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Die braune Rose

Die braune Rose

Titel: Die braune Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ihn.
    »Komm, Harriet.« Er wollte sie unterfassen, aber sie wich zwei Schritte zurück, als habe er sie belästigt. »Gehen wir in ein Café.«
    »Warum?«
    »Ich habe dir manches zu sagen.«
    »Mama hat mir alles gesagt.«
    »Sie hat es falsch ausgedrückt.«
    »Es kommt nicht darauf an, wie man es ausdrückt, sondern wie es ist.«
    »Auch das ist anders. Ich will dir alles erklären.«
    »Warum noch, Bert?«
    »Weil ich dich liebe, Harriet.«
    Sie schüttelte den Kopf und sah ihn aus großen, traurigen Augen an. Es war der Blick eines sterbenden Tieres, das nicht versteht, warum es sterben muß. Ein Tier, das in eine Ecke kriecht aus dem Instinkt heraus, daß das Leben aufhören wird und der Platz unter der Sonne den Stärkeren gehört.
    »Nicht so etwas sagen, Bert«, sagte sie leise. »Bitte nicht. Ich weiß, daß ich nur ein armes, braunes Mädchen bin. Ein Mohrenkopp, wie sie in Konstanz sagten, solange ich denken kann. Einen Mohrenkopp kann man nicht heiraten. Ich hätte das einsehen müssen, schon immer. Ich nehme es dir nicht übel.«
    »Harriet!« Bert Schumacher zog sie mit sich, weg vom Eingang der Universität.
    In einem Winkel des großen Gebäudes gelang es Harriet, sich mit einem Ruck aus dem Griff zu befreien. Sie lehnte sich gegen die Mauer und duckte sich zusammen, als wollte sie Bert wie eine Katze anspringen.
    »Laß das!« zischte sie.
    »Warum bist du gekommen, Harriet?«
    »Deswegen.« Sie griff in die Tasche und holte einen Ring hervor, den ihr Bert beim Einzug in das Haus geschenkt hatte. Einen länglichen Mondstein, umgeben von kleinen, blutroten Rubinen. Sie hielt den Ring hoch, und ihre Hand zitterte. »Nimm ihn zurück.«
    »Nein, Harriet.«
    »Ich werf ihn weg!«
    »Hör mich an!« schrie er plötzlich. Harriet duckte sich wieder unter dem Anprall seiner Stimme. »Was ich in den nächsten Wochen tun muß, berührt weder dich noch mich. Jeder, der die Zusammenhänge nicht kennt, wird mich einen Lumpen nennen, wenn eines Tages die volle Wahrheit bekannt wird. Aber das ist mir gleichgültig. Ich werde in diesen Wochen zweierlei erobern: Den Bestand unserer Fabrik und die Endgültigkeit unserer Liebe. Ich weiß, daß du es nicht verstehst … ich bitte dich nur, mir zu glauben.«
    Harriet-Rose schüttelte langsam den Kopf. »Man sagt das so, Bert. Und Tag um Tag wird vergehen, und man hofft darauf, daß man sich vergißt. So wird es sein … wie eine Melodie, die ausklingt … nachher ist es nur noch ein Hauch von Tönen, bis auch dieser im Nichts vergeht.« Sie hielt den Ring wieder hoch. »Wie kann ich dir böse sein? Ich hätte es von Anfang an wissen sollen. Man liebt keine Negerin.«
    »Mein Gott, warum begreift denn keiner meine Situation?« Bert wollte wieder zugreifen, aber Harriet entwischte mit einer schnellen Bewegung zur Seite und stand auf der Straße.
    »Nimm den Ring zurück.«
    »Nein!«
    »Bitte.«
    »Nein!«
    Harriet schloß einen kurzen Augenblick die Augen. Dann warf sie den Ring vor Bert auf die Straße, wandte sich um und lief davon.
    Bert Schumacher zuckte zusammen. »Harriet!« schrie er. »Harriet! Bleib! Bleib doch stehen!«
    Er lief ein paar Schritte hinterher, aber wie eine Gazelle schnellte Harriet über die Straße. Ihr Kopftuch flatterte im Wind, die schlanken Beine in den Stiefeln wirbelten über den Asphalt. Nach ein paar Metern gab Bert das Rennen auf. Es war sinnlos, ihr zu folgen und den Passanten ein Schauspiel zu bieten.
    *
    Ernst Pachtner war baß erstaunt, als an einem sonnigen Herbstmorgen Bert Schumacher gemeldet wurde. Es war kurz nach dem Morgenkaffee, Pachtner las gerade mit Genuß die Morgenzeitung, und hatte vor, nach einem Spaziergang durch den schönen Garten, die verblühten Rosen abzuschneiden und dann das Mittagessen auf der Terrasse sonnend zu erwarten. In den Betrieb wollte er heute nicht fahren. Sein Säge-, Holz- und Furnierwerk lief auch ohne ihn unter der Leitung eines tüchtigen Prokuristen. Und solch ein sonniger Herbsttag wie heute war selten und wollte genossen werden.
    »Soll 'reinkommen!« sagte Pachtner grob. »Und wenn ich in zehn Minuten nicht läute, sagen Sie, daß ich von der Fabrik aus angerufen worden bin.«
    Das Hausmädchen nickte und ließ Bert Schumacher eintreten. Er hatte einen dunklen Anzug an und einen silbergrauen Schlips. Pachtner fuhr aus dem Sessel empor, als er den feierlichen Aufzug sah.
    »Was ist passiert?« rief er. »Ist … ist Ihrem Vater etwas passiert?« Dann erinnerte er sich, daß man im

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