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Die Braut des Normannen

Die Braut des Normannen

Titel: Die Braut des Normannen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Garwood
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daß sie gar nicht in der Lage war, echten Haß zu empfinden – oder Rachegelüste zu hegen. Sie konnte ja nicht einmal lange böse sein. Royce lächelte, als er sich daran erinnerte, wie sie ihn gefragt hatte, ob er – gleichgültig, was aus ihr würde – sein Versprechen, für Justin zu sorgen, einhalten würde. In diesem Augenblick war ihm klar gewesen, daß sie fliehen wollte. Ihre Gedanken waren so leicht zu durchschauen, und ihr Gesichtsausdruck war so erfrischend offen und klar zu deuten.
    Plötzlich zog sich sein Herz zusammen. Nichola war so zerbrechlich wie eine Blüte, so unglaublich zart und schön.
    Seine zarte, kleine Blüte stieß die unflätigsten Flüche aus, die er je gehört hatte, und ihre Schimpftiraden ergaben überhaupt keinen Sinn.
    Ihr Temperamentsausbruch dauerte nicht lange. Sie schämte sich, weil sie so wüste Worte benutzt hatte, und machte rasch das Kreuzzeichen, um ihren Schöpfer zu besänftigen, dann stand sie auf. Aber als sie den linken Fuß belastete, schoß ein heißer Schmerz durch ihre Wade.
    Nichola schrie und sank wieder zu Boden. Sie blieb jammernd sitzen und überlegte eine lange Minute, was sie jetzt anfangen sollte.
    Als Royce ihr leises Wimmern hörte, ging er auf sie zu. Nichola rief um Hilfe, und das bedeutete, daß sie ihre Niederlage eingestand. Er war schon an ihrer Seite, noch ehe sie ihre Bitte um Rettung ganz ausgesprochen hatte. Der Schmerz quälte sie so sehr, daß sie gar nicht registrierte, wie schnell er bei ihr war.
    Er hatte ihren Schuh in der Hand und ließ ihn in ihren Schoß fallen, dann kniete er sich neben sie.
    Nichola ahnte, wie aufgebracht er war. »Wenn Ihr jetzt >Schach< sagt, schreie ich.«
    »Ihr habt schon die ganze Zeit geschrien«, erwiderte er in unangenehm amüsiertem Ton. »Und außerdem seid Ihr schachmatt, Nichola. Das Spiel ist zu Ende.«
    Sie war nicht in der Stimmung, mit ihm zu streiten, und senkte den Blick auf ihren Schoß. »Ich bin gestolpert und in diesen Graben gefallen«, erklärte sie das Offensichtliche. »Ich glaube, mein Knöchel ist gebrochen.«
    Ihre Stimme klang kläglich, und sie sah noch dazu erbärmlich aus. Ihr Haar hing wirr ins Gesicht, ihr Gewand war über der Schulter zerrissen, und überall war Schmutz und Laub.
    Royce gab kein Wort von sich, als er sich vorbeugte und ihre Verletzung untersuchte. Sie schrie schon schmerzerfüllt, bevor er sie überhaupt berührte.
    »Nichola, es ist üblich, daß man wartet, bis es weh tut, und sich dann erst beklagt«, wies er sie zurecht.
    »Ich wollte nur auf alles gefaßt sein«, zischte sie.
    Er verbiß sich das Lachen. Ihr Knöchel war nicht gebrochen, dessen war er ziemlich sicher. Royce sah keine Schwellung, und sie konnte die Zehen bewegen, ohne zu kreischen – das war ein deutliches Zeichen, daß der Fuß lediglich verstaucht war.
    »Es ist nichts gebrochen.«
    Sie glaubte ihm nicht, und als sie sich vorbeugte, um selbst nachzusehen, faßte sie instinktiv nach seinem Arm, damit sie das Gleichgewicht nicht verlor. Ihr Gesicht war nur ein paar Zentimeter von dem seinen entfernt, aber sie starrte nur auf ihren Fuß, während er sie eingehend betrachtete.
    »Es sieht aus, als ob er gebrochen wäre«, flüsterte sie.
    »Der Fuß ist nicht gebrochen.«
    »Müßt Ihr Eure Belustigung so offen zeigen? Ich hätte eigentlich ein wenig Mitleid wegen dieses unglücklichen und tragischen Mißgeschicks verdient«, sagte sie.
    »Dieses tragische Mißgeschick wäre nicht passiert, wenn Ihr nicht versucht hättet...«
    »Ich wollte ein paar Minuten für mich sein, um eine ganz private Angelegenheit zu verrichten«, fiel sie ihm ins Wort.
    Bei dieser Notlüge schaute sie ihm direkt ins Gesicht. Das war ein Fehler, denn erst in diesem Augenblick entdeckte sie, wie nah sie ihm war.
    Sie sahen sich sehr lange an, und keiner von beiden sagte etwas. Nichola hatte sogar Schwierigkeiten zu atmen.
    Royce ging es nicht anders, und er wußte nicht, wie er über dem Drang, sie zu berühren, Herr werden sollte. Er konnte sich nicht davon abhalten, ihr sanft das Haar aus dem Gesicht zu streichen, wobei seine Finger behutsam ihre Wange streiften.
    »Woher habt Ihr diesen blauen Fleck?« fragte er rauh, beinah ärgerlich.
    Sie zuckte mit den Achseln.
    Er umfaßte entschlossen ihr Kinn. »Antwortet mir. Das kann nicht jetzt erst passiert sein, Nichola, dazu ist der Fleck zu dunkel.« Er runzelte besorgt die Stirn. »Aber am Nachmittag war die Verletzung noch nicht da, sonst hätte ich sie

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