Die Braut des Freibeuters: Er beherrschte die Meere - doch sie war die Herrin seiner Sinne (German Edition)
Stunde sieht alles schon wieder ganz anders aus. Vertraut mir.« Martin legte beschützend den Arm um sie, drückte sie väterlich an sich und führte sie dann fort zu den Häusern, während Jack traurig nebenherlief.
Als Robert an Bord kam, nickte er dem niedergeschlagen aussehenden Miller nur kurz zu und zog sich dann sofort in seine Kajüte zurück. Er stand einige Zeit regungslos mitten im Raum, hörte über ihm an Deck Millers Befehle zum Segelsetzen, das Trappeln von Männerfüßen, das Schlagen der Segel. Die Bewegungen des Schiffes veränderten sich, und Robert glich die leichte Schräglage automatisch durch seine Haltung aus, immer noch versunken in seinen Abschiedsschmerz und den Ärger über Vanessas Uneinsichtigkeit. Nun wurde ihm erst die Bedeutung ihrer letzten gemeinsamen Nacht klar. Sie war wütend auf ihn gewesen, entschlossen, ihn zu verlassen, hatte jedoch ihren Zorn in Leidenschaft verwandelt.
Er schwor sich in diesem Moment, keinen Tag länger als nötig von ihr fernzubleiben. Und sollte sie sich bei seiner Rückkehr immer noch so widerspenstig zeigen, dann würde er sie eben an Bord schleppen und sie dann in dieser Kammer neben seiner Kajüte einschließen, bis sie Vernunft angenommen hatte. Wenn es sein musste, bei Wasser und Brot. Verflixtes Weibsstück!
Sein Blick glitt unwillkürlich zu dem Bett, in dem er noch vor einer Nacht mit Vanessa im Arm gelegen hatte, und plötzlich bemerkte er im Schein der Lampe einen glänzenden Schimmer. Er beugte sich hinunter und fand ihr Medaillon. Sie musste es hier vergessen oder verloren haben. Das Medaillon mit dem Bild ihres ersten Gatten.
Robert durchzuckte wieder diese lächerliche Eifersucht, und er wollte das Schmuckstück in eine kleine Schatulle legen, um es für sie aufzubewahren. Dann besann er sich jedoch anders und setzte sich in den bequemen Stuhl hinter dem Schreibtisch. Minutenlang hielt er das Medaillon in der Hand und starrte darauf, bis er es schließlich öffnete. Er wollte nochmals den Mann sehen, dem ihre Liebe vor ihm gehört hatte.
Als er es jedoch ins Licht der Lampe hielt, blickte er anstatt in die dunkelgrauen Augen ihres verstorbenen Mannes in Vanessas leuchtend blaue. Sie lächelte, und obwohl das Bildnis so klein und zart gemalt war, sah er deutlich die beiden entzückenden Grübchen in ihren Wangen.
16. Kapitel
V anessa kam von der kleinen Kapelle. Sie hatte sich nie besonders eingehend mit Glaubensdingen befasst, aber da sie hier niemanden außer Martin und Jack hatte, mit dem sie über ihre Sorge und Angst um Robert sprechen konnte, tat es ihr unendlich wohl, sich einem höheren Wesen anzuvertrauen und es um Schutz für ihren Capitaine zu bitten. Obwohl mit jeder Woche und jedem Monat, der verging, ihr Glaube an die hilfreiche höhere Macht und eine sichere Rückkehr Roberts schwand.
Immerhin war schon eine lange Zeit vergangen, seit ihr Liebster sie so entschlossen hier ausgesetzt hatte. Und wäre da nicht der Ring gewesen, der für sie ein Zeichen für Roberts Willen war, sie abzuholen und zu heiraten, so hätte sie die Insel schon längst verlassen. Die romantische Vorstellung, die sie sich bei ihrer Abreise aus Frankreich gemacht hatte, hatte sich verflüchtigt, und sie hätte lieber überall anders gelebt als hier. Und sosehr sie sich zu Beginn der Reise darauf gefreut hatte, auf einer Insel zu leben, auf der das ganze Jahr Sommer war, sosehr sehnte sie jetzt nichts mehr herbei als den Tag, an dem Robert sie endlich wieder abholen würde.
Sie war schon spät dran. Zuerst hatte sie gemeinsam mit Jack und dem auf der Plantage wohnenden Pater eine junge Sklavin besucht, die gerade ein Kind zur Welt gebracht hatte, hatte den zwei Tage alten Säugling im Arm gewiegt und war fast in Tränen ausgebrochen vor Sehnsucht nach Robert und der Zukunft, die sie sich mit ihm ausgemalt hatte. Inzwischen war sie schon längst bereit, auf Roberts Wünsche einzugehen, solange sie ihn nur endlich wieder zurückbekam. Wenn sie sich erst einmal in den Armen lagen, konnte sie immer noch versuchen, die weitere Entwicklung etwas mehr nach ihren Vorstellungen zu formen. Im Moment waren das alles ohnehin nur Träume, mit denen sie sich aufrecht hielt: von einem gemeinsamen Leben, von Glück, einem wohligen Heim und einem Mann, der bei ihr war und sie liebte.
Sie hatte nach dem Besuch Zeit gebraucht, um sich zu fassen, und sich daher länger in der Kirche aufgehalten als geplant. Nun beeilte sie sich, ins Haus zu kommen. Es war ein
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