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Die Braut des Normannen

Die Braut des Normannen

Titel: Die Braut des Normannen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Garwood
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seine Empfindungen zu verbergen suchte, und sie war verblüfft und verwirrt zugleich. Hätte ihn der Anblick eines verwundeten Feindes nicht in Hochstimmung versetzen müssen?
    »Wenn er wach ist, betet er dafür, sterben zu dürfen«, flüsterte sie.
    »Warum?« fragte er aufs höchste erstaunt.
    Erst jetzt bemerkte Nichola, daß er das ganze Elend, das ihren Bruder heimgesucht hatte, nicht erfassen konnte. »Mein Bruder hat seine linke Hand in der Schlacht verloren.«
    Royce zeigte keine Reaktion. »Aber er könnte am Leben bleiben«, sagte er nach einem langen Schweigen. »Die Wunde wird sicher heilen.«
    Seine Zuversicht behagte ihr überhaupt nicht, ihr wäre es lieber gewesen, er hätte Schuldgefühle gezeigt. Sie trat einen Schritt näher an das Bett, als müßte sie ihren Bruder vor noch mehr Unheil bewahren. »Vielleicht wart Ihr der Mann der meinem Bruder dieses Leid zugefügt hat.«
    »Ja.«
    Daß er sich so unumwunden zu so einer schändlichen Tat bekannte, nahm ihr beinah den Atem. »Habt Ihr denn gar kein schlechtes Gewissen?«
    Er sah sie an, als hätte sie endgültig den Verstand verloren. »Ein schlechtes Gewissen ist für einen Krieger reine Zeitverschwendung.«
    Ihr Gesichtsausdruck zeigte ihm, daß sie nichts verstand, und deshalb erklärte er geduldig.: »Der Krieg ist wie eine Schachpartie, Nichola. Jede Schlacht wird genau im voraus geplant und durchdacht, und wenn der tatsächliche Kampf beginnt, haben Gefühle keinen Platz mehr.«
    »Wenn Ihr wirklich meinen Bruder verletzt habt...«
    »Das ist mehr als unwahrscheinlich«, fiel er ihr abrupt ins Wort.
    »Weshalb?«
    »Es ist nicht meine Art, so zu kämpfen.«
    Diese Eröffnung ergab für Nichola kein bißchen Sinn. »Oh? Was tut Ihr dann in einer Schlacht, wenn Ihr Eure Feinde nicht verwundet?«
    Er seufzte. »Ich töte sie.«
    Sie gab sich Mühe, ihm nicht zu zeigen, wie entsetzt sie war. Er wirkte so teilnahmslos, als würden sie über den Übungsplan seiner Truppe sprechen, und seine Gefühllosigkeit brachte sie in Rage.
    »Euer Bruder wurde, soweit ich informiert bin, in der Schlacht bei Hastings und nicht im Norden verwundet«, sagte er und riß sie damit aus ihren Gedanken.
    »Nein, Justin hat nicht an der Schlacht bei Hastings teilgenommen«, erwiderte sie. »Er ist bei Stamford Bridge geschlagen worden.«
    Royce konnte seinen Zorn kaum bezähmen – diese verrückte Person war nicht einmal in der Lage, ihre Feinde auseinanderzuhalten. »Ich bin ein Normanne, Nichola, oder habt Ihr das schon vergessen?«
    »Selbstverständlich nicht.«
    »Der Angriff bei Stamford Bridge wurde vom König der Norweger und seinen Soldaten geführt, wir Normannen waren nicht einmal in der Nähe.« Er ging auf sie zu. »Und deshalb kann ich Euren Bruder gar nicht verwundet haben, ob Euch das nun gefällt oder nicht.«
    »Ich bin froh darüber«, sprudelte sie heraus.
    Darauf hatte Royce keine passende Erwiderung parat. Eigentlich war er immer überzeugt gewesen, daß er die Reaktionen seiner Gegner exakt vorhersehen konnte, jetzt jedoch zweifelte er an dieser Fähigkeit. Gott war sein Zeuge, sie sah so aus, als ob ihr ein Stein vom Herzen gefallen wäre, aber das ergab doch gar keinen Sinn! Was kümmerte es sie, ob er es gewesen war, der ihren Bruder geschlagen hatte, oder ein anderer?
    »Ihr scheint erleichtert zu sein.«
    Sie nickte. »Ich bin ... froh zu wissen, daß Ihr es nicht gewesen seid«, gab sie zu und senkte den Blick auf den Boden. »Und ich bitte Euch um Verzeihung, weil ich Euch zu Unrecht beschuldigt habe.«
    Er traute seinen Ohren nicht. »Ihr tut was?«
    »Ich bitte um Verzeihung«, murmelte sie.
    Er schüttelte verständnislos den Kopf.
    »Wenn Ihr es getan hättet«, fuhr Nichola fort, »hätte ich Rache an Euch nehmen müssen, meint Ihr nicht? Ich bin alles, was Justin geblieben ist, und ich habe die Pflicht, ihn zu beschützen.«
    »Ihr seid eine Frau.«
    »Ich bin seine Schwester.«
    Nichola rieb sich die Arme, weil ihr plötzlich kalt wurde. Lieber Himmel, wie müde sie war! Sie fror erbärmlich und war so erschöpft, daß sei kaum noch einen klaren Gedanken fassen konnte.
    »Ich mag diesen Krieg nicht«, brachte sie hervor. »Aber Männer denken wohl anders darüber. Sie lieben den Kampf.«
    »Einige lieben den Kampf«, erwiderte er in schroffem Ton. Plötzlich verspürte er den Drang, Nichola in die Arme zu nehmen. Sie sah so zerbrechlich aus, und er konnte sich nicht vorstellen, wie sie die Belagerung bis jetzt überstanden hatte.

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