Die Braut des Freibeuters: Er beherrschte die Meere - doch sie war die Herrin seiner Sinne (German Edition)
schweren Eisenringe hatten die Haut dort, wo sie am Bein auflagen, wundgeschürft. Er hatte sich zwar bereits so sehr an den Schmerz gewöhnt, dass er ihn kaum noch bemerkte, aber er streckte sich erleichtert, als er ohne Kette vor Parmer stand.
Finnegan versuchte, sich vom Boden hochzustemmen, und Robert kam ihm rasch zu Hilfe. Seine Wangen waren eingefallen, die Stirn vom Fieber gerötet, und seine Augen hatten einen glasigen Ausdruck. Es war ein Wunder, dass er überhaupt noch bei Bewusstsein war, und es würde wohl nicht mehr lange dauern, bis er endgültig zusammenbrach.
»Er kann auf meinem Pferd reiten«, bot Parmer an.
Robert nickte, und Matthew Parmer wollte das Tier soeben näher heranführen, als sich eine vierspännige Kutsche in Begleitung einiger Soldaten näherte. Da der Weg zu schmal war, um sie neben den Männern durchfahren zu lassen, mussten sich diese auf die Seite drängen und in die sumpfige Wiese ausweichen. Parmer führte sein Pferd ebenfalls an den Rand des Weges und stützte Finnegan, während Robert nachdenklich zu der Kutsche sah, die sich durch den tiefen Schlamm mühte und kaum vom Fleck kam. Das war genau das, was er, oder besser Finnegan, jetzt brauchte. Eine verrückte Idee, zugegeben, aber er hatte schließlich nichts zu verlieren.
Kurz entschlossen trat er zu den Pferden, bevor sie wieder anziehen konnten, und hielt das Zugtier am Zügel fest. »Warten Sie bitte, ich möchte mit dem Besitzer dieser Kutsche reden!«
Der Mann, der neben dem Kutscher auf dem Kutschbock saß, fuhr ihn an. »Hast du den Verstand verloren? Lass sofort das Pferd los!« Er sprach Englisch, aber mit einem fremdartigen Akzent, so, als hätte er jahrelang in Übersee gelebt.
Robert kannte diesen Tonfall von Matrosen, die mit Menschen aus aller Herren Länder gesegelt waren, bis sie ein Kauderwelsch sprachen, und musterte den Mann interessiert, konnte seine Züge unter einem breitkrempigen Hut jedoch nicht erkennen. »Gleich, aber zuerst möchte ich mit dem Besitzer dieser Kutsche sprechen!«
»Was willst du von ihm?«
Robert deutete auf Finnegan, der totenbleich am Pferd lehnte und sich mit letzter Kraft am Sattel festkrallte. »Mein Freund braucht Hilfe. Er ist schwer verwundet und muss nach Dover. Würden Sie ihn in der Kutsche hinbringen?«
»Wir kommen gerade von dort«, erwiderte der Fremde barsch. »Und jetzt verschwinde, sonst …«
Eine weibliche Stimme erklang aus dem Wagen. Der Mann sprang herab und stapfte durch den Matsch zur Tür, wo sich jetzt eine schmale, in weiches Leder gehüllte Hand aus dem Fenster streckte. Er sagte etwas, das Robert nicht verstehen konnte, dann wandte er sich kopfschüttelnd nach ihm um. Die weibliche Stimme ertönte abermals, diesmal bestimmter, und es gab eine kurze, aber heftige Auseinandersetzung, in der die Dame Sieger zu bleiben schien, denn der Mann winkte Robert zu sich heran. Der Vorhang am Kutschenfenster schob sich zurück, und ein eleganter Hut mit einem dichten Schleier kam zum Vorschein.
Robert trat zum Kutschenschlag, fuhr sich unwillkürlich mit der Hand durch sein zerzaustes Haar, soweit es nicht von dem Verband bedeckt war, zog seine zerfetzte Jacke zurecht und räusperte sich. Er sah schlimm genug aus, aber wenn er auf die Lady einen guten Eindruck machte, dann würde es ihm unter Umständen gelingen, seinen Plan durchzuführen.
»Madam, mein Freund ist schwer verletzt. Hätten Sie wohl die Liebenswürdigkeit, ihn nach Dover zu bringen? Er hat dort ärztliche Hilfe und …«
»Madame«, fiel ihm der andere ins Wort, »das sind Gefangene.«
»Aber der Mann ist doch verletzt!« Ihre Stimme klang weich, aber energisch. Auch sie sprach Englisch, ebenfalls mit kaum merklichem Akzent.
Zu Roberts Ärger war einer der Soldaten auf ihn aufmerksam geworden und kam näher. »Hau ab, lass die Lady in Ruhe. Verzeiht den Aufenthalt, Mylady, aber diese Piraten sind unterwegs nach Dover.«
»Hören Sie, M’am«, fuhr Robert schnell fort, bevor der Mann weitersprechen konnte, »meinem Freund geht es sehr schlecht. Er stirbt, wenn er nicht schnell nach Dover kommt.« So wie Finnegan aussah, würde er sich wohl nicht einmal mehr auf dem Pferd halten können, ganz abgesehen davon, dass die harten Stöße beim Ritt ihm wesentlich mehr zusetzen würden als eine Reise in der weich gefederten, luxuriös wirkenden Kutsche. Er versuchte, einen Blick in den Wagen und durch den dichten Schleier, der das Gesicht der Dame verdeckte, zu erhaschen. Sie hatte jung
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