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Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007

Titel: Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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verrutschten Haube eines Skapuliers. Bruder Girolamo machte ein tadelndes Geräusch mit der Zunge und zerrte seine Kopfbedeckung wieder zurecht. »Der Scharführer meint, dass eine Pause angebracht sei. Da vorne, das Gehöft – wir werden um einen Platz im Schatten und frisches Wasser bitten.«
    Magdalena folgte dem Fingerzeig. Undeutlich sichtbar im Wabern der Mittagshitze über den Feldern und noch einige Minuten zu Fuß entfernt erkannte sie die symmetrischen Umrisse von Pächterhütten und Unterständen.
    »Danke, Bruder«, sagte sie und lauschte ihrem eigenen Herzschlag, der sich langsam wieder beruhigte. Zuweilen war ihre Gabe ein Fluch: wenn sie starke Emotionen zu erkennen glaubte, die ihre eigene Fantasie in Tätigkeit versetzten. Als der Mönch sie angefasst hatte – war da ein Bild aus dem Wirbel von Gefühlen, die von dem jungen Mann ausgingen, hochgeschleudert worden? Dass er von groben Händen angefasst worden war? Oder dass er hatte zusehen müssen, wie es jemand anderem geschehen war?
    »Die Menschen dort sind freundlich«, sagte Bruder Girolamo und musterte sie aus dem Schatten seiner Mönchskapuze heraus.
    »Kennst du sie, Bruder?«
    »Wir haben schon beim Herweg dort gerastet. Schließ auf, Schwester. Der Scharführer mag es nicht, wenn wir nicht dicht beisammen sind. Du versündigst dich gegen diesen jungen Mann, wenn du es ihm verwehrst, seinen Befehlen zu folgen.« Bruder Girolamo beschleunigte seinen Schritt und strebte wieder nach vorn, ohne seine Anklage wenigstens durch ein Lächeln oder ein Schulterzucken abzuschwächen.
    Der Weg von der Straße zum Gehöft war ein Trampelpfad mit einer ganzen Anzahl von Nebenpfaden, die von ihm abzweigten, sich wieder mit ihm vereinten oder neben ihm herliefen. Es war offensichtlich, dass ein reger Verkehr von und zur Straße bestand. So weit das Auge reichte, befanden sich keine weiteren Bauten in der Nähe – die Ansammlung von Häusern, in denen vermutlich zwei oder drei Familien lebten, waren die einzige Möglichkeit zum Rasten und zum Kauf von etwas Proviant innerhalb mindestens eines halben Tages Fußmarsch. Die Beschaffenheit des Weges verleitete die Gruppe dazu, ungeordnet in Richtung der Gebäude zu schlendern; wenigstens, dachte Magdalena, waren sie nun enger beisammen als auf der Straße.
    Schwester Immaculata schritt durch das hohe Gras und ließ die Hände verträumt über die Samenstände der Halme gleiten. Das Gras war von einheitlicher Höhe, changierte von Grün zu Gelb und reichte der schmalen jungen Frau bis zur Hüfte. Magdalena beobachtete sie von Weitem, das Zucken ihrer Lippen, wenn das Gras ihre Handflächen kitzelte, ihre halb geschlossenen Augen, ihre gekräuselte Nase, als würde ihr der reife Geruch, der hier überall in der Luft hing, erst jetzt bewusst. Magdalena lächelte. Sie wandte sich zur anderen Seite und sah Schwester Radegundis, die selbstvergessen versuchte, durch den schweren Stoff des Ordensgewandes hindurch eine Stelle an ihrer Kehrseite zu kratzen, wo die Flohbisse sie juckten. Die junge Novizin schien den Blick zu spüren; sie zog die Hand weg und schaute sich dann schuldbewusst um. Als ihre Blicke sich mit denen Magdalenas trafen, grinste sie entschuldigend; dann zogen sich ihre Brauen plötzlich zusammen, und sie blickte über Magdalenas Schulter hinweg und kniff die Augen zusammen. Ihr Gesicht nahm einen fragenden Ausdruck an. Magdalena drehte sich beunruhigt um.
    Schwester Immaculata war stehen geblieben. Sie starrte nach unten, auf etwas, was sich direkt vor ihren Füßen befinden musste. Etwas flirrte um sie herum wie eine Rauchwolke. Eine Hand war ausgestreckt und liebkoste weiterhin die Spitzen der Grashalme, als hätte sie sich vom Rest ihres Körpers selbstständig gemacht. Die andere war zur Faust geballt und steckte in ihrem aufgerissenen Mund.
    Magdalena setzte sich in Bewegung. Sie traf gleichzeitig mit dem Scharführer bei Schwester Immaculata ein, doch das lag nur daran, dass sie im Habit nicht so schnell rennen konnte, wie ihr zumute war. Sie hörte das Zirpen der Grillen, die Schritte der anderen, die nach ihnen heranstürmten, die schrillen Rufe eines Vogels hoch über der Ebene, die kleinen Geräusche, die an Schwester Immaculatas Faust vorbei aus ihrer Kehle drangen, und am lautesten das Gesumm von Tausenden von Fliegen, die über den Grashalmen tanzten und deren kleine, harte, glänzende Körper ein glitzerndes Muster woben. Von Weitem hatten sie ausgesehen wie eine Rauchwolke. Der Geruch

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