Die Braut aus den Highlands
dâAumesbery erreicht. Die Männer wollten gleich bis zur Burg reiten, doch Merry weigerte sich. Wahrscheinlich war die Zugbrücke zu dieser späten Stunde längst hochgezogen und das Tor verschlossen, und sie hätten die Nachtwache aufscheuchen müssen und damit für Wirbel gesorgt, um hineinzugelangen.
Zudem waren sie tagelang unterwegs gewesen, waren bei Sonnenaufgang aufgebrochen und bis tief in die Nacht geritten, um nur zum Schlafen kurz Rast zu machen, ehe es im Morgengrauen gleich wieder losging. Merry hatte sich nicht auf dâAumesbery zeigen wollen, ohne zuvor zu baden und sich zumindest vom gröbsten Staub zu befreien und ein sauberes Kleid anzulegen.
Nun waren sie dabei, das letzte Stück der Reise hinter sich zu bringen. Sie schätzte, dass sie kurz nach dem morgendlichen Mahl ankommen würden. Bei diesem Gedanken kribbelte es in ihrem Bauch, und unwillkürlich biss sie sich auf die Unterlippe. Sie sah dem anstehenden Treffen erstaunlich verschüchtert entgegen â wenn auch voll freudiger Erregung. Merry hatte sich Strapazen und Langeweile der Reise in den vergangenen Tagen mit Gedanken an die Zukunft versüÃt und sich diese in den rosigsten Farben ausgemalt. Die Heirat würde sie endlich von dem Versprechen entbinden, das sie ihrer Mutter gegeben hatte. Sie würde frei sein und konnte nun nach vorn schauen, und dies tat sie voller Hoffnung und Erleichterung. In ihren Tagträumen war Alexander dâAumesbery ein guter, ehrenwerter Mann und anständiger Gemahl ⦠und ähnelte nicht im Mindesten ihrem Vater und ihren Brüdern. Sie würde in England leben, an der Seite eines hoffentlich klugen und abstinenten Gatten â eines Gatten, auf den sie sich stützen konnte, statt ihm eine Stütze sein zu müssen. Merry war voller Zuversicht.
âAber auf dâAumesbery hätte Merry es doch sehr viel bequemer haben könnenâ, wandte Gawain gereizt ein. âDort hätten wir alle zumindest ein warmes Bad und ein weiches Bett bekommen. Und auÃerdem kann Lord dâAumesbery sie doch gar nicht zurückweisen, oder?â, fügte er hinzu und schwieg einen Augenblick. âNicht wahr?â, bohrte er unsicher nach.
âWas?â Diese Möglichkeit schien auch Eachann Stewart aufzuschrecken, und Merry hörte die Besorgnis in seiner Stimme, als er erwiderte: â Nay , natürlich nicht. Was ist das überhaupt für eine Frage?â
âNun ja, er hat sich nicht gerade überschlagen, um zu kommen und sie zu holenâ, meinte Brodie zögerlich.
â Nay â, wandte Eachann Stewart rasch ein. âEr war ja auch auf Kreuzzug, und dies auf Wunsch seines englischen Prinzen. Das war der Grund, er hatte keine Wahl in dieser Hinsicht.â
âAber dieser Prinz ist schon längst englischer König und hat deswegen auf dem Festland wichtige Geschäfte zu erledigen. Für dâAumesbery hingegen gab es eigentlich gar keinen Grund, noch so lange fortzubleibenâ, beharrte Brodie.
âGenauâ, fiel Gawain alarmiert ein. âWas, wenn er gehört hat, dass unsere Merry eine Harpyie und ein Drache ist, und versucht hat, sich der Ehe zu entziehen?â
âNun, das kann er nichtâ, entgegnete ihr Vater bestimmt. âWenn es sein muss, verfolgen wir ihn bis ans Ende der Welt. Er wird das Mädchen heiraten und fertig. Und nun still â nicht dass Merry noch hört, dass du sie als Harpyie und Drachen bezeichnest. Sie würde uns nur wieder mit ihren Launen zusetzen.â
Merry spürte, dass die Männer sich nach ihr umsahen, und starrte weiterhin mit ausdrucksloser Miene in den Wald, den sie durchquerten. Sie war zu müde, um die drei anzufahren und sie in ihre Schranken zu weisen, wie sie es für gewöhnlich getan hätte. AuÃerdem war es nicht das erste Mal, dass sie mit anhörte, wie man sie als Harpyie und Stewart-Drachen bezeichnete. Die beiden Namen verletzten sie längst nicht mehr, doch sie brachten sie ins Grübeln. Hatte ihr Verlobter vielleicht tatsächlich gehört, dass sie eine Harpyie und ein Drache war und war fortgegangen, um sie nicht heiraten zu müssen?
Diese Vorstellung machte ihr zu schaffen und bekümmerte sie eine Weile. In keinem ihrer Tagträume über ihre Zukunft hatte er ihrer Ehe entfliehen wollen.
âDa vorne ist es.â
Merry hob den Kopf und brachte ihr Pferd hinter den Männern zum Stehen. Der
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