Die Braut des Herzogs (German Edition)
Reitgerte abzunehmen.
»Lady Redbridge ist vor einigen Minuten angekommen«, informierte er sie. »Die beiden Damen befinden sich im kleinen Salon.«
»Marilla, was für eine Freude, dich zu sehen!« rief Olivia, als sie den Salon betrat.
Ihre Stiefmutter war wie immer sehr modisch angezogen in einem cremefarbenen Reisekleid von fast goldfarbenem Schimmer, die Haare zu einer jugendlichen Frisur aufgesteckt. Neben der fülligen Gestalt von Lady Darlington wirkte sie noch jünger und zierlicher als sonst.
Sie war sofort aufgestanden, als ihre Stieftochter ins Zimmer getreten war und streckte ihr nun beide Arme entgegen: »Ich freue mich auch, dich wiederzusehen!« sagte sie herzlich. Sie ließ sich von Olivia auf beide Wangen küssen und hielt sie dann in einigem Abstand von sich entfernt, um sie besser betrachten zu können: »Du bist ja nicht wiederzuerkennen!« stellte sie befriedigt fest: »Wie ich es mir gedacht habe: Aus dem biederen Landmädchen ist eine wahre Schönheit geworden.«
Lady Darlington lachte, amüsiert durch diese freie Rede, auf. Sofort wandte sich Marilla ihr zu: »Oh, ich weiß, daß Sie großen Anteil an Olivias Veränderung haben«, sagte sie freundlich, »Ihr Geschmack ist wirklich unfehlbar.«
Tante Mable errötete geschmeichelt. »Das ist freundlich, daß Sie das sagen. Aber ich versichere Ihnen, Olivia selbst hat ein vorzügliches Gespür dafür, was ihr steht.«
Olivia lächelte. Es war offensichtlich, daß ihre Stiefmutter den richtigen Ton gefunden hatte, um die Sympathie ihrer Tante, die ja immerhin die Schwester der ersten Lady Redbridge gewesen war, zu erringen.
»Was bringt dich nach London?« fragte sie, um das Gespräch über ihr Aussehen zu beenden: »Ist Papa nicht mit dir gekommen?«
Marilla wandte sich wieder ihrer Stieftochter zu und rief ungläubig: »Du fragst, was mich nach London bringt, meine Liebe? Wie soll ich das verstehen? Gleich nachdem gestern vormittag dein Bote vorgesprochen hatte, haben dein Papa und ich beschlossen, daß ich sofort hierher reisen werde. Dein Vater wollte die Güter im Augenblick nicht verlassen, da wir ja einen neuen Verwalter haben. Und da du ja ausdrücklich nach mir verlangt hast …«
»Mein Bote?« unterbrach sie Olivia erstaunt. »Welcher Bote, Marilla? Ich habe dir doch keinen Boten geschickt!«
»Du hast keinen Boten geschickt?« wiederholte Lady Marilla fassungslos und schüttelte den Kopf:
»Gestern, es war so ungefähr zehn Uhr vormittags, ich war eben dabei, mit der Haushälterin die Wäscheliste durchzusehen, traf ein Reiter auf dem Vorplatz ein. Da er angab, er habe persönliche Botschaft von dir an deinen Vater und mich, wurde er umgehend vorgelassen. Ich habe Papa extra von den Ställen holen lassen …«
Olivia hatte mit ungläubigem Staunen zugehört: »Und welche Nachricht brachte der Mann?« fragte sie atemlos.
»Ich gebe zu, er sprach etwas verworren«, räumte Mylady ein. »Und doch hatten wir keinen Anlaß zu bezweifeln, daß du ihn uns geschickt hast, meine Liebe. Er sagte, du würdest meine Anwesenheit in London für dringend erforderlich erachten. Ja, er sagte ausdrücklich meine Anwesenheit, das war ein Umstand, der deinen Vater etwas stutzig machte.«
»Ja, hatte der Mann denn kein Schreiben bei sich?« wandte nun Lady Darlington ein, die sich entgegen ihrer Gewohnheit bisher schweigend verhalten hatte.
»Ja, richtig«, meinte nun auch Olivia, »wie erklärte der Mann, daß er keinen Brief von mir bringen konnte?«
»Er sagte, du hättest keine Zeit gefunden, uns ausführlich zu schreiben. Du würdest in London alles erklären.«
»Sagte er, warum ich deine Anwesenheit in der Stadt für so notwendig erachtete? Nannte er irgendwelche Gründe?«
Marilla schüttelte den Kopf: »Nein, er nannte keine Gründe.Er beteuerte nur eindringlich, du habest ihm aufgetragen, mich von der Wichtigkeit der Reise zu überzeugen.«
»Aber, das ist doch mysteriös!« rief Olivia entsetzt. »Warum gibt sich da jemand als mein Bote aus? Wer könnte denn wollen, daß du Redbridge Manor verläßt? Oder sollte jemandem an deiner Anwesenheit in London liegen?«
»Wie sah denn der Mann aus?« fragte ihre Tante.
»Nun, wie sah er aus?« überlegte Lady Marilla. »Klein, ja ziemlich klein und etwas untersetzt. Nicht mehr der Jüngste, würde ich sagen. Mit einer Glatze. Wie ein typischer Pferdeknecht, eben. Ich dachte, er wäre einer Ihrer Bediensteten.«
»Aber ich habe doch keinen Pferdeknecht mit einer Glatze!« rief
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