Die Braut des Ritters
Paen und sie nach Rumsfeld gingen. Jedenfalls würde sie die nächste Tunika erst dort beginnen. Sicherheitshalber.
13. Kapitel
Vielleicht irre ich mich ja, Diamanda, aber ich meine mich zu entsinnen, dass Ihr sagtet, Rumsfeld sei ein herrliches Fleckchen“, brachte Avelyn schwach heraus, als sie nah genug waren, um die bröckelnden Mauern zu erkennen.
„Aye.“ Die Jüngere schüttelte ratlos den Kopf, während auch sie die Burg musterte, die vor ihnen aufragte. „Das war es, als ich das letzte Mal hier war.“
„Wie lange ist das her?“
„Ich war erst sechs“, räumte sie ein.
„Verstehe.“ Avelyn atmete seufzend aus und bemühte sich um eine heitere Miene, da ihr Gemahl just sein Pferd zügelte und sich zurückfallen ließ.
Eine Woche war vergangen, seit Avelyn die Hunde von Lady Gerville schlafend auf der ruinierten Tunika vorgefunden hatte. Es war eine makellos friedliche Woche ohne jedwede Katastrophe gewesen. Avelyn war zu dem Schluss gekommen, dass ihr Verdacht, jemand hintertreibe ihre Arbeit, schlicht ihrer zu blühenden Fantasie entsprungen sei.
Um genau zu sein, war in der letzten Woche nämlich nicht das Geringste passiert. Auf langweilige Tage waren langweilige Abende gefolgt. Jeden Morgen war Paen mit seinem Vater sogleich nach Rumsfeld aufgebrochen. Die Burg lag einen halben Tagesritt entfernt, und die Männer waren abends stets spät zurückgekehrt. Wenn Paen zu ihr gekommen war, hatte Avelyn meist schon geschlafen. Oder sie war spätestens dann eingeschlafen, wenn Paen sich neben ihr ins Bett hatte fallen lassen und zu schnarchen begonnen hatte.
Seit der Nacht, in der sie die Ehe vollzogen hatten, hatte Paen sie - sehr zu ihrem Leidwesen - nicht mehr angerührt. Wieder einmal kämpfte sie gegen die Sorge an, ihm mangele es an Leidenschaft für sie. Avelyn versuchte sich einzureden, dass er nur müde sei, doch es war, als hätten sich Eunice und ihre Zwillingsbrüder Hugo und Stacius in ihrem Kopf eingenistet, denn Avelyn hörte sie höhnen, dass Paen die Ehe nur aus Pflichtgefühl vollzogen habe und ihren feisten Leib nun nicht einmal mehr mit der Kneifzange anfassen werde. Wann immer diese Stimmen laut geworden waren, hatte Avelyn sie niedergerungen und sich dazu angehalten zu warten, bis sie auf Rumsfeld Castle wären, und zu sehen, wie sich die Dinge entwickelten.
Indes hatte sie von Lady Gerville erfahren, dass es in Rumsfeld in den letzten Jahre Schwierigkeiten mit Plünderern gegeben habe. Wieder und wieder waren schottische Marodeure über die nahe Grenze eingefallen und hatten Vieh gestohlen und die Menschen drangsaliert. Ein-, zweimal hatten sie gar die Burg selbst angegriffen. Dieser letzte Punkt sei es, so Lady Gerville, der ihrem Gemahl am meisten Kopfzerbrechen bereite. Denn sein Kastellan Legere habe nie ein Wort darüber verloren, sondern sich allein mit den Halunken herumgeschlagen, worunter Burg und Burgvolk gelitten hätten. Offenbar war eine Menge zu tun gewesen, und Paen und sein Vater hatten sich beeilt, alles zu richten, damit das Anwesen bezogen werden konnte.
Nun betrachtete Avelyn sorgenvoll die Löcher in der Ringmauer von Rumsfeld Castle. Sie entstammten eindeutig Angriffen. Die meisten noch erkennbaren Kampfspuren waren eher von geringem Ausmaß, die größeren waren bereits ausgebessert worden. Da und dort waren ganze Mauerabschnitte jüngst erneuert worden. Zweifellos war die Instandsetzung der Mauer eine der Aufgaben gewesen, die ihr Gemahl und sein Vater in der vergangenen Woche bewältigt hatten. Beide Männer würden die Frauen nicht in einer unbefestigten Burg unterbringen wollen.
„Rumsfeld ist nicht mehr das Anwesen, das es einst war“, sagte Paen, als er auf einer Höhe mit Avelyn war.
Sie nickte und verkniff sich eine Bemerkung.
„Meine Mutter stammt von hier, wie Ihr ja wisst.“
Lady Gerville ritt neben ihrem Mann, und Avelyn warf ihr einen Blick zu. Paens Mutter hatte darauf bestanden, sie nach Rumsfeld zu begleiten, weshalb natürlich auch Diamanda und Lady Helen mit von der Partie waren. Als Avelyn erkannte, dass ihr Gemahl auf eine Entgegnung wartete, nickte sie abermals.
„Sie wird bestürzt sein zu sehen, wie übel Zeit und Widrigkeiten der Burg mitgespielt haben.“
Wieder nickte Avelyn. Paen brummte zufrieden und trieb sein Pferd zurück an die Seite seines Vaters. Avelyn sah ihm nach und fragte sich verwirrt, was Paen ihr mit diesem kurzen Austausch hatte mitteilen wollen. Zunächst hatte sie geglaubt, er wolle sie auf
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