Die Braut des Freibeuters: Er beherrschte die Meere - doch sie war die Herrin seiner Sinne (German Edition)
dadurch herausfinden, welcher seiner Leute das Maul aufgerissen und sie verraten hatte.
Der Franzose sah seinen Blick. Er hatte so leise gesprochen, dass keiner seiner Leute mithören konnte. »Sie können stolz auf Ihre Männer sein, Captain McRawley, ich weiß, dass viele von meiner Crew versucht haben, etwas über Sie herauszufinden, aber sie haben geschwiegen wie ein Grab. Nein, ich wusste schon, als Sie mich in der Taverne angesprochen haben, wer Sie sind.« Er zuckte mit den Schultern. »Gerüchte verbreiten sich eben schnell. Vor allem unter jenen, die mit Ihren Leuten sympathisieren, und das ist unter den Franzosen die Mehrzahl.« Er musterte Robert mit leichtem Spott. »Ich hätte Sie in jedem Fall hierhergebracht, wollte mir das Würfelspiel jedoch nicht entgehen lassen.« Bevor Robert etwas antworten konnte, hatte er sich auch schon abgewandt und wies zur Insel. »Die Niederlande sind neutral in diesem Krieg und machen gute Geschäfte damit, ebenso wie die Piraten und Kaperer, die sich nicht an die Regeln halten wollen. Es treibt sich so einiges Gesindel hier herum, zum Beispiel dieser Ramirez Torrez, von dem man nie weiß, auf welcher Seite er gerade steht.«
Robert blickte auf die Barke, an deren oberster Mastspitze eine auffällige Flagge wehte. Weiß mit einem roten Säbel darin. Ramirez’ höchsteigenes Erkennungszeichen. Er hatte den Spanier schon vor Jahren getroffen, als er noch auf dem Handelsschiff tätig gewesen war, das zwischen Boston und dem südamerikanischen Kontinent Waren transportierte. Damals hatte Ramirez vergeblich versucht, das Schiff zu kapern. An Land war Robert in einer Taverne zufällig wieder auf den Spanier gestoßen und hatte ihn zur Rede gestellt. Am Ende hatten sie sich so lange geprügelt, bis sie beide erschöpft liegen geblieben waren. Seitdem war so etwas wie eine Freundschaft zwischen ihnen entstanden, und als Ramirez dann zu Beginn des Krieges plötzlich mit seinem Schiff aufgetaucht war und seine – wohlgemerkt bezahlten – Dienste angeboten hatte, hatte Robert die Admiralität dazu überredet, darauf einzugehen. Seitdem versorgte der Spanier, der ungehindert die Westindischen Inseln befahren konnte, die Kolonien mit Informationen über die Aktivitäten der englischen Kriegsschiffe. Es kam Robert gerade recht, jetzt auf Ramirez zu stoßen, der zweifellos über Nachrichten von der Independence verfügte und ihm dabei behilflich sein konnte, dieses verkommene Subjekt namens Malcolm McRawley außer Gefecht zu setzen.
Robert drückte nochmals die Hand des französischen Captains und folgte dann Finnegan, der bereits im Boot saß. Als die Leute in die Ruder griffen, hob er die Hand. »Danke für die Überfahrt, Capitaine Martaire.«
Martaire verneigte sich in höflicher Ironie. »War mir ein Vergnügen, Captain. Sollten Sie Ihr Schiff zufällig wieder einmal verlieren, stehe ich gern abermals zur Verfügung.«
6. Kapitel
E ndlich, nach langen Stunden, in denen ihre Zofe krank vor Angst, jedoch zum Glück ausnahmsweise frei von Übelkeit sich an sie geklammert hatte, hatte der Sturm nachgelassen. Blitz und Donner erschütterten den Schiffskörper nicht mehr, sondern klangen bereits etwas weiter entfernt, und das Schiff fiel nicht mehr mit rasender Geschwindigkeit von Wellental zu Wellental, was selbst Vanessas Magen gequält hatte reagieren lassen. Sie atmete erleichtert auf, als der Sturm langsam abebbte. Suzanne lag leise schluchzend und Dankesgebete ausstoßend neben ihr in der Hängematte, wohin Martin sie beide verfrachtet hatte, während er selbst an Deck ging, um die Situation zu erkunden. Er musste wissen, wie viel Schaden bei dem Unwetter entstanden war, wie weit sie vom Kurs abgetrieben worden waren und was aus den anderen Schiffen der Flotte geworden war. Vanessa, der er mit ungewöhnlicher Strenge befohlen hatte, sich nicht vom Fleck zu rühren, hielt es nach einigen Minuten, in denen das Schiff ruhiger schaukelte, allerdings nicht mehr in der Kabine, und sie folgte ihrem Freund, während Suzanne erschöpft liegen blieb.
An Deck bot sich ihr ein Bild der Verwüstung. Einer der Anker hatte sich trotz aller Sicherheitsvorkehrungen losgerissen und ein Loch in die Seitenwand geschlagen, durch das Wasser eingetreten war, und etliche Männer waren nun damit beschäftigt, mit einer einfachen Handpumpe das halb überschwemmte Unterdeck von Wasser zu befreien. Vom Vormast war nur noch ein etwa zwei Meter hoher Stummel zu sehen, den Rest hatte der Sturm samt
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