Die Braut des Kreuzfahrers
leise. » Das ist eine Lüge. Eine hinterhältige Lüge. Leila wollte auf mich warten. Das hat sie versprochen. «
Blitzartig drehte er sich wieder zu dem erschrockenen Konrad und packte ihn grob bei beiden Schultern.
» Das hat sie versprochen – du bist dabei gewesen. Hast unsere Worte übersetzt. Hat sie nicht gesagt, sie wolle auf mich warten? «
Konrad hatte den Kopf zwischen die Schultern gezogen und die Augen fest zusammengekniffen, während Roger ihn hin und her schüttelte.
» Doch … das hat … sie gesagt « , stieß der Junge hervor. » Ich schwöre, dass sie … das gesagt hat. «
» Und weshalb ist sie jetzt nicht hier? «
Konrads Blick glitt wieder flehentlich zu Gottfried hinüber, der beschloss, dieser Sache ein Ende zu machen.
» Nimm dich zusammen, Roger. Was soll man von uns denken, wenn du solch ein Aufsehen machst. Leila hat ein paar Freunde getroffen, und sie haben ihr eine Unterkunft vermittelt. Das ist doch ganz natürlich. Hier konnte sie ja nicht bleiben, weil die Besitzer des Hauses zurückgekommen sind. «
Roger starrte ihn mit glasigen Augen an, und Gottfried war sich nicht sicher, ob er seine Worte überhaupt vernommen hatte. Begriffen hatte er sie auf keinen Fall.
» Das müsst Ihr verstehen, Herr « , schwatzte Konrad, dem die Angst im Gesicht geschrieben stand. » Leila hatte Sorge, dass Ihr nicht zurückkehren würdet. Sie sagte, der Spatz in der Heimat sei besser als die Taube im Land der Franken. Sie … sie sagte auch, es gäbe viele Lügner unter den Kreuzfahrern. «
» Junge Männer? Gaukler? Auch Feuerspucker? «
» Ja, Gaukler « , nickte Konrad eifrig, froh, dass sein Herr offensichtlich besänftigt war. » Es gibt mehrere Gaukler hier in Jaffa, sie sind zusammen mit den Hübschlerinnen aus Akkon gekommen. Dort ist ein schlimmer Streit unter den Genuesen und den Händlern aus Pisa ausgebro… «
Er taumelte rückwärts, weil Roger ihn mit einem festen Stoß freigab und sich danach zu Gottfried umwandte.
» Wartet nicht auf mich! «
Er musste den Wallach hart herannehmen, denn das Pferd war müde und bockig. Es tat einen Sprung zur Seite, dem Gottfried gerade noch rechtzeitig ausweichen konnte.
» Roger! «
Er wandte sich nicht um, sondern trieb den Wallach mit den Sporen an und war gleich darauf in einer Quergasse verschwunden. Man hörte ihn zornig schelten, vermutlich wich man dem eiligen Reiter nicht rasch genug aus.
» Er hat nicht einmal eine Fackel « , murmelte Konrad.
Gottfried war ebenfalls aufs Pferd gestiegen, um dem Freund beizustehen, doch er musste die Absicht schon bald aufgeben. Ohne Fackel oder Laterne war der Davongerittene in der Finsternis der kleinen Gässchen nicht mehr zu finden. Zudem fing es schon wieder an zu regnen.
» Verrückter Bursche « , murmelte der Graf. » Es wäre morgen noch genug Zeit gewesen. «
Er handelte mit dem Hausbesitzer ein Nachtquartier für sich, seinen Freund und den Knappen aus, zahlte im Voraus und erhielt ein geradezu fürstliches Abendessen mit Hammelfleisch, Gemüse, frischem Fladenbrot und süßen Feigen. Auch der Raum war hübsch zurechtgemacht, die Wände mit Tüchern und Vorhängen bedeckt, ein bunter Teppich auf dem Boden, drei Lagerstätten auf Polstern mit weichen Decken. Konrad stopfte sich mit Fleisch und Brot voll, rülpste zufrieden und fiel sogleich in den festen Schlaf der Jugend. Gottfried hingegen wälzte sich auf dem Lager herum und horchte immer wieder auf die Gasse hinaus, ob nicht Hufschläge oder die wohlbekannte Stimme seines Freundes zu hören waren. Er war ärgerlich, Roger in der dunklen Gasse verloren zu haben, denn falls sein Freund Leila in dieser Nacht fand, würden die beiden gewiss nicht hierher zurückkehren. Sie würden sich irgendwo einmieten und ihr Wiedersehen feiern, es konnten Tage vergehen, bis man sich zufällig wieder in die Arme lief. Gottfried war sich darüber klar, dass er Leilas wegen so unruhig war. Er musste ihr eine Frage stellen und fürchtete sich vor der Antwort. Tiessa war über das Meer nach Marseille gefahren, sie hatte die Alpen überquert und war längst wieder zu Hause. Das war so gut wie sicher. Es gab keinen Grund, sich mit Sorgen zu quälen. Und doch …
Als ihn langsam der Schlaf übermannte, geschah, was fast jede Nacht über ihn kam, ohne dass er sich dagegen wehren konnte, denn kein Mensch ist in der Lage, seine nächtlichen Träume zu beherrschen. Die Bilder waren voll sündhafter Verlockung, und er gab ihr nach, spürte das weiche
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