Die Braut des Normannen
diese Gewohnheit annehmen?«
»Die Traditionen sollten gewahrt werden — so etwas Ähnliches hat mir meine Frau geraten, als sie mich in der Hochzeitsnacht dazu bringen wollte, sie zu küssen.«
Nichola lächelte. »Deine Frau gesteht jetzt ein, daß das nur ein Vorwand war.«
Er nickte und wurde ernst. »Ich hätte gern, daß du mir noch etwas anderes eingestehst«, sagte er mit rauher Stimme. »Sag mir, daß du mich liebst, Nichola. Ich möchte hören, wie du diese Worte sagst.«
Erneut stiegen ihr die Tränen in die Augen. Sie senkte den Kopf, damit er nicht sah, wie aufgewühlt sie war. »Ich möchte dir keine Last sein.«
Royce ging auf sie zu, schloß sie in die Arme und drückte sie an sich. »Willst du damit sagen, daß es eine Last für mich wäre, wenn du mich liebst?« fragte er in dem Bewußtsein, daß er sie nicht richtig verstanden hatte.
»Ja.«
Er lachte volltönend und laut. »Du wirst mir immer wieder neue Rätsel aufgeben, nicht wahr?«
»Ich liebe dich.«
Endlich sprach sie die Worte aus, nach denen er sich so sehr gesehnt hatte. Es war wie ein Wunder – ein kostbares Geschenk, und er empfand demütige Dankbarkeit, obwohl er immer noch nicht verstand, wie sie solche Gefühle für ihn entwickeln konnte. Sie war ihm ein Rätsel. Sein Gesicht war von Narben entstellt, aber sie hatte nur die silbernen Lichter in seinen, wie sie sagte, hübschen Augen entdeckt. Er hatte sich selbst immer als zu groß und linkisch betrachtet, aber sie behauptete, er wäre stattlich und stark. Nichola schien blind zu sein, und er würde für den Rest seines Lebens Gott auf Knien für diese Schwäche danken.
Er sagte kein einziges Wort. Sei wartete, hoffte und betete, aber er sprach nicht aus, wonach sie sich so verzweifelt verzehrte.
»Mein Herz, sag mir, warum du glaubst, daß das eine Last für mich sein könnte.«
Sie brach in Tränen aus. »Weil ich dir nicht die geringste Wahl gelassen habe. Du hättest mich nie freiwillig geheiratet, wenn du selbst hättest entscheiden können.«
Er lächelte und legte sein Kinn auf ihren Kopf, damit sie seine glückliche Miene nicht sehen konnte. Sie sollte nicht glauben, daß er sich über sie lustig machte, und außerdem wollte er nicht, daß sie seine verträumten Augen sah. Aber, verdammt, die Freude, die er empfand, war überwältigend.
»Oh, du meinst, es war deine Entscheidung?« flüsterte er. »Das belastet dich schon sehr lange, nicht wahr?«
Sie stieß an sein Kinn, als sie nickte.
»Nichola, ist dir nie in den Sinn gekommen, daß ich die Halle hätte verlassen können, ehe du dich für mich entschieden hast?«
»Du hättest nicht gehen können, nur die verheirateten Ritter durften hinaus.«
Er versuchte es auf andere Weise. »Ich hätte dich auch abweisen können.«
»Nein«, widersprach sie. »Dazu bist du zu ehrenhaft. Du fühltest dich für mich verantwortlich.«
»Du hast dir das alles ganz genau überlegt, stimmt's? Nichts, was ich sage, würde dich vom Gegenteil überzeugen.«
»Was meinst du damit?«
»Nichola, ich hatte vor, mich um deine Hand zu bewerben. Ich hätte niemals zugelassen, daß ein anderer dich auch nur anrührt.«
»Du bist sehr freundlich zu mir, Royce. Du zeigst immer sehr viel Verständnis und Geduld für jedermann.«
Er drückte einen Kuß auf ihr Haar. Er hatte keine Ahnung, wie er ihr klarmachen sollte, daß er sie in jedem Fall zu seiner Frau gemacht hätte. Er war längst entschlossen gewesen, um ihre Hand zu kämpfen, weil ihn der bloße Gedanke daran, daß sie zu einem anderen gehen könnte, beinah um den Verstand gebracht hätte.
Sie gehörte zu ihm, und er hatte sich schon an sie gewöhnt, als sie in London eingetroffen waren. Er war von Natur aus besitzergreifend, und das war einer der Gründe, weshalb er sie nie hätte gehen lassen.
Was die Liebe betraf – in diesen Dingen kannte er sich nicht aus, und Royce wußte nicht einmal, ob er sie so lieben konnte, wie es sich für einen Ehemann geziemte. Er war unsicher und sogar ratlos.
Es mußte genügen, wenn er ihr klarmachte, daß er sehr zufrieden war, sie an seiner Seite zu wissen. Aber nein, nicht einmal das und auch sonst nichts würde sie überzeugen, daß er ihr auf seine Weise sehr zugetan war.
Er beschloß, lieber gar nichts zu sagen und ihr statt dessen zu zeigen, was er fühlte.
16
Das war leichter gesagt als getan. So sehr sich Royce auch bemühte, ihm fiel nichts ein, womit er Nichola beweisen konnte, daß er sie auch ohne ihre Wahl
Weitere Kostenlose Bücher