Die Braut des Cowboys
den Trockner benutzen konnten, ohne das Haus betreten zu müssen. Als er vorsichtig von dem Keks abbiss und dann rasch den Rest hinterher schob, hörte er, wie die Trocknertür geöffnet und wieder geschlossen wurde. Und erst da fiel ihm auf, dass er die ganze Zeit über den Trockner leise hatte laufen hören.
Er überlegte, ob er noch eins der so verlockend lecker aussehenden Weihnachtsplätzchen essen sollte, da kam Mercy zurück.
"Hier", sagte sie und hielt ihm etwas hin, was wie seine warmen, dicken Wollsocken aussah.
"Was ..." Er brach abrupt ab, als er die Socken anfasste. Sie waren warm, fast heiß. Frisch aus dem Trockner, wie ihm klar wurde.
"Zieh sie an. Gleich, ehe die Wärme wieder fort ist."
Wortlos gehorchte er und seufzte wohlig, als er die aufgeheizte Wolle an seinen Füßen fühlte. Als er dann Mercy anblickte, lächelte sie ihn an.
"Das hat meine Mom immer getan, wenn ich mit
halberfrorenen Füßen vom Spielen im Schnee heimkam. Es war wundervoll."
"Das ist es noch immer!"
"Und heute verlangt sie von mir, dass ich den Wüstensand aus den Schuhen schüttele, sobald ich das Haus betrete."
"Welch ein Unterschied zum Schnee von Minneapolis!"
"Ja, aber sie fühlen sich wohl in Arizona. Und es ist dort wunderschön. Wenn alles grünt und die Dragoon Mountains richtig rot aussehen, ist es wirklich herrlich dort."
Er lächelte bei ihren Worten, fragte sich aber, ob nicht ein trauriger Unterton in ihrer Stimme lag. Oder Einsamkeit.
"Du ... du würdest jetzt gern bei ihnen sein."
Sie lehnte sich gegen den großen Arbeitsblock. Sein Vater hatte die alte, kleinere Küche durch eine neue, größere und moderne als Hochzeitsgeschenk für seine Mutter ersetzen lassen. Später, als sie dann fortgegangen war, hatte er kaum mehr in dem geräumigen, sachlich eingerichteten Raum sitzen mögen. Auch Grants Lieblingsplatz war es nicht gewesen, aber nun, mit dem herrlichen Duft und Mercy kaum zwei Schritte von ihm entfernt, erschien es ihm als der gemütlichste Raum des Hauses.
Mercy warf Gambler noch einen Keks zu. Er schnappte ihn sich und sah sie dann bittend an.
"Das war's, mein Süßer", sagte sie. "Noch mehr, und dir wird schlecht."
Der sonst zurückhaltende Hund wackelte mit seinem
Schwanzstumpf, schien aber zu verstehen. Er warf Grant einen Blick zu, als wollte er die Stimmung seines Herrchens einschätzen. Grant war sich nicht sicher, was der Hund sah, aber anscheinend reichte es nicht, ihn zu vertreiben. Er rollte sich auf dem Flickenteppich vor der Spüle zusammen und schloss die Augen.
Mercy kam nun auf seine Frage von eben zurück. "Ich...
vermisse sie, aber ich war gerade Thanksgiving bei ihnen. Und ich weiß, ich könnte nicht noch mehr von ihrer Besorgnis ertragen, so gut gemeint sie auch ist."
"Kristina sagte, du brauchtest einen Ort, wo die Leute nicht ständig ... darüber reden."
"Und diesen Ort hast du mir geboten." Sie blickte ihn ernst an. "Dafür danke ich dir, Grant."
"Ich ... Gern geschehen. Aber ich sollte dir auch danken, für all das, was du hier tust. Ich hatte dir doch gesagt, du brauchst nicht zu arbeiten..."
"Und ich sagte dir, dass ich es brauche."
"Das habe ich verstanden."
Sie blickte ihn lange an. "Ja, ich glaube, das hast du. Und dafür danke ich dir ebenfalls. Und für die schönen, friedlichen Plätze, die du mir gezeigt hast. Ich weiß, es hat dich viel von deiner Zeit gekostet, mich überallhin mitzunehmen ..."
"Es sind Plätze, die ich auch liebe. So war es niemals eine Last."
Und es stimmte. Er hatte wieder Dinge schätzen gelernt, die selbstverständlich für ihn geworden waren im Laufe der Zeit, hatte sie neu mit ihren Augen sehen gelernt. Wieder den Frieden empfunden, den die Natur barg, indem er einfach nur den Frieden auf Mercys Gesicht betrachtete, und das Verschwinden der Schatten in ihren Augen.
"Ich bin dir gleichfalls dankbar."
"Ich sollte dir danken. Ich habe diese Orte früher auch einmal gebraucht. Du hast sie mich wieder sehen gelernt. Mir wieder aufgezeigt, was sie mir bedeuten."
"Grant ..." flüsterte sie seinen Namen, als wäre ihr plötzlich die Kehle eng geworden.
"Mercy ..." sagte er, und seine Stimme hörte sich nicht viel anders an.
Er wusste nicht zu sagen, wie es geschah. Er erinnerte sich nicht daran, sich bewegt zu haben, aber auch nicht an Bewegungen von ihr. Aber plötzlich lag sie in seinen Armen, er hielt ihren Kopf in seinen Händen, und sein Mund suchte hungrig ihre Lippen. Er hörte, wie sie einen Laut von sich
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