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Die Braut des Kreuzfahrers

Die Braut des Kreuzfahrers

Titel: Die Braut des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilke Mueller
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Hand schützten musste. Dann erblickte sie zum ersten Mal die Stadt Akkon.
    Sie befand sich weit vom Lager entfernt, aber dennoch erschien sie ihr gewaltig und erhaben schön, weiß schimmernd vor dem taubenblauen Morgenhimmel. Ja, so hatte sie sich die Bauten im Heiligen Land vorgestellt, so musste auch die Stadt der Städte, das Heilige Jerusalem, aussehen. Mächtige, zinnenbewehrte Mauern, Kuppeln und hoch aufragende Türme aus hellem Gestein, in klaren, kantigen Formen errichtet – waren das Bauten von Menschenhand oder waren es göttliche Engel, die diese Festung zum Lob des Herrn geschaffen hatten? Empörung erfasste sie. Es konnte nicht sein, dass solch eine Stadt den Sarazenen gehörte, diesen Ort hatte Gott der Herr seinen christlichen Rittern bestimmt.
    Die Mauern von Akkon waren ausgedehnt und – wenn sie jetzt genauer hinschaute – auch nicht an allen Stellen gleich hoch. Sie schlossen im Westen und Süden mit der Meeresküste ab, sodass die dahinter auf einer Halbinsel liegende Stadt von der Landseite her vollkommen geschützt war. In der Mitte der großen Festungsmauer, wo die Türme dicht an dicht standen, musste das Haupttor sein. Dort verliefen die Mauern ein wenig einwärts, damit das Tor auch von den Seiten geschützt werden konnte. Was für eine Befestigung, dachte sie entmutigt. Wer in die Stadt gelangen will, der muss dieses trutzige Bollwerk überwinden – doch wer sollte dazu imstande sein außer den Seevögeln, die so schlank und mühelos über Meer und Stadt schwebten?
    Sie trat einen Schritt vor und blickte sich neugierig nach allen Seiten um. Das also war das Lager der Kreuzritter, die aus aller Herren Länder gekommen waren, um für den christlichen Glauben mit dem Schwert zu kämpfen. Es war auf einer Anhöhe errichtet und erschien ihr ungeheuer groß und ziemlich unübersichtlich. Von hier aus konnte sie den Wall gar nicht erkennen, der es nach außen hin schützte. Braune, blaue und rote Zelte verschiedener Größe waren in loser Folge aufgebaut, einige dicht beieinander, andere, besonders die großen, hatte man abseits der anderen aufgestellt. Dazwischen standen Pferde, die an Pflöcke angebunden waren, ein alter Maulesel döste gottergeben vor sich hin, ein frecher Vogel saß auf seinem Rücken und pickte in seinem Fell herum. Was für ein Durcheinander war das nur. Neben den Feuerstellen lagen Töpfe, Schüsseln, Becher und Kannen, dazwischen schliefen Männer lang ausgestreckt auf dem Boden, den Sattel oder den zusammengerollten Mantel unter den Kopf gelegt. Andere saßen auf ihren Satteldecken und schwatzten miteinander, einige standen ungeniert neben den Zelten und schlugen ihr Wasser ab. Hier lag ein Bündel Feuerholz, dort lehnten Spieße und Schilde an einem Zelt, weiter hinten hockte gar ein Knecht im Sand, und der Geruch, den der Wind zu ihr hinübertrug, erklärte eindeutig, was er dort verrichtete. Dann entdeckte sie eine Gruppe von gelbbraunen Zelten, vor denen sich einige Leute zu schaffen machten, und sie reckte den Hals, um zu sehen, was dort geschah. Bereitete man etwa doch einen Angriff vor? Wollten die Kämpfer jetzt mit Leitern und Stricken nach Akkon hinübergehen und versuchen, über die hohen Zinnen zu gelangen?
    Vor lauter Neugier wäre sie fast über einen Mann gestolpert, der dicht neben dem Eingang des Zeltes im Sand schlief. Sie hatte ihn nur leicht mit dem bloßen Zeh berührt, doch Ivo Beaumont schlug die Augen auf.
    » Tiessa! Gelobt sei Jesus Christus – du bist wieder gesund! «
    Sie musste ihr dummes Herz festhalten, denn er schien so glücklich über ihre Genesung, dass es sie rührte. Er lachte vor Freude, sprang auf und schien sie umarmen zu wollen. Als sie erschrocken zurücktrat, hielt er jedoch inne und ließ die Arme sinken.
    » Vergib mir, Tiessa « , stammelte er verwirrt. » Ich … wir alle waren in großer Sorge. Als ich dich aus dem Schiff ans Ufer trug, war dein Zustand so schlimm, dass man um dein Leben fürchtete. «
    Er hatte sie also auf seinen Armen getragen – wie peinlich, sie hatte sich doch ständig übergeben müssen. Gewiss hatte er sich vor ihr geekelt. Unsicher blickte sie zu ihm auf, doch sein Lächeln war unbefangen und voller Zuneigung. Es war sicher nicht sehr klug, ihm allzu lange in die Augen zu sehen – sie spürte, dass sein Blick immer noch Macht über sie hatte. Sie wappnete sich, hob das Kinn und fragte betont spöttisch, was er denn vor dem Zelt der Frauen zu tun habe.
    » Ich habe Wache gehalten. «
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