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Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007

Titel: Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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?«, fragte er.
    Bandini schaute ihn finster an. Im Inneren seines Kopfes drehte ein Reiter auf einem durchgehenden Pferd seine Runden und hetzte Bandinis Gedanken mit dröhnendem Hufschlag vor sich her. Plötzlich packte er den Weinkrug, schenkte beide Becher voll, schob Niccolò den unbenutzten hin, und während er sich selbst fragte, ob er nun ganz und gar verrückt geworden war, sagte er: »Jetzt suchen wir die unanständigen Männer von Florenz auf.«

Kapitel 27.
    A ußer den Kleidern am Leib, ihren Werkzeugen und den Hütten schien den Dörflern kaum etwas zu gehören; aber auch, wenn man fast nichts hat, trennt man sich schwer davon – oder gerade deswegen –, und so dauerte es bis zum Mittag, bis die Kolonne abmarschbereit war. Lorenzo hatte erwartet, dass Corto nach seiner Entscheidung, die Dörfler mitzunehmen, schlecht gelaunt sein würde, aber er bewegte sich mit der üblichen gelassenen Eleganz zwischen den Leuten, einen halben Kopf kleiner als die meisten um ihn herum, und fasste mit an, wo jemandem die Kräfte nicht ausreichten oder wo seiner Meinung nach nicht effizient genug gearbeitet wurde. Im Wolfspack herrschte eine Mischung aus Erleichterung vor, dass man die wehrlosen Dörfler nicht im Stich ließ, und Beklommenheit darüber, dass man versehentlich Konrad von Landau und seine Schwarze Schar herausgefordert hatte und diese Herausforderung noch verschlimmerte, indem man seinem Heer die Gelegenheit entzog, Rache zu nehmen. Etliche der Männer schärften ihre Klingen nach, testeten die Festigkeit ihrer Piken, fetteten die Sehnen ihrer Bögen ein oder prüften ihre Brustharnische und Helme auf Schwachstellen. Lorenzo beobachtete sie dabei und machte sich seine Gedanken; er sah, wie unter den Dörflern der eine oder andere die Vorbereitungen ebenfalls als das erkannte, was sie waren. Schließlich kreuzten sich seine Blicke mit denen des ältlich aussehenden Dörflers – vermutlich nicht viel älter als Corto –, dem er half, seine Habseligkeiten auf einer Art Trage festzubinden. In den Augen des Mannes war nackte Angst zu lesen; seine Blicke irrten zu Urso ab, der zwischen seinen Beutestücken stand und mit ihnen herumhantierte, um die besten herauszusuchen, und in dessen Gürtel schon alles an Waffen steckte, was man dort unterbringen konnte. Lorenzo nickte dem Mann zu und lächelte, und das Lächeln rief einen schwachen Widerschein auf dem Gesicht des Dörflers hervor, doch die Angst konnte es nicht vertreiben. Die hagere Frau, die als laufender Eber von Macellos Armbrustschützen missbraucht worden war, gehörte zu dem Mann, ohne dass Lorenzo herausgefunden hätte, in welcher Weise – sie konnte seine Mutter ebenso gut wie seine Schwester oder Frau sein. Ihre Tortur schien etwas in ihr zerbrochen zu haben. Sie stand mit hängenden Armen herum, und wenn man ihr etwas in die Hände drückte, hielt sie es so lange fest, bis man es ihr wieder abnahm und selbst dorthin legte, wohin es sollte. Ihre Augen waren glanzlos, und nur wer ganz genau hinsah, erkannte darin ein winziges flackerndes Licht, das von den unhörbaren Schreien kam, die wahrscheinlich tief in ihrem Schädel widerhallten.
    Die Schwestern dirigierten die Verladung der Verletzten in den Trosswagen. Die meisten von ihnen waren Frauen, deren Gesichter blutig geschlagen und deren Körper zerschunden waren. Eduardo und Raffaelle Cantafini waren von den Vorgängen ausnahmsweise bedrückt und hielten sich im Hintergrund; Francesco Giallo, der Lorenzo zugleich auswich und ihm von Weitem drängend-stumme Blicke zuwarf, flatterte herum und war entweder geschickt oder ungeschickt genug, allen Arbeiten aus dem Weg zu gehen. Clarice Tintori stand neben dem Trosswagen, half den Schwestern, wenn es sich nicht vermeiden ließ, verfolgte mit starrem Blick den Weg, den Corto zwischen den Hütten nahm, und schien zu hoffen, dass dieser seine Anweisung zurücknehmen und sich mit ihnen schnellstens aus dem Staub machen würde. Wenn sie genügend verängstigt war, würde sie umso eher bereit sein, das Wagnis der Flucht mit Lorenzo zusammen einzugehen … gut! Fabio trat zu ihr und sagte etwas, und Lorenzo wandte sich zur Trage um, damit nicht auffiel, wie er sie gemustert hatte.
    Was immer dem schweigsamen Mann neben Lorenzo gehörte, war nun auf der Trage verstaut und festgebunden: zwei Tontöpfe, lumpenartige Kleidungsstücke, ein klappriger Verschlag mit einem missmutigen fetten Hasen darin, zerlegtes Holzwerkzeug … Der Mann lächelte sein

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