Die Braut aus den Highlands
Wald um sie her hatte sich gelichtet, und vor ihnen erhob sich eine Burg. DâAumesbery war eine gewaltige, imposante Festung, die auf einer Anhöhe thronte und das Umland überragte. Sie war weit gröÃer als Stewart Castle, doch das schreckte sie nicht. Sie fragte sich lediglich, wie es ihrem Vater wohl gelungen war, eine derart vorteilhafte Ehe zu arrangieren. Er hatte stets behauptet, dass diese Abmachung durch die Freundschaft zwischen ihm und dem verstorbenen Lord dâAumesbery zu Stande gekommen sei. Angeblich hatten die beiden sich in jungen Jahren bei Hofe kennen gelernt und angefreundet, und die kameradschaftliche Verbindung hatte zehn Jahre lang gehalten. DâAumesberys Sohn Alexander war fünf Jahre vor ihr zur Welt gekommen, und gleich nach ihrer Geburt hatten die Männer ihre Freundschaft durch den Ehevertrag zwischen ihr und Alexander besiegelt.
Merry mutmaÃte, dass das freundschaftliche Band bald danach zerrissen war. Jedenfalls entsann sie sich nicht, dass die beiden Familien sich je gegenseitig besucht hätten. Sie argwöhnte, dass die Trunksucht ihres Vaters daran nicht ganz unschuldig war. Ihre Mutter hatte ihr einst erzählt, dass er zwar schon als junger Mann recht trinkfest gewesen sei, diese Eigenschaft jedoch erst mit dem Tod seines eigenen Vaters ausgeufert sei. Damals war Merry zwei Jahre alt gewesen. Es schien, als seien die Trauer und die neue Verantwortung als Laird zu viel für ihn gewesen, sodass er fortan den unbeschwerten Dämmerzustand der Trunkenheit der nüchternen Wirklichkeit des Lebens vorgezogen hatte.
âDa sind wir, Merry.â Ihr Vater zog die Zügel an, wandte sich um und schenkte ihr ein strahlendes Lächeln, das sich, wie sie bemerkte, auf dem Gesicht ihrer Brüder widerspiegelte, als er hinzufügte: âNun wirst du endlich deinen Bräutigam treffen, und bald schon bist du eine verheiratete Dame und hütest eine Schar Kinder.â
Aye , besser als drei erwachsene Trunkenbolde, dachte Merry bei sich, sprach es aber nicht aus. Wozu sich noch ärgern? Nicht mehr lange, und sie würde der lästigen Pflicht ledig sein. Dann hätte sie selbst einen Gemahl â einen, der hoffentlich nichts mit ihrem Vater und ihren Brüdern gemein hatte.
Diese Hoffnung fest vor Augen, trieb Merry ihre Stute an und ritt an den Männern vorbei den Hügel hinauf. Der Morgen war schon so weit fortgeschritten, dass die Zugbrücke bereits herabgelassen war und das Tor offen stand. Dennoch hieà man sie anzuhalten, als sie sich näherten, und Merry überlieà es ihrem Vater zu erklären, was ihr Begehr war. Sie folgte ihm, als er in den Burghof einritt und direkt auf die Treppe zum Wohnturm zuhielt, wobei ihr klar war, dass die Nachricht von ihrer Ankunft diesen vor ihnen erreichen würde.
Merry saà gerade ab, als sie hörte, wie sich das Portal des Wohnturms öffnete. Die Hände noch am Sattel, schaute sie sich um und sah einen gestandenen Kämpfer die Stufen hinuntereilen. Es war nicht ihr Verlobter. Der war nur fünf Jahre älter als sie, und dieser Mann wirkte um mindestens fünfzehn oder zwanzig Jahre reifer. Sie fragte sich, wer er wohl sein mochte, lieà das Leder los und trat gerade an die Seite ihres Vaters, als der Haudegen sie erreichte.
âLord Stewart, nehme ich anâ, empfing ihn der Mann, als er die letzte Stufe nahm. âWelch Freude, Euch zu sehen. Mein Name ist Gerhard, ich bin Lord dâAumesberys ⦠Untergebener.â
Sein Zögern lieà Merry leicht die Brauen heben. Es kam ihr so vor, als sei er sich nicht sicher, wie er sich nennen sollte oder welchen Rang er bekleidete. Wie seltsam, dachte sie, während die beiden Männer sich begrüÃten. Dann wandte sich der Engländer mit einem strahlenden Lächeln an sie.
âUnd Ihr müsst Lady Merewen sein. Es ist mir eine Ehre, Mylady, Euch auf dâAumesbery willkommen zu heiÃen.â
âIch danke Euchâ, erwiderte sie leise und wartete geduldig, bis ihr Vater ihre beiden Brüder vorgestellt hatte. Gerhard begrüÃte auch die beiden jüngeren Männer höflich und wandte sich dann den übrigen Ankömmlingen zu, die ebenfalls abgestiegen waren und nun unsicher dastanden.
âIch werde umgehend veranlassen, dass man sich um Eure Pferde und den Wagen kümmertâ, sagte Gerhard. âWährenddessen tretet doch bitte ein.â
Ihr Vater nickte und nahm
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