rieb mit den Handflächen über seinen Körper. »Und wie sieht es mit dem Mord an Bruder Severus aus?«
»Diesbezüglich muss ich leider gestehen, dass ich kaum einen Schritt weitergekommen bin.«
Am Fenster postiert, von dem aus man den Mönchsfriedhof überblicken konnte, verzog Bruder Adalbrand missbilligend den Mundwinkel. »Das genau, lieber Bruder, ist der Punkt.«
»Was denn?«
»Die Frage, was diese Dorfschönheit mit dem Tod unseres Bursarius zu tun hat.«
»Moment mal, Ihr wollt doch nicht etwa andeuten, dass …«
»Doch, will ich!«, unterbrach Bruder Adalbrand den Bibliothekarius. »Wie sonst ist es zu erklären, dass unser heimgegangener Bursarius einfach verschwindet, hinterrücks ermordet, gevierteilt und anschließend auf unerklärliche Weise in die Heizkammer verbracht wird? Oder sollte ich Euch bezüglich des Tathergangs falsch verstanden haben?«
»Keineswegs«, räumte Bruder Hilpert ein. »Bei allem gebotenen Respekt – das ist ja wohl auch nicht der Punkt.«
»Sondern?«
»Sondern der, ob Ihr an Hexerei glaubt oder nicht. Was mich betrifft, tue ich mich damit schwer.« Beim Gedanken an das, was Mechthild im Falle ihrer Ergreifung blühen würde, krampfte sich Bruder Hilperts Herz zusammen, und ohne die Augen vom Kaminfeuer zu wenden, fuhr er fort: »Sollte Ersteres zutreffen, könnte man natürlich auf die Idee verfallen, Mechthild die Schuld am Tod von Bruder Severus zu geben. Für meinen Teil lehne ich eine derartige Hypothese ab.«
»Schon einmal etwas von Schadenzauber und Teufelspakt gehört?«, warf Bruder Adalbrand ein. »Als Inquisitor dürften Euch derartige Phänomene ja wohl nicht unbekannt sein.«
»Mit anderen Worten: Ihr seid der Meinung, Mechthild habe sich unsichtbar gemacht, Bruder Severus gemeuchelt und seine sterblichen Überreste anschließend in der Heizkammer deponiert? Ist es das, worauf Ihr hinauswollt, Bruder?«
»Mein Kompliment, Bruder – der Ruf, welcher Euch vorauseilt, besteht völlig zu Recht.«
Bruder Hilpert ließ sich jedoch nicht beirren. »Worauf wollt Ihr hinaus, Bruder?«, wiederholte er, auf dem besten Wege, sich im Ton zu vergreifen. »Soll das etwa heißen, Ihr spielt mit dem Gedanken, Anklage wegen Mordes zu erheben?«
»Nicht er, sondern ich.«
Um festzustellen, wer ihm gerade eben ins Wort gefallen war, brauchte sich Bruder Hilpert nicht einmal umzudrehen. Er hatte Remigius von Otranto an seiner Stimme erkannt. Eine Stimme, die er aus Tausenden hätte heraushören können. Wohlklingend und sanft, bisweilen auch messerscharf. »Und wie wollt Ihr das bewerkstelligen?«, fragte Bruder Hilpert, ohne Rücksicht darauf, um wen es sich bei dem Mann auf der Türschwelle handelte.
Die Stimme hinter ihm nahm einen verächtlichen Tonfall an. »Das, Bruder Hilpert, lasst gefälligst meine Sorge sein«, zischte der Großinquisitor, lächelte und wandte sich zum Gehen.
»Und die Beweise? Was ist damit?«
»Ach, wisst Ihr, mein lieber Hilpert«, hielt Remigius von Otranto dagegen, während er einen verächtlichen Blick über die Schulter warf, »um Beweise habe ich mir noch nie irgendwelche Gedanken gemacht.«
»Solltet Ihr aber.«
Der Großinquisitor setzte ein überhebliches Lächeln auf. »Zu Eurer Information, Bruder: In meiner Position kann man getrost darauf verzichten. Und
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