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Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007

Titel: Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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war dort, wo die junge Frau stehen geblieben war, bestialisch.
    Im Gras lag ein Mann auf dem Gesicht. Er hatte eine lange Spur durch das hohe Gras gezogen. Die Spur wies wie ein dunkler Finger zu den Gebäuden des Weilers, die hinter den Grashalmen in der Luft waberten. Er trug ein graubraunes, grobes Hemd und Beinkleider, die an den Waden in ausgefransten, ungleich langen Hosenbeinen endeten. Ein Bein hatte er ausgestreckt, das andere angezogen, als habe er sich noch einmal vorwärtsstoßen wollen und die Bewegung nicht mehr vollenden können, weil der Tod die Geduld verloren und in seinen Leib gegriffen und seine Seele genommen hatte. Die Füße, die unterhalb der fransigen Hosenbeine zu sehen waren, waren schwarz und blau und aufgedunsen; die Hände waren Fäuste, um Grasbüschel gekrallt und ebenfalls verfärbt. Etwas, das aussah wie ein von geronnenem Blut schwarzer Strang aus Grashalmen, schien sich unter dem Leib verfangen zu haben und war mitgeschleift worden, bis der Mann nicht mehr hatte kriechen können. Die Fliegen schraubten sich in einer Bewegung wie von einem einzigen Körper wieder herab und sanken auf den Leichnam herunter, eine schillernde, geschäftig tupfende, krabbelnde und sich labende Decke aus Aasfressern, die sich gegenseitig bekämpften, um zu dem Loch in der Mitte des Rückens zu gelangen. Das Loch war nur so groß, dass man einen dicken Daumen hätte hineinstecken können, und an seinen Rändern war nur wenig Blut zu sehen gewesen, bevor die Fliegen sich darauf gesetzt hatten – es hätte ein Schaden im Hemd des Toten sein können, wenn man nicht hätte erkennen können, dass das Loch sich in seinen Körper hinein fortsetzte. Magdalena fand ihre Blicke von der Wunde beinahe unwiderstehlich angezogen und ahnte, dass sie etwas tun musste, wenn sie nicht in wenigen Augenblicken ebenso gelähmt dastehen wollte wie Schwester Immaculata.
    »Bleib stehen«, rief sie Schwester Radegundis zu, die sich durch die Männer hindurchdrängen wollte. Die Novizin, von einem Jahr Gehorsam genügend geschult, erstarrte.
    »Was ist denn los?«, rief sie. »Was fehlt Beatrice?«
    Magdalena schob einen der Waffenknechte beiseite und nahm Immaculata bei den Unterarmen. Sie zog sie sanft herum, bis ihr Körper sich vom Leichnam abwandte. Ihr Kopf blieb wie an unsichtbaren Fäden mit dem Toten am Boden verbunden; sie hatte keinen Blick für ihre ehemalige Magistra.
    »Schwester Immaculata!«, sagte Magdalena scharf. Sie spürte das Zittern der jungen Schwester und mühte sich, ihr Entsetzen nicht auf sich selbst überspringen zu lassen.
    »Schwester Magdalena?«, sagte Radegundis. »Was ist los? Was hat Beatrice gefunden?«
    »Schwester Immaculata, ich möchte, dass du mich ansiehst.«
    Magdalena schüttelte die junge Schwester. Hinter der Faust hervor drangen noch immer die kleinen Geräusche.
    »Bringen Sie sie weg«, sagte der Scharführer. Magdalena sah, dass er seine Aufmerksamkeit von dem Toten im Gras abgewandt hatte. Er musterte die Gebäude, auf die die Spur aus niedergedrückten Gräsern wies. Mit einer Hand lockerte er den langen Dolch in seinem Gürtel.
    Zwei der Mönche knieten neben dem Toten nieder. Sie schlugen die Kapuzen zurück und betrachteten die stille Gestalt. Magdalena erinnerte sich daran, dass sie auf dem Herweg hier genächtigt hatten. Sie mussten den toten Mann kennen. Sie wandte ihre Blicke ab, als die beiden Mönche die weiten Ärmel ihres Habits nach vorn schüttelten, bis ihre Hände bedeckt waren, sich mit einem Nicken verständigten und dann unter den Toten griffen, um ihn herumzudrehen. Die Fliegen wolkten wieder auf und summten laut und zornig.
    »Schwester Immaculata«, sagte sie und schüttelte die Jüngere noch einmal. »Beatrice! Sieh mich an. Beatrice!«
    Schwester Immaculatas Blicke irrten von Magdalenas Gesicht ab und fielen wieder auf den Leichnam. Magdalena nahm das Handgelenk, an dem die Faust in Immaculatas Mund hing, und versuchte sie herauszuziehen. Zu ihrer Rechten, von dem Leichnam, hörte sie das Ächzen, mit dem die Brüder die Leiche auf den Rücken drehten, und ein noch lauteres Aufsummen von Fliegen, das fast wie ein Kreischen war, als schrien alle Teufel in der Hölle, weil man ihnen ihre Beute wegnehmen wollte, und das Echo des Aufschreis drang bis herauf in die Welt. Sie hörte das Keuchen der Männer und wurde gerempelt, als einer der Waffenknechte einen Schritt zurückwich. Mit dem Stoß drang ein Gestank heran, der übler war als alles, was Magdalena

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