Die Braut des Herzogs (German Edition)
Daumennagel der linken Hand und nahm bedächtig eine Prise.
»Ich sehe, so kommen wir nicht weiter«, sagte er schließlich rundheraus, doch nicht unfreundlich. »Lassen Sie uns mit offenen Karten spielen, Miss Redbridge. Ich sehe, Sie sind eine vernunftbegabte Frau, und daher werden Sie nicht angenommen haben, daß es romantische Zuneigung war, die mich zu diesem Heiratsantrag veranlaßte.«
Er hielt inne und erwartete eine Erwiderung, die auch prompt erfolgte: »Der Gedanke war mir wirklich fremd«, bestätigte Olivia.
»Nun, warum haben Sie wohl den Antrag eines Ihnen Unbekannten nicht rundweg abgelehnt?«
Sie konnte nicht verhindern, daß ihr die Hitze in die Wangen stieg, doch antwortete sie leichthin: »Seien Sie versichert, daß auch ich meine Gründe hatte, Sir.«
Nun zeitigten die langen einsamen Abende, die Stunden der Grübelei ihre Wirkung. »Oh, ich kann mir genau vorstellen, was Ihre Gründe gewesen sind, Miss«, fuhr sie der Herzog kalt an. »Eine verflixt gute Partie, dieser Wellbrooks, nicht wahr? Ein hoher Titel, ein altes Adelsgeschlecht und dann noch das stattliche Vermögen! Das war es doch, Miss Redbridge. Die Aussicht auf das Krönchen der Herzogin von Wellbrooks. Da fiel es nicht schwer, darüber hinwegzusehen, daß man den Mann gar nicht kannte. Und wenn er ein noch so großes Ungetüm wäre, wie leicht würde sein Vermögen über diesen Umstand hinwegtrösten. Ein Fang, den man sich einfach nicht entgehen lassen konnte, habe ich recht?«
Olivia, die mit diesem leidenschaftlichen Ausbruch nicht gerechnet hatte, verbot sich jede Entgegnung.
»Sie müssen es ja wissen, Sir«, sagte sie statt dessen schlicht. Ihre Ruhe brachte sein Blut erst recht in Wallung. All der Zorn, der sich die Jahre hindurch gegen das weibliche Geschlecht aufgestaut hatte, brach aus ihm heraus. Dazu kam, daß diese Miss Redbridge so anders aussah, als er es sich vorgestellt hatte. Nie hätte er mit einer derart attraktiven Frau gerechnet Und dann war sie so anders als seine Bekannten. Weder errötete sie jungmädchenhaft, wenn er sie anblickte, noch versuchte sie, ihm in irgendeiner Weise zu gefallen. Noch nie war es ihm passiert, daß er von einer jungen Dame so kritisch gemustert wurde, noch nie hatte ihm eine junge Dame so freimütig geantwortet. Er hatte sich ein sittsames, hausbackenes Landkind vorgestellt, und er hatte sich verflucht, einer Frau einen Antrag gemacht zu haben, mit der er nie zusammenpassen würde. Und nun sah er, wie Olivia wirklich war, eine selbstbewußte, junge Dame, schlicht und doch elegant gekleidet, kein junges Mädchen mehr, sondern eine faszinierende Frau mit umgezwungenem Benehmen – undes überraschte ihn selbst, wie verbittert er darüber war.
»Sie sehen anders aus, als ich Sie mir vorgestellt hatte«, meinte er unvermittelt.
»Das ist mir inzwischen klargeworden«, entgegnete Olivia kühl. »Und doch kann ich es nicht bereuen, keine Ähnlichkeit mit Lady Darlington zu haben.«
Sie bemerkte zu ihrer Genugtuung, daß sie ihn aus der Fassung gebracht hatte, und fügte genußvoll hinzu: »Darf ich Ihnen jedoch versichern, Sir, daß Sie genau meinen Erwartungen entsprechen.«
»Ach, tatsächlich?« funkelte er sie an. »Wie erfreulich für Sie, daß Sie sich nicht geirrt haben.«
»Oh, wenn man seine Erwartungen nicht zu hoch ansetzt, wird man selten enttäuscht«, erwiderte sie betont freundlich.
»Keine hohen Erwartungen?« fragte er spöttisch. »Inwiefern entspreche ich diesen Ihren Erwartungen?«
»Nun«, antwortete sie langsam, jedes Wort betonend: »Ich erwartete einen zynischen, unangenehmen Mann in mittleren Jahren, der es gewohnt ist, seine Mitmenschen geringzuschätzen und seine Umgebung zu tyrannisieren. Ich erwartete einen Mann, der sich selbst für den Mittelpunkt des Daseins hält, berechtigt, sich über die Gefühle anderer hinwegzusetzen. Der sich zu erhaben dünkt, die Konventionen einzuhalten, und der glaubt, auf gute Manieren verzichten zu können. Selbstgefällig, verwöhnt, mit liderlichem Lebenswandel. Und Sie müssen zugeben, Sir, ich konnte meine Erwartungen voll und ganz bestätigt finden.«
Wellbrooks biß die Zähne zusammen. »Schlange!« zischte er.
Olivia registrierte die Verbitterung, die ihre Worte bei ihm hervorgerufen hatten, mit Schadenfreude. »Darf ich Ihnen eine Erfrischung anbieten, Sir?« fragte sie betont höflich.
»Bemühen Sie sich nicht, Madam«, antwortete der Herzog. »Ich werde Sie nicht mehr lange aufhalten. Mich würde
Weitere Kostenlose Bücher